6. August 2008

Marginalie: Der Irak schwimmt in Geld. Warum das gefährlich für den Wahlkämpfer McCain ist

Gibt es einen bessere Nachricht über einen Staat? Der Irak ist auf dem besten Weg, in die Riege der reichen Ölstaaten wie Kuweit und Dubai aufzusteigen.

Allein in diesem Jahr wird, so berichtet es heute die Washington Post, mit Öleinnahmen in Höhe von zwischen 67 und 78 Milliarden Dollar gerechnet, die direkt in die Staatskasse fließen.

Zum Vergleich: Die gesamten Steuereinnahmen des Irak werden sich, zusammen mit sonstigen Einnahmen der Staatskasse, in diesem Jahr auf ganze 7 Milliarden Dollar belaufen. Nur rund ein Zehntel der Staatseinnahmen stammt also nicht aus dem Ölgeschäft.

An dieser Meldung ist Verschiedenes interessant.



Interessant ist erstens der Vergleich mit den vergangenen Jahren. Gegenüber dem letzten Jahr werden sich die Öleinnahmen verdoppeln. In den Jahren zwischen 2005 - dem ersten Jahr, in dem eine irakische Regierung wieder ein Budget aufstellte - und Ende 2007 wurden nur 96 Milliarden eingenommen, also rund 32 Milliarden Dollar pro Jahr.

Darin spiegelt sich natürlich zum einen der steigende Ölpreis. Zum anderen ist aber auch die drastische Verbesserung der Sicherheitslage die Voraussetzung dafür, daß die Ölförderung erhöht werden konnte. Sie liegt inzwischen bei 2,5 Millionen Barrel am Tag und könnte in den nächsten fünf Jahren auf 4,5 Millionen Barrel gesteigert werden.

Als ich im Dezember 2006 die Serie "Ketzereien zum Irak" begann, galt es in der deutschen Berichterstattung als ausgemacht, daß die USA den Krieg verloren hätten und daß der Irak immer mehr im Bürgerkrieg versinken würde. Es war damals wirklich ketzerisch, zu schreiben:
... wurde die Ente verbreitet, Bush spreche nicht mehr von einem Sieg im Irak- Krieg. In Wahrheit sind es die Terroristen, die keine Aussicht auf einen Sieg haben. (...) Gewinnen können die Terroristen nicht. Nicht die El Kaida, nicht die Baath- Terroristen und nicht die Milizen von Sadr. Sie können sich, wenn sie erfolgreich sind, nur gegenseitig dezimieren.

Oder aber die Demokraten im Irak befreien sich aus ihren Abhängigkeiten von den Extremisten und bauen mit Hilfe der USA einen demokratischen Irak auf. Nicht die Vorzeige- Republik, die sich viele im Westen vielleicht erhofft hatten. Aber doch einen Staat mit ungleich mehr politischer Freiheit und Rechtssicherheit als in allen anderen Staaten der Region, von Israel abgesehen.
Heute, gut eineinhalb Jahre später, ist der Irak auf dem Weg, diese Entwicklung zu nehmen.



Das zweite, was die erfreulichen Angaben über die Einnahmen der irakischen Regierung interessant macht, ist ihre Quelle. Diese ist nämlich nicht die irakische Regierung. Es ist auch nicht die US-Regierung. Sondern die Daten stammen vom US-Rechnungshof, dem Government Accountability Office (GAO).

Was interessiert sich der amerikanische Rechnungshof für die Einnahmen der irakischen Regierung? Hier liegt der Punkt, an dem diese an sich erfreuliche Meldung ihren Pferdefuß zeigt; einen Pferdefuß, der sich im Wahlkampf auch noch zu einer kompletten Teufelsgestalt auswachsen könnte; teuflisch nämlich für den Wahlkämpfer McCain.

Der US-Rechnungshof interessiert sich deshalb für die irakischen Öleinnahmen, weil die USA ja nicht nur ihre Truppen im Irak finanzieren, sondern zu einem erheblichen Teil auch dessen Wiederaufbau. Und da fragt sich der GAO zu Recht, ob denn ein so reicher Irak nicht selbst mehr für seinen Wiederaufbau zahlen kann als bisher.

49 Milliarden Dollar haben die USA bisher in den Wiederaufbau gesteckt - also in den Bau von Straßen, von Schulen, von Krankenhäusern, von Elektrizitätswerken und in den Ausbau der Wasserversorgung. Aber nur noch 6 Milliarden Dollar sind für die Zukunft vorgesehen.

Denn die Ära der amerikanischen Finanzierung des Wiederaufbaus gehe zu Ende, sagte laut Washington Post der amerikanische Botschafter in Bagdad, Ryan C. Crocker.

Die Gefahr für McCains Wahlkampf besteht aber dennoch darin, daß die Gegenseite ihm, dem Befürworter des Irakkriegs, vorhalten kann, im Irak sei Geld des US- Steuerzahlers verschleudert worden. Man habe für das gezahlt, was die Iraker leicht selbst hätten bezahlen können. Ein angesichts der drohenden Rezession und der Sorgen, die viele Amerikaner sich um ihren Lebensstandard machen, möglicherweise sehr wirkmächtiger Vorwurf.



Die US-Regierung kontert, die Iraker seien bisher selbst gar nicht in der Lage gewesen, den Wiederaufbau zu managen - mangels einer funktionierenden Verwaltung und aufgrund der Gewalt.

Jetzt aber ist mit Hilfe der USA eine leidliche Verwaltung aufgebaut; dank des Einsatzes der USA ist die Gewalt weitgehend besiegt. Jetzt kann man also in der Tat fordern, daß die Iraker ihr Problem mit dem Budget entschlossen angehen.

Es ist ein Problem, wie es sich fast jeder andere Staat der Welt sehentlich wünschen würde - die irakische Regierung schafft es nicht, ihr Geld auszugeben!

Die Geldreserven der irakischen Zentralbank betragen derzeit 31,4 Milliarden Dollar. Im Jahr 2007, so die GOA, gab der Irak nur 80 Prozent des im Budget zur Verfügung gestellten Geldes (29 Milliarden Dollar) für laufende Ausgaben (Gehälter, Sozialausgaben, Anschaffungen usw.) aus; und gar nur 28 Prozent des Investitions- Budgets von 12 Milliarden Dollar.

Das Budget für 2008 umfaßt 49,9 Milliarden Dollar. Und der amerikanische Rechnungshof ist hoffnungsvoll, daß davon immerhin zwischen 35,3 und 35,9 Milliarden Dollar auch wirklich ausgegeben werden können.



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