14. August 2012

Lotto-Pech am vergangenen Wochenende. Und wie optimiert man sein Lotto-Glück?

Es ist eine Meldung, wie geschaffen für das Sommerloch: Wer am vergangenen Wochenende fünf Richtige (ohne Zusatzzahl) im Lotto hatte, der gewann damit nicht Tausende, sondern gerade einmal 393,20 Euro.

Den Grund kann man sich denken: Sehr viele - in diesem Fall rund 7000 - Spieler hatten fünf der sechs Gewinnzahlen angekreuzt. Diese lauteten 1, 2, 3, 20, 47 und 49. Läßt sich ein solches Pech im Glück vermeiden? Ja und nein.

Stellen wir uns vor, jemand möchte pro Woche zehn Euro einsetzen, zehn Jahre lang. Mit welcher Strategie wird er am Ende dieser Frist, statistisch gesehen, das meiste Geld in der Tasche haben?

Die Antwort ist einfach: Indem er die zehn Euro in sein Sparschwein steckt und gar nicht spielt.

Statistisch gesehen kann man beim Lotto, wie bei den meisten Glücksspielen, nur verlieren. In Deutschland beträgt die Ausschüttungsquote 50 Prozent. Die Hälfte dessen, was die Spieler einsetzen, fließt also wieder an sie zurück. Die andere Hälfte sind Verwaltungskosten, Provisionen für die Annahmestellen und vor allem Einnahmen des Staats in Form von Lotteriesteuer (16,7 Prozent) und von Zweckerträgen, die für bestimmte gemeinnützige Zwecke ausgegeben werden (23,0 Prozent).

Den Spieler finanziert das alles mit seinem Geld; einer Art freiwilliger Steuer. Aber ihn schreckt dieser ernüchternde Sachverhalt nicht ab. Ihn interessiert nicht der statistische Erwartungswert, sondern der - ja schließlich mögliche - Fall, daß er einen hohen Gewinn kassiert.

Was kann man tun, um die Wahrscheinlichkeit zu optimieren, daß dieser Fall eintritt?



Zu unterscheiden ist zwischen der Wahrscheinlichkeit, daß man gewinnt, und der Höhe des Gewinns, wenn man gewinnt.

Die Wahrscheinlichkeit, daß man eine gegebene Anzahl von Richtigen hat, läßt sich nicht beeinflussen; durch nichts. Auch nicht durch sogenannte Systemwetten, die nur die Höhe des Gewinns betreffen, wenn man bestimmte Zahlen richtig hat.

Viele Menschen mögen aber diesen simplen Sachverhalt nicht glauben.

Zum Teil ist das ein, sagen wir, augenzwinkernder Aberglaube - man wählt Zahlen aus seinem Geburtsdatum oder irgendwelche persönlichen Zahlen, mit denen man einmal Glück gehabt hatte. Die meisten Menschen würden vermutlich, wenn man sie ernsthaft fragt, sagen, daß das natürlich Mumpitz ist. Aber sie leisten sich diesen kleinen Aberglauben; so, wie andere ins Horoskop schauen oder an Sylvester Blei gießen.

Oft ernster gemeint ist die zweite Variante: Die Vermutung, daß bestimmte Zahlen eine objektiv größere Wahrschein­lichkeit haben, gezogen zu werden, als andere. Viele Spieler orientieren sich an Tabellen wie dieser, aus denen hervorgeht, daß beispielsweise - wen wundert es? - bei den Samstagsziehungen die 13 von allen Zahlen am seltensten gezogen wurde. Nur 296 mal, während der Spitzenreiter 49 es gegenwärtig auf 409 mal bringt.

Ein so großer Unterschied kann doch kein Zufall sein? Doch, er ist Zufall, sogar perfekter Zufall. Der Erwartungswert für jede Zahl, gezogen zu werden, ist 1/49. Aber es gibt zufällige Abweichungen davon. Sie sind prozentual umso größer, je kleiner die Zahl der Ziehungen ist, die man berücksichtigt.

Würde man, statt nur einmal in der Woche Zahlen auszuspielen, das im Sekundentakt machen und Zehntausende von Ergebnissen addieren, dann würden sich die relativen Häufigkeiten aller Zahlen immer mehr einander annähern und auf den Erwartungswert 1/49 zubewegen (konvergieren). Dies ist das sogenannte Gesetz der großen Zahl.

Viele Menschen scheinen nun zu glauben, diese Konvergenz geschehe dadurch, daß zuvor selten gezogenen Zahlen jetzt "dran" sind, also wahrscheinlicher. Es gibt sogar Statistiken von "ausstehenden" Lottozahlen. Aber der gesunde Menschenverstand sollte es eigentlich jedem sagen, daß das nicht sein kann. Woher soll die Kugel, soll das Ziehungsgerät denn wissen, welche Zahlen in den vorausgehenden Ziehungen gezogen worden waren?

Das wäre blanke Magie; so, wie es Magie wäre, wenn auf bestimmten Zahlen - sagen wir, der 13 - der Fluch lastem würde, selten gezogen zu werden. Oder auf den persönlichen Glückszahlen ein Segen. Welche Zahlen gezogen werden, hängt allein vom Zufall ab. Nichts wirkt darauf ein als die zufälligen Bewegungen der Kugeln in dem Ziehungsgerät, in dem sie durcheinandergewirbelt und aus dem sie schließlich herausgefischt werden. Welche Zahl auf einer Kugel steht, ist der Physik egal.



Was die Zahlen angeht, die gezogen werden, kann man also nichts machen. Aber man kann schon etwas machen in Bezug auf die Gewinnhöhe, wenn die eigenen Zahlen gezogen werden.

Das Prinzip ist einfach: Man sollte solche Zahlen wählen, die möglichst wenige andere Spieler ebenfalls wählen. Man muß sich also deren Verhalten ansehen. Instruktives dazu finden Sie auf einer der Seiten des Mathematikers Dr. Werner Brefeld.

Brefeld hat sich die Mühe gemacht, aus den 2010 und 2011 gezogenen Zahlen im Mittwochs- und Samstagslotte und den jeweiligen Gewinnquoten zu berechnen, wie häufig die einzelnen Zahlen angekreuzt wurden. Am beliebesten waren die 9, die 7 und die 3; am seltensten wurden die 35, die 43 und die 15 angekreuzt.

Warum? Auf Bredenfelds Seite finden Sie eine grafische Darstellung, die zeigt, daß die Zahlen in der Mitte des 7 x 7 - Feldes bevorzugt werden; außerdem die in den beiden obersten Reihen; mit Ausnahme der 1 und bis zur 13. Die Zahlen am linken, rechten und unteren Rand werden hingegen gemieden.

Solche Daten findet man immer wieder. Zum Teil mag es etwas mit der Geometrie eines solchen Zahlenfelds zu tun haben. Eine Rolle spielt sodann sicherlich, daß die Zahlen bis 12 die von Kalendermonaten und die bis 31 die von Kalendertagen sind; sie kommen häufiger vor, weil viele Spieler die von ihnen gewählten Zahlen aus ihrem Geburtsdatum oder dem eines anderen Menschen beziehen. Deshalb kommt auch die 19 gehäuft vor; inzwischen sind die meisten Spieler im zwanzigsten Jahrhundert geboren.

Das erklärt aber nicht, warum beispielsweise die am Rand liegenden Zahlen 14 und 15 selten angekreuzt werden. Es scheint eine vom Kalender unabhängige Tendenz zur Mitte zu geben; eine Neigung, sich nicht an die Ränder zu begeben. Es sei denn, an den oberen. Dorthin, wo man anfängt; wo der Blick zuerst hinfällt.

Weiterhin neigen viele Spieler dazu, geometrische Muster zu bilden - Diagonalen, Kreuze, horizontale oder vertikale Linien. Das wird in einer Berechnung wie der von Brefeld weniger sichtbar, weil diese einzelnen Muster einander in der Statistik überlagern. Aber auch wer ein solches Muster bildet, reduziert die zu erwartende Gewinnhöhe.



Wenn Sie also schon nicht den rationalen Weg gehen und das Geld ins Sparschwein stecken wollen, dann ist zu empfehlen: Meiden Sie Zahlen unter 32. Suchen Sie sich Zahlen am linken, rechten oder unteren Rand aus. Machen Sie das blind; am besten, indem Sie selbst eine kleine Ziehung veranstalten. Achten Sie darauf, daß kein geometrisches Muster entsteht.

Und wie war das nun am vergangenen Wochenende? Hatten die 7000 enttäuschten Gewinner diesen Heuristiken grob zuwidergehandelt? Man kann das nicht sagen. Die 2 und die 3 gehören zwar zu den am häufigsten gewählten Zahlen; die 1 aber nicht, die sogar unter den zehn am seltensten gewählten ist. Auch die 20, die 47 und die 49 werden unterdurchschnittlich oft gewählt.

Sie haben also einfach nur Pech gehabt, diese Spieler mit ihrem Gewinn von 393,20 Euro. Man kann durch die Wahl seiner Zahlen zwar ein wenig Einfluß auf die Höhe eines eventuellen Gewinns nehmen; aber den Zufall aushebeln kann man auch damit nicht.­
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette vom Autor Zoya Siddiqi unter GNU Free Documentation License freigegeben.