2. August 2008

Zettels Meckerecke: Bsirske flog mit der Lufthansa in die Südsee. Ja und?

Empörung hat, so steht es zum Beispiel in "Spiegel- Online" und in "Welt Online", der Ver.di- Vorsitzende Bsirske ausgelöst. Von "unglaublichem" Verhalten ist die Rede; der FDP-Generalsekretär Niebel forderte gar den Rücktritt von Bsirske.

Was hat er gemacht? Er ist in den Urlaub geflogen. Zugegeben, etwas weit weg; in die Südsee, heißt es. Und mit welcher Gesellschaft? Mit der Lufthansa natürlich. In deren Aufsichtsrat ist er stellvertretender Vorsitzender; also stehen ihm und seiner Familie Freiflüge Erster Klasse zu.

Worauf gründet sich die Aufregung? Daß Bsirske - er verdient sich bei der Lufthansa durch seinen Aufsichtsrat- Job ein Zubrot von 210.000 Euro im Jahr, so wurde kürzlich gemeldet - von den Privilegien Gebrauch macht, die nun einmal einem Mitglied des Lufthansa- Aufsichtsrats zustehen? Daß er dort Urlaub macht, wo sich Leute seiner Einkommensklasse nun einmal gern in ihren Ferien vergnügen?



Bsirske hat sich aus kleinen Verhältnissen hochgearbeitet. Nicht alle, aber doch manche, die das geschafft haben, neigen zu einem Lebensstil, der es allen zeigt, wie weit sie es gebracht haben. Der eine baut sich, wie Oskar Lafontaine, eine nachgerade lächerlich protzige Villa, der andere posiert, wie Gerhard Schröder, mit unverhohlenem Stolz im Brioni- Anzug.

Gewiß hat das etwas Peinliches, Stilloses. Aber so ist es nun einmal. "Neureich" nannte man früher solche Leute, die ihren erlangten gesellschaftlichen Status so präsentieren wie andere ihren Body. Ja und?

Man muß Bsirske ja nicht mögen. Ich mag ihn ebensowenig wie Jürgen Trittin, den Umweltfreund, der sich als Minister einen besonders üppigen Dienstwagen leistete, oder wie Sahra Wagenknecht, die Kommunistin, die aus ihrer Vorliebe für Hummeressen keinen Hehl macht.

Nein, diesen Typus des protzenden, eitlen Salon- Bolschewisten schätze ich nicht. Aber jeder hat halt Leute, die er mag, und andere, die er nicht mag.

Etwas Vorwerfbares, etwas, das gar eine Rücktrittsforderung rechtfertigen würde, kann ich bei Bsirske nicht sehen.

"Spiegel- Online" zitiert den CSU- Wirtschaftsexperten Hans Michelbach: "Bsirske agiert nach dem Motto: links reden, rechts leben". Ja, natürlich tut er das, der Bsirske. Links reden ist halt eine der Möglichkeiten, im Kapitalismus Karriere zu machen. Und wer erfolgreich Karriere macht, der darf - auch das ist im Kapitalismus nun einmal so - auch die Früchte seiner Karriere genießen. Also rechts leben. Warum sonst macht er Karriere?

Wer so ungehemmt rechts lebt wie Wagenknecht, Trittin, Lafontaine und Bsirske, der muß freilich damit rechnen, vom Sozialneid getroffen zu werden. Von just dem Sozialneid, den Leute wie Wagenknecht, Trittin, Lafontaine und Bsirske schüren, indem sie links reden.

Das ist nun einmal das Risiko, wenn man über die Klassenkampf- Schiene Karriere macht. Ein Grund zum Rücktritt ist es nicht; und schon gar nicht sollte ausgerechnet der Generalsekretär der FDP ins Horn des Sozialneids stoßen.



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