3. August 2012

Marginalie: Loki und Loah. On retourne toujours à ses premiers amours

Helmut Schmidt hat wieder eine neue Lebensgefährtin gefunden; eine alte Freundin, Ruth Loah.

Ich habe mich gefreut, als ich das gelesen habe; und es hat mich etwas gewundert. Wiederum gewundert.

Gefreut habe ich mich, weil Schmidt sich - wie auch anders - rational verhalten hat. Man kann sich vorstellen, daß er und Loki oft über die Zeit gesprochen haben, wenn nur noch einer da ist. Und beide werden - als rationale Menschen, weil sie nach allem, was man weiß, einander liebten - dem anderen gesagt haben: Dann finde einen neuen Partner. Könnte ich es aus einem Jenseits sehen, es würde mich freuen.

Gewundert habe ich mich über die verblüffende Art, in der sich einmal wieder das bestätigt hat, was ich kürzlich mit dem Beispiel der Frauen von François Hollande illustriert habe: Diese Beharrlichkeit, mit der man sich einen neuen Partner aussucht, der dem bisherigen äußerlich aufs Haar gleicht (Rosenkrieg im Haus François Hollande; ZR vom 14. 6. 2012).

In dem damaligen Artikel finden Sie Porträts von Ségolène Royal und Valérie Trierweiler. Loki Schmidt und Ruth Loah liefern eine ebenso perfekte Illustration. Man könnte als andere Beispiele die Frauen von Boris Becker nennen, Barbara Feltus meist wie aus dem Gesicht geschnitten. Oder die von Herbert Karajan, von Dieter Bohlen. Oder, um noch einmal nach Frankreich zu gehen, Cécilia Ciganer-Sarkozy und Carla Bruni-Sakozy.



Dieses eigenartige Phänomen wirft zwei Fragen auf:

Erstens, was ist der psychologisch Mechanismus? Carl Gustav Jung hat von "Imago" gesprochen und damit idealisierte Bilder von Personen gemeint, die in der Kindheit herausgebildet werden - Vater, Mutter, Geschwister. Daß freilich Boris Becker als Kind in der engeren Familie eine Bezugsperson hatte, die wie Barbara Feltus aussah, ist eher unwahrscheinlich.

Vielmehr könnte man an das denken, was die Ethologie (Verhaltensbiologie) "Prägung" nennt. Dieses Phänomen ist freilich bisher nur bei Tieren nachgewiesen.

On retourne toujours à ses premiers amours sagt man im Französischen - man kehrt immer wieder zu seinen ersten Lieben zurück. Das muß nicht die Person sein. Aber es ist ein Schema dieser Person; äußerlich und vermutlich auch charakterlich.

Es ist, als hätte die Evolution dem Homo Sapiens diese spezielle Art von Prägung jenseits der Kindheit mitgegeben, die auch bei einigen monogam lebenden Vogelarten zu finden ist: Einmal verliebt, immer verliebt. Die Person mag wechseln, das bei der ersten Liebe entstandene Schema im Kopf bleibt.

Evolutionsgeschichtlich würde das Sinn machen. Denn Primaten sind eigentlich Hordentiere, die - anders als viele Vogelarten - keine Ehe kennen. Die extrem lange Aufzuchtzeit vom Menchen, bis das Kind auf eigenen Beinen stehen kann, verlangt aber eine feste Partnerschaft; der eine Partner muß sich in der Regel full time um den Nachwuchs kümmern können, während der andere für Nahrung sorgt, für die Dinge des äußeren Lebens zuständig ist.



Die zweite Frage ist eine sozusagen kombinatorische. Die Wahrscheinlichkeit, daß unter den in Frage kommenden Frauen François Hollande in kurzer Zeit eine beziehungswillige finden konnte, die Ségolène aufs Haar gleicht, ist schon recht gering. Aber wie gering muß erst die Verbund­wahrscheinlichkeit sein, daß diese eine Frau auf der Suche nach einem Partner war, der wiederum ihren eigenen Ex aufs Haar gleicht - und daß dieser just so aussah wie François Hollande!

Oder gilt dieses Prinzip vielleicht nur für Männer? Sind Frauen weniger auf einen Typ festgelegt? Oder gibt es für Frauen vielleicht so etwas wie einen Typ "Erfolgsmann, Aussehen unwichtig"?­
Zettel



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