Vielleicht ist die Geschichte nicht wirklich erzählenswert. Mir hat sie gefallen; und immerhin findet man sie im französischen Weltblatt Le Monde; als Auftakt zu einer Serie von Artikeln, die sich in diesen ersten Januartagen mit der Kultur des Mittelmeers befassen. Also ein Beitrag aus dem Kulturteil; basierend auf einer Sendung von Arte, das in Frankreich auch ein Radioprogramm hat.
Stop! Wenn Sie Französisch verstehen und 14 Minuten und 10 Sekunden Zeit haben, dann sollten Sie jetzt nicht weiterlesen, sondern sich die Geschichte anhören; so, wie sie von den vier Zeugen erzählt wird. Übrigens, obwohl es Marseillaner sind, nicht mit dem accent du midi, sondern in bestens zu verstehendem Französisch.
Der Autor François Beaune hat sie interviewt, die vier Zeugen, und aus ihren Berichten das kleine Feature montiert.
Wann genau die Geschichte spielt, wird nicht gesagt; aber sie muß wohl einige Zeit zurückliegen.
Also, ein Ehepaar aus Marseille hatte zwanzig Jahre lang im Lubéron gewohnt, in der Provence, und war dann nach Marseille zurückgekehrt. Zur Feier der Rückkehr lud man Tochter und Schwiegersohn ein.
Es gab, wie anders, eine gewaltige Bouillabaisse, die der Vater zubereitet hatte. Wie man das im midi gern macht, wurde erst der Fischsud als Suppe gegessen; dann der Fisch und die Meeresfrüchte mit der unbedingt dazu gehörenden rouille; einer Soße, bei der Knoblauch, Peperoni und Safran die Hauptrolle spielen.
Man trank, man war fröhlich. Dann wurde die Fröhlichkeit zum Überschwang. Alle fühlten sich immer seltsamer. Sie hatten den Eindruck, in eine andere Welt zu gleiten. Die Sache wurde infernal. Schließlich wollte man den Rettungsdienst rufen; aber wer wußte noch die Nummer?
Die Mutter war auf Hippie-Trip in Indien und Nepal gewesen und hatte dort Cannabis schätzen gelernt. In der ländlichen Einsamkeit des Lubéron zog sie, zurückgekehrt, die eine oder andere Pflanze aus Samen, den ihr belgische Nachbarn besorgt hatten.
Davon nun hatte sie eine kräftige Menge mitgebracht und das Grünzeug dorthin in der Küche gestellt, wo schon andere Kräuter standen. Der Vater hatte für seine Bouillabaisse nichtsahnend dort zugelangt und - so die Mutter in ihrer Erinnerung - nicht nur eine Handvoll dieses Krauts mit Stumpf und Stiel in die Bouillabaisse getan, sondern gleich zwei große Hände voll. In die Bouillabaisse, deren Geheimnis ja die vielen schönen herbes de Provence sind, die Kräuter der Provence.
Die infernale Wirkung basierte wohl darauf, daß sich das Cannabis mit dem Fett der Fische verband. Alle vier kehrten nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus, und nachdem die Diagnos klar war, gesund zurück.
Erzählenswert? Vielleicht gefällt mir die Geschichte deshalb, weil ich mit Bouillabaisse manche Erinnerung verbinde.
Die beste Bouillabaisse, die ich jemals bekommen habe, war nicht von einem Franzosen zubereitet, sondern von einem deutschen Maler, den wir in seinem Domizil im Roussillon besucht haben. Am glücklichsten war ich aber über ein Bouillabaisse-Essen als Student; damals per Autostop in Südfrankreich unterwegs.
Ich hatte kaum Geld und lebte überwiegend von Baguette, Milch und Obst. In Marseille bin ich dann aber doch in ein kleines Lokal gegangen, um etwas Deftigeres zu essen. Es war schon nach der Mittagszeit; ich war der einzige Gast, und es gab sonst nur noch die Wirtin.
Ich habe vielleicht ziemlich verhungert ausgesehen; vielleicht hatte sie auch einfach nur Bouillabaisse übrig. Jedenfalls hat sie mich eingeladen, für einen lächerlichen Betrag - es waren vielleicht drei Francs, genau weiß ich das nicht mehr - soviel Bouillabaisse zu essen, wie ich schaffen konnte. Dazu so viel Wein, wie ich mochte.
Das war, glaube ich, noch besser als die Cannabis-Bouillabaisse.
Stop! Wenn Sie Französisch verstehen und 14 Minuten und 10 Sekunden Zeit haben, dann sollten Sie jetzt nicht weiterlesen, sondern sich die Geschichte anhören; so, wie sie von den vier Zeugen erzählt wird. Übrigens, obwohl es Marseillaner sind, nicht mit dem accent du midi, sondern in bestens zu verstehendem Französisch.
Der Autor François Beaune hat sie interviewt, die vier Zeugen, und aus ihren Berichten das kleine Feature montiert.
Wann genau die Geschichte spielt, wird nicht gesagt; aber sie muß wohl einige Zeit zurückliegen.
Also, ein Ehepaar aus Marseille hatte zwanzig Jahre lang im Lubéron gewohnt, in der Provence, und war dann nach Marseille zurückgekehrt. Zur Feier der Rückkehr lud man Tochter und Schwiegersohn ein.
Es gab, wie anders, eine gewaltige Bouillabaisse, die der Vater zubereitet hatte. Wie man das im midi gern macht, wurde erst der Fischsud als Suppe gegessen; dann der Fisch und die Meeresfrüchte mit der unbedingt dazu gehörenden rouille; einer Soße, bei der Knoblauch, Peperoni und Safran die Hauptrolle spielen.
Man trank, man war fröhlich. Dann wurde die Fröhlichkeit zum Überschwang. Alle fühlten sich immer seltsamer. Sie hatten den Eindruck, in eine andere Welt zu gleiten. Die Sache wurde infernal. Schließlich wollte man den Rettungsdienst rufen; aber wer wußte noch die Nummer?
Die Mutter war auf Hippie-Trip in Indien und Nepal gewesen und hatte dort Cannabis schätzen gelernt. In der ländlichen Einsamkeit des Lubéron zog sie, zurückgekehrt, die eine oder andere Pflanze aus Samen, den ihr belgische Nachbarn besorgt hatten.
Davon nun hatte sie eine kräftige Menge mitgebracht und das Grünzeug dorthin in der Küche gestellt, wo schon andere Kräuter standen. Der Vater hatte für seine Bouillabaisse nichtsahnend dort zugelangt und - so die Mutter in ihrer Erinnerung - nicht nur eine Handvoll dieses Krauts mit Stumpf und Stiel in die Bouillabaisse getan, sondern gleich zwei große Hände voll. In die Bouillabaisse, deren Geheimnis ja die vielen schönen herbes de Provence sind, die Kräuter der Provence.
Die infernale Wirkung basierte wohl darauf, daß sich das Cannabis mit dem Fett der Fische verband. Alle vier kehrten nach einem kurzen Aufenthalt im Krankenhaus, und nachdem die Diagnos klar war, gesund zurück.
Erzählenswert? Vielleicht gefällt mir die Geschichte deshalb, weil ich mit Bouillabaisse manche Erinnerung verbinde.
Die beste Bouillabaisse, die ich jemals bekommen habe, war nicht von einem Franzosen zubereitet, sondern von einem deutschen Maler, den wir in seinem Domizil im Roussillon besucht haben. Am glücklichsten war ich aber über ein Bouillabaisse-Essen als Student; damals per Autostop in Südfrankreich unterwegs.
Ich hatte kaum Geld und lebte überwiegend von Baguette, Milch und Obst. In Marseille bin ich dann aber doch in ein kleines Lokal gegangen, um etwas Deftigeres zu essen. Es war schon nach der Mittagszeit; ich war der einzige Gast, und es gab sonst nur noch die Wirtin.
Ich habe vielleicht ziemlich verhungert ausgesehen; vielleicht hatte sie auch einfach nur Bouillabaisse übrig. Jedenfalls hat sie mich eingeladen, für einen lächerlichen Betrag - es waren vielleicht drei Francs, genau weiß ich das nicht mehr - soviel Bouillabaisse zu essen, wie ich schaffen konnte. Dazu so viel Wein, wie ich mochte.
Das war, glaube ich, noch besser als die Cannabis-Bouillabaisse.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Abbildung vom Autor cyclonebill unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic-Lizenz freigegeben. Mit Dank an Patricia Dallmeyer.