Überall können Sie derzeit Berichte über Kriegsverbrechen im Irak lesen; der "Spiegel" widmet den von WikiLeaks öffentlich gemachten Dokumenten die Titelgeschichte der kommenden Woche.
Ist Ihnen auch aufgefallen, daß fast durchweg nur von den Kriegsverbrechen der einen Seite die Rede ist - der US-Truppen, der sonstigen westlichen Sicherheitskräfte, des irakischen Militärs -, daß aber die Kriegsverbrechen der Gegenseite kaum erwähnt werden?
Nehmen Sie zum Beispiel diesen Bericht von Claudia von Salzen im gestrigen "Tagessspiegel".
Man erfährt aus dem Artikel, daß laut den veröffentlichten Dokumenten "irakische Sicherheitskräfte in größerem Ausmaß als bisher bekannt für Folter und Misshandlungen von Gefangenen verantwortlich sind" und daß "die US-Truppen solchen Vorwürfen [über derartige Mißhandelungen; Zettel] in vielen Fällen nicht nachgegangen sind". Berichtet würden auch "neue Fälle, in denen Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma Blackwater (inzwischen umbenannt in Xe) Zivilisten töteten".
Kein Wort von den Grausamkeiten der Kaida, der Baathisten und der sonstigen Aufständischen.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an die zeitweilige Sitte der Kaida-Terroristen, Gefangene nicht zu enthaupten, sondern ihnen langsam mit einem Messer den Kopf abzuschneiden? Sie können darüber zum Beispiel hier lesen (zuvor wurde dem Opfer die Zunge abgeschnitten), oder hier (dem Amerikaner Eugene Armstrong wurde vor laufender Kamera der Kopf abgeschnitten) oder hier (die Ermordung von Nick Berg auf dieselbe Art).
Das sind aber nur die spektakulärsten Fälle. Es gab zahllose weitere Kriegsverbrechen der Terroristen. Beliebig herausgegriffene Beispiele:
Aber natürlich wurden sie von den US-Truppen dokumentiert und sind folglich in dem jetzt von WikiLeaks publizierten Konvolut enthalten. Einiges davon können Sie bei "Spiegel-Online" lesen. Beispielsweise dies:
Nein, selbstverständlich schreibe ich das nicht, um die einen Kriegsverbrechen durch die anderen zu rechtfertigen. Das wäre absurd. Aber es stellt sich doch die Frage, welche Schlüsse eigentlich aus dem jetzigen Rummel um den Coup von WikiLeaks gezogen werden sollten; welche legitimerweise gezogen werden dürfen.
Ich fürchte, daß viele, die von diesen Dokumenten hören und lesen, nur antiamerikanische Vorurteile bestätigt sehen. Aber die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die zeitweise im Irak herrschten (und die zurückkehren könnten, sobald die letzten US-Truppen abgezogen sind; siehe "Wir geraten unter iranische Besatzung"; ZR vom 19. 10. 2010) - diese Zustände wurden zwar durch die Invasion 2003 ausgelöst, aber sie hatten in dieser nicht ihre Ursache.
Solche Zustände wären auch dann eingetreten, wenn Saddam Hussein einem Attentat zum Opfer gefallen wäre oder wenn es einen erfolgreichen schiitischen Aufstand gegen ihn gegeben hätte. Unter seiner Herrschaft hatte die Minderheit der Sunniten - und aus ihr wieder vor allem der Tikrit-Clan Saddams - die schiitische Mehrheit unterdrückt. Die gewaltsamen Konflikte nach der Befreiung waren die Reaktion darauf.
Daß diese Reaktion so brutal verlief, lag wesentlich daran, daß Kaida-Terroristen, die aus Afghanistan über den Iran in den Irak eingesickert waren, auf der Seite der Sunniten in die Kämpfe eingriffen und sie für ihre Zwecke zu nutzen versuchten.
Die Brutalität dieser Auseinandersetzungen, wie sie aus den jetzt veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, den USA und der von ihnen geführten Invasion anzulasten, zeugt bestenfalls von Unkenntnis; im schlimmeren Fall ist es bewußte Propaganda.
Ist Ihnen auch aufgefallen, daß fast durchweg nur von den Kriegsverbrechen der einen Seite die Rede ist - der US-Truppen, der sonstigen westlichen Sicherheitskräfte, des irakischen Militärs -, daß aber die Kriegsverbrechen der Gegenseite kaum erwähnt werden?
Nehmen Sie zum Beispiel diesen Bericht von Claudia von Salzen im gestrigen "Tagessspiegel".
Man erfährt aus dem Artikel, daß laut den veröffentlichten Dokumenten "irakische Sicherheitskräfte in größerem Ausmaß als bisher bekannt für Folter und Misshandlungen von Gefangenen verantwortlich sind" und daß "die US-Truppen solchen Vorwürfen [über derartige Mißhandelungen; Zettel] in vielen Fällen nicht nachgegangen sind". Berichtet würden auch "neue Fälle, in denen Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirma Blackwater (inzwischen umbenannt in Xe) Zivilisten töteten".
Kein Wort von den Grausamkeiten der Kaida, der Baathisten und der sonstigen Aufständischen.
Vielleicht erinnern Sie sich noch an die zeitweilige Sitte der Kaida-Terroristen, Gefangene nicht zu enthaupten, sondern ihnen langsam mit einem Messer den Kopf abzuschneiden? Sie können darüber zum Beispiel hier lesen (zuvor wurde dem Opfer die Zunge abgeschnitten), oder hier (dem Amerikaner Eugene Armstrong wurde vor laufender Kamera der Kopf abgeschnitten) oder hier (die Ermordung von Nick Berg auf dieselbe Art).
Das sind aber nur die spektakulärsten Fälle. Es gab zahllose weitere Kriegsverbrechen der Terroristen. Beliebig herausgegriffene Beispiele:
Solche Vorfälle geraten selten in die Berichterstattung der internationalen Agenturen und noch seltener in diejenige deutscher Medien.Am 12. Mai 2007 stellten Terroristen amerikanischen Soldaten einen Hinterhalt in der Nähe von Yusufiya, ungefähr 15 Kilometer südlich von Bagdad. Vier Soldaten fielen, drei wurden von den Terroristen gefangen genommen.
Am Morgen des 23. Mai fand der Schiffer Hassan al-Jibouri die Leiche eines der Gefangenen, die auf dem Euphrat trieb. Es handelte sich um den 20jährigen Gefreiten Joe Anzack.
Zwei Wochen später, am 4. Juni, veröffentlichte die Kaida (d.h. ihre Gruppe "Islamischer Staat Irak", ISI) ein Video, in dem sie mitteilte, daß auch die beiden anderen Gefangenen, der 25jährige Obergefreite Alex Jimenez und der 19jährige Gefreite Byron Fouty in der Gefangenschaft hingerichtet worden seien.Anfang 2009 veröffentlichte eine sunnitische Gruppe ein Video, auf dem Zeugen aus dem Dorf Falahat schildern, wie Kaida-Terroristen ihre Häuser zestörten, ihr Eigentum raubten und sie folterten. Ein älterer Mann berichtet, wie sein Vetter und sein Nachbar geköpft und die Leichen auf die Straße geworfen wurden. Am 5. August 2007 beschrieb Michael Yon in den New York Daily News, wie er ein Dorf nahe Baqubah südlich von Bagdad besuchte und die Leichen von Kindern und Erwachsenen fotografierte, die von Terroristen ermordet worden waren; auch hier viele durch Köpfen.
Aber natürlich wurden sie von den US-Truppen dokumentiert und sind folglich in dem jetzt von WikiLeaks publizierten Konvolut enthalten. Einiges davon können Sie bei "Spiegel-Online" lesen. Beispielsweise dies:
Im Januar 2005 werfen Aufständische einen geköpften Iraker vor das Jarmuk-Krankenhaus in Bagdad. Einen anderen hängen sie, in seiner Tasche findet sich die Botschaft: "Geht nicht zur Wahl." Im Januar 2006 zerren Terroristen mit Kalaschnikows an einer Kreuzung in Mossul am helllichten Tag einen Mann aus seinem Auto. Sein Vergehen ist offenbar, dass er Nachtwächter an einer Schule ist. Er wird gefesselt, auf den Boden gezwungen - dann rufen sie: "Gott ist groß" und schneiden "ihrem Opfer mit einem Messer den Kopf ab", halten US-Soldaten in einem der Geheimprotokolle fest. Die Terroristen filmen die Szene, als Propaganda- und Drohmaterial.Oder dies:
Nahezu täglich finden die Militärs unmenschlich zugerichtete Opfer. So am 3. November 2007. Das Protokoll vermerkt, eine Irakerin habe sich an US-Soldaten gewandt, weil Islamisten ihrem Baby den Kopf abgeschnitten hätten. Die Offiziere schicken Soldaten los, um die Sache zu prüfen. Am Ende des Berichts heißt es: "Bestätigt, dass das Baby geköpft ist."
Nein, selbstverständlich schreibe ich das nicht, um die einen Kriegsverbrechen durch die anderen zu rechtfertigen. Das wäre absurd. Aber es stellt sich doch die Frage, welche Schlüsse eigentlich aus dem jetzigen Rummel um den Coup von WikiLeaks gezogen werden sollten; welche legitimerweise gezogen werden dürfen.
Ich fürchte, daß viele, die von diesen Dokumenten hören und lesen, nur antiamerikanische Vorurteile bestätigt sehen. Aber die bürgerkriegsähnlichen Zustände, die zeitweise im Irak herrschten (und die zurückkehren könnten, sobald die letzten US-Truppen abgezogen sind; siehe "Wir geraten unter iranische Besatzung"; ZR vom 19. 10. 2010) - diese Zustände wurden zwar durch die Invasion 2003 ausgelöst, aber sie hatten in dieser nicht ihre Ursache.
Solche Zustände wären auch dann eingetreten, wenn Saddam Hussein einem Attentat zum Opfer gefallen wäre oder wenn es einen erfolgreichen schiitischen Aufstand gegen ihn gegeben hätte. Unter seiner Herrschaft hatte die Minderheit der Sunniten - und aus ihr wieder vor allem der Tikrit-Clan Saddams - die schiitische Mehrheit unterdrückt. Die gewaltsamen Konflikte nach der Befreiung waren die Reaktion darauf.
Daß diese Reaktion so brutal verlief, lag wesentlich daran, daß Kaida-Terroristen, die aus Afghanistan über den Iran in den Irak eingesickert waren, auf der Seite der Sunniten in die Kämpfe eingriffen und sie für ihre Zwecke zu nutzen versuchten.
Die Brutalität dieser Auseinandersetzungen, wie sie aus den jetzt veröffentlichten Dokumenten hervorgeht, den USA und der von ihnen geführten Invasion anzulasten, zeugt bestenfalls von Unkenntnis; im schlimmeren Fall ist es bewußte Propaganda.
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