Chodorkowski warnte Cameron darin vor der Korruption, die Russland über ganz Westeuropa verbreitet. Manche Verbindungen sind selbstverständlich zu heiß, um ihnen nachzugehen, aber auch in Deutschland hat man ja schon beobachten können, wie führende Staatsmänner auf russischen Gehaltslisten verschwinden.
John le Carré über einen Brief, den kürzlich der inhaftierte russische Dissident Michael Chodorkowski an den britischen Premierminister David Cameron schrieb und den der Observer veröffentlicht hat; das Zitat steht in einem gestrigen Artikel von Thomas David in FAZ.Net.
Kommentar: Der Abgang des Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist jetzt fünf Jahre her. Am 18. Oktober 2005 verlor Schröder mit der konstituierenden Sitzung des neugewählten Bundestags sein Amt; er führte aber noch bis zur Wahl von Angela Merkel am 22. November die Geschäfte. Am Tag darauf legte er sein Bundestagsmandat nieder.
Daß ein Autor wie John Carré so wie in dem Zitat über einen ehemaligen Bundeskanzler sprechen kann, sagt im Grunde alles über ihn, den Exkanzler.
Ja, den Exkanzler. Denn das Wort "Altbundeskanzler", das für Staatsmänner wie Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl verwendet wird, paßt nicht auf Schröder.
Man benutzt es, um damit auszudrücken, daß der einstige Kanzler auch nach dem Ende seiner Amtszeit noch etwas von der Würde des Amts behält. In den USA hat jeder, der einmal Präsident war, das Anrecht, bis zu seinem Lebensende als Mr. President angeredet zu werden.
Aber Gerhard Schröder? Er hat mit seinem Abgang vor fünf Jahren die Würde des Amts abgelegt wie einen schlecht sitzenden Anzug. Aus dem Politiker wurde von einem Tag auf den anderen ein Geschäftsmann; noch dazu in Diensten einer auswärtigen Macht. Noch dazu in einem Geschäftsbereich, in dem er selbst zuvor als Kanzler die Weichen gestellt hatte. Anrüchiger geht es kaum noch.
Sein abrupter Ausstieg aus der Politik zeigt, wie wenig es dem Politiker Schröder um die Sache und wie sehr es ihm um die persönliche Karriere gegangen war. Er ist in der Politik nach oben geklettert wie ein anderer vielleicht in der fleischverarbeitenden Industrie. Es war sein persönlicher Weg der, wie die Soziologen sagen, vertikalen Mobilität.
Die Politik hatte den Jungen aus der Unterschicht in die Oberschicht getragen. Mit dem Ende seiner Kanzlerschaft bot sie Schröder keine persönlichen Vorteile mehr. Also warf er hin und wechselte ins Geschäftsleben.
Nur gelegentlich ist noch etwas Politisches von ihm zu hören; wie beispielsweise heute sein Eigenlob. Er lobt die Agenda 2010; zu Recht. Nur war sie nicht der rotgrünen Politik geschuldet, die zuvor viereinhalb Jahre lang das genaue Gegenteil beinhaltet hatte.
Als Schröder seiner Partei im März 2003 die Agenda 2010 aufzwang, war das sein letzter Versuch, den Kollaps seiner Regierung zu verhindern. Der Husarenritt eines Mannes, der damals politisch nichts mehr zu verlieren hatte. Oder in einem auf Schröder vielleicht noch besser passenden Bild: Das Verhalten eines Zockers, der alles, was er noch hat, auf eine Karte setzt.
Die Bundesrepublik hat mit den Politikern an der der Spitze ihrer Regierungen ungewöhnlich viel Glück gehabt. Wir hatten ausgezeichnete Kanzler wie Adenauer, Brandt, Schmidt, Kohl und jetzt Merkel. Erhard und Kiesinger erreichten nicht diesen Rang, aber das mag an den Umständen gelegen haben.
Kein Land Europas hat eine solche Reihe hervorragender Regierungschefs seit dem Zweiten Weltkrieg aufzuweisen; jeder von ihnen eine historische Gestalt. Aber Gerhard Schröder fällt aus dieser Reihe heraus.
Er steht für eine Zeit innenpolitischer Stagnation, ja Restauration; eines Mehltaus, der sich auf das Land legte (siehe Die dritte Phase in der Geschichte der Bundesrepublik geht in diesen Tagen zu Ende. Eine These; ZR vom 14. 9. 2010). Wirtschaftlich wurde Deutschland während seiner Amtszeit vom Motor Europas zu einem der Problemstaaten.
Außenpolitisch verließ Deutschland unter Schröder und seinem Außenminister Fischer die Grundprinzipien, die seit Adenauer gegolten hatten: Gleichermaßen enge Freundschaft mit Frankreich und den USA, ohne einen dieser Partner zu bevorzugen; Festigkeit gegenüber allen russischen Vorstößen, auf Westeuropa Einfluß zu nehmen. Schröders und Fischers Versuch, einen gegen die USA gerichteten Dreierbund aus Deutschland, Rußland und Frankreich zu schmieden, erledigte sich zum Glück durch das Scheitern von Rotgrün.
Durch dieses Scheitern, das knapp genug war, sind wir vor fünf Jahren noch einmal davongekommen. Wie das Land eine nochmalige rotgrüne Regierung nach den Wahlen 2012, dann wahrscheinlich unter Einbeziehung der Kommunisten, überstehen sollte - darüber möchte ich lieber nicht nachdenken.
John le Carré über einen Brief, den kürzlich der inhaftierte russische Dissident Michael Chodorkowski an den britischen Premierminister David Cameron schrieb und den der Observer veröffentlicht hat; das Zitat steht in einem gestrigen Artikel von Thomas David in FAZ.Net.
Kommentar: Der Abgang des Bundeskanzlers Gerhard Schröder ist jetzt fünf Jahre her. Am 18. Oktober 2005 verlor Schröder mit der konstituierenden Sitzung des neugewählten Bundestags sein Amt; er führte aber noch bis zur Wahl von Angela Merkel am 22. November die Geschäfte. Am Tag darauf legte er sein Bundestagsmandat nieder.
Daß ein Autor wie John Carré so wie in dem Zitat über einen ehemaligen Bundeskanzler sprechen kann, sagt im Grunde alles über ihn, den Exkanzler.
Ja, den Exkanzler. Denn das Wort "Altbundeskanzler", das für Staatsmänner wie Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl verwendet wird, paßt nicht auf Schröder.
Man benutzt es, um damit auszudrücken, daß der einstige Kanzler auch nach dem Ende seiner Amtszeit noch etwas von der Würde des Amts behält. In den USA hat jeder, der einmal Präsident war, das Anrecht, bis zu seinem Lebensende als Mr. President angeredet zu werden.
Aber Gerhard Schröder? Er hat mit seinem Abgang vor fünf Jahren die Würde des Amts abgelegt wie einen schlecht sitzenden Anzug. Aus dem Politiker wurde von einem Tag auf den anderen ein Geschäftsmann; noch dazu in Diensten einer auswärtigen Macht. Noch dazu in einem Geschäftsbereich, in dem er selbst zuvor als Kanzler die Weichen gestellt hatte. Anrüchiger geht es kaum noch.
Sein abrupter Ausstieg aus der Politik zeigt, wie wenig es dem Politiker Schröder um die Sache und wie sehr es ihm um die persönliche Karriere gegangen war. Er ist in der Politik nach oben geklettert wie ein anderer vielleicht in der fleischverarbeitenden Industrie. Es war sein persönlicher Weg der, wie die Soziologen sagen, vertikalen Mobilität.
Die Politik hatte den Jungen aus der Unterschicht in die Oberschicht getragen. Mit dem Ende seiner Kanzlerschaft bot sie Schröder keine persönlichen Vorteile mehr. Also warf er hin und wechselte ins Geschäftsleben.
Nur gelegentlich ist noch etwas Politisches von ihm zu hören; wie beispielsweise heute sein Eigenlob. Er lobt die Agenda 2010; zu Recht. Nur war sie nicht der rotgrünen Politik geschuldet, die zuvor viereinhalb Jahre lang das genaue Gegenteil beinhaltet hatte.
Als Schröder seiner Partei im März 2003 die Agenda 2010 aufzwang, war das sein letzter Versuch, den Kollaps seiner Regierung zu verhindern. Der Husarenritt eines Mannes, der damals politisch nichts mehr zu verlieren hatte. Oder in einem auf Schröder vielleicht noch besser passenden Bild: Das Verhalten eines Zockers, der alles, was er noch hat, auf eine Karte setzt.
Die Bundesrepublik hat mit den Politikern an der der Spitze ihrer Regierungen ungewöhnlich viel Glück gehabt. Wir hatten ausgezeichnete Kanzler wie Adenauer, Brandt, Schmidt, Kohl und jetzt Merkel. Erhard und Kiesinger erreichten nicht diesen Rang, aber das mag an den Umständen gelegen haben.
Kein Land Europas hat eine solche Reihe hervorragender Regierungschefs seit dem Zweiten Weltkrieg aufzuweisen; jeder von ihnen eine historische Gestalt. Aber Gerhard Schröder fällt aus dieser Reihe heraus.
Er steht für eine Zeit innenpolitischer Stagnation, ja Restauration; eines Mehltaus, der sich auf das Land legte (siehe Die dritte Phase in der Geschichte der Bundesrepublik geht in diesen Tagen zu Ende. Eine These; ZR vom 14. 9. 2010). Wirtschaftlich wurde Deutschland während seiner Amtszeit vom Motor Europas zu einem der Problemstaaten.
Außenpolitisch verließ Deutschland unter Schröder und seinem Außenminister Fischer die Grundprinzipien, die seit Adenauer gegolten hatten: Gleichermaßen enge Freundschaft mit Frankreich und den USA, ohne einen dieser Partner zu bevorzugen; Festigkeit gegenüber allen russischen Vorstößen, auf Westeuropa Einfluß zu nehmen. Schröders und Fischers Versuch, einen gegen die USA gerichteten Dreierbund aus Deutschland, Rußland und Frankreich zu schmieden, erledigte sich zum Glück durch das Scheitern von Rotgrün.
Durch dieses Scheitern, das knapp genug war, sind wir vor fünf Jahren noch einmal davongekommen. Wie das Land eine nochmalige rotgrüne Regierung nach den Wahlen 2012, dann wahrscheinlich unter Einbeziehung der Kommunisten, überstehen sollte - darüber möchte ich lieber nicht nachdenken.
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Mit Dank an Thomas Pauli.