Es ist das uralte Schema, sozusagen die Mutter aller Master Narratives: Der ehrgeizige Junge gegen den gestählten Alten, Erfahrung gegen Wagemut, der Jungbauer gegen den Altbauern. Kurz, Montgomery Clift gegen John Wayne in "Red River". Also Obama gegen McCain.
Ist es wirklich so einfach? Es sieht ganz danach aus. Unter den Umfragen der letzten Zeit jedenfalls sind mehrere, die das zu bestätigen scheinen.
Mitte Juni wurden im Los Angeles Times / Bloomberg Poll die Anhänger beider Kandidaten gefragt, ob sie "begeistert" (enthusiastic) in Bezug auf ihren Favoriten seien.
Von den Anhängern Obamas bejahten das nicht weniger als 81 Prozent. Nur 17 Prozent verneinten es; zwei Prozent waren unsicher.
Ganz anders war das Bild bei den Anhängern McCains: Nur 45 Prozent sagten, daß sie von ihrem Kandidaten begeistert seien; 51 Prozent verneinten es, und 4 Prozent waren unsicher.
Anhänger Obamas ist man also mit dem Herzen; man könnte auch etwas tiefer ansetzen und sagen: aus dem Bauch heraus. Wer dazu tendiert, McCain zu wählen, der tut das hingegen überwiegend nicht aus Begeisterung.
Das wird auch deutlich, wenn nach der allgemeinen Meinung gefragt wird, die man von den beiden Kandidaten hat.
In einer aktuellen Umfrage (NBC News / Wall Street Journal Poll, 18. - 21. Juli) äußerten über John McCain nur gut ein Viertel eine ausgeprägte Meinung (13 Prozent "sehr positiv", 14 Prozent "sehr negativ"). Die meisten sahen ihn "eher positiv" (29 Prozent) oder "neutral" (26 Prozent). "Eher negativ" beurteilten ihn 16 Prozent.
Deutlich verschieden davon ist das Bild von Barack Obama in derselben Umfrage: Genau die Hälfte der Befragten hatten eine ausgeprägte Meinung von ihm (27 Prozent "sehr positiv", 23 Prozent "sehr negativ"). Neutral waren nur ganze 16 Prozent. Für "eher positiv" entschieden sich 21 Prozent, für "eher negativ" 11 Prozent.
Faßt man beide positive und beide negative Kategorien zusammen, dann kann man das Ergebnis auch so betrachten: Obama wird von mehr Befragten positiv gesehen als McCain (49 zu 42 Prozent); aber auch eine negative Einstellung zu ihm ist häufiger (34 Prozent sehen ihn negativ; nur 30 Prozent sind es bei McCain).
Obama - es wird Sie nicht wundern - polarisiert also. Nur 16 Prozent sind ihm gegenüber (noch) neutral, gegenüber 26 Prozent bei McCain. Anders gesagt: In Bezug auf Obama haben sich die meisten schon festgelegt; bei McCain überlegen viele noch.
Man wird vermuten können, daß für eine Wahl McCains Vernunftmotive eine größere Rolle spielen als Emotionen; vielleicht auch die Bedenken Älterer, daß jugendliche Begeisterung in der Politik selten zu etwas Gutem geführt hat.
Ja, der Älteren. Denn wie eine andere Umfrage (Research 2000, 25. - 27. Juli) zeigt, findet sich in Bezug auf das Alter ihre Anhänger jetzt zwischen McCain und Obama genau dasselbe Muster wie im Vorwahlkampf zwischen Clinton und Obama: Die Jüngsten (18 bis 29 Jahre) sind mit überwältigender Mehrheit (63 zu 26 Prozent) für Obama. In der ältesten Gruppe dagegen (über 60 Jahre) hat McCain eine, wenngleich weniger eklatante, Mehrheit (47 zu 42 Prozent). In den Gruppen dazwischen liegt Obama leicht vorn.
Und noch etwas Anderes fördert diese Analyse zutage: Obama verdankt seinen Vorsprung (den er in den meisten Umfragen jedenfalls bisher hatte) neben den Jungen den Frauen und den Nichtweißen.
Von den befragten Männern waren je 45 Prozent für McCain und für Obama. Bei den Frauen hingegen lag Obama mit 54 zu 36 Prozent weit vorn.
Bei den Weißen gab es eine deutliche Mehrheit (49 zu 41 Prozent) für McCain. Daß Obama insgesamt in Front lag, ging ausschließlich auf die Daten der Schwarzen (90 Prozent zu 4 Prozent) und der Latinos (65 zu 24 Prozent) zurück.
Fassen wir zusammen: Wer weiß ist und männlich, der hat eine starke Neigung zu McCain; jedenfalls, wenn er über 30 Jahre ist. Diese Neigung ist aber nicht sehr enthusiastisch; er ist mehr aus Vernunft als aus Begeisterung für seinen Kandidaten.
Diejenigen, die für Obama sind, begeistern sich hingegen in ihrer großen Mehrheit für ihn. Schwarze und Latinos sind bei ihnen stark überrepräsentiert. Unter den unter Dreißigjährigen ist dieser Wählertypus mit einer überwältigenden Mehrheit vertreten; unter den Frauen mit einer starken Mehrheit.
Eine junge schwarze Frau, die mit dem Herzen entscheidet: Das ist sozusagen der personifizierte Obama- Wähler Ein älterer weißer Mann, der sich aus Vernunft entscheidet, ist der typische Wähler McCains.
(Nur zur Sicherheit gesagt: Das sind statistische Daten; natürlich gibt es den Achtzigjährigen deutscher Abstammung, der sich für Obama begeistert und die zwanzigjährige Puertoricanerin, die nach rationaler Überlegung für McCain ist).
Warum ist das so? Daß man auf Heilsversprechen hereinfällt, wenn man jung ist, verwundert nicht. Ebensowenig, daß der erste schwarze Kandidat für die Präsidentschaft in der Geschichte der USA von einer überwältigenden Mehrheit der Schwarzen favorisiert wird.
Warum aber hat Obama bei den Frauen eine so deutliche Mehrheit? Ich weiß es nicht. Was mir an Antworten einfällt, sind leider nur Klischees: Weil Frauen mehr aus dem Gefühl heraus entscheiden als Männer? Weil sie sich eher von der Show eines Heilsbringers beeindrucken lassen; sozusagen das Drewermann- Syndrom? Oder weil sie den attraktiven jungen Mann gegenüber dem älteren Veteranen bevorzugen?
Manchmal stimmen Klischees ja; vielleicht hier. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob irgendwer es weiß.
Eines jedenfalls dürfen wir aus diesen Analysen entnehmen: Wir, die Anhänger McCains, die wir in Deutschland eine kleine Minderheit sind, haben auf der anderen Seite des Atlantik zwar nicht die Mehrheit aller auf unserer Seite, aber doch die Mehrheit der Weißen, der Erfahrenen und ... hm, hm ... jedenfalls nicht der Frauen.
Und noch eine Bemerkung, die das Mitgeteilte ein wenig relativiert: Inzwischen ist am zweiten Tag nacheinander der bisherige Vorsprung Obamas im Gallup daily tracking verschwunden. Beide liegen gleichauf bei 44 Prozent.
Ist es wirklich so einfach? Es sieht ganz danach aus. Unter den Umfragen der letzten Zeit jedenfalls sind mehrere, die das zu bestätigen scheinen.
Mitte Juni wurden im Los Angeles Times / Bloomberg Poll die Anhänger beider Kandidaten gefragt, ob sie "begeistert" (enthusiastic) in Bezug auf ihren Favoriten seien.
Von den Anhängern Obamas bejahten das nicht weniger als 81 Prozent. Nur 17 Prozent verneinten es; zwei Prozent waren unsicher.
Ganz anders war das Bild bei den Anhängern McCains: Nur 45 Prozent sagten, daß sie von ihrem Kandidaten begeistert seien; 51 Prozent verneinten es, und 4 Prozent waren unsicher.
Anhänger Obamas ist man also mit dem Herzen; man könnte auch etwas tiefer ansetzen und sagen: aus dem Bauch heraus. Wer dazu tendiert, McCain zu wählen, der tut das hingegen überwiegend nicht aus Begeisterung.
Das wird auch deutlich, wenn nach der allgemeinen Meinung gefragt wird, die man von den beiden Kandidaten hat.
In einer aktuellen Umfrage (NBC News / Wall Street Journal Poll, 18. - 21. Juli) äußerten über John McCain nur gut ein Viertel eine ausgeprägte Meinung (13 Prozent "sehr positiv", 14 Prozent "sehr negativ"). Die meisten sahen ihn "eher positiv" (29 Prozent) oder "neutral" (26 Prozent). "Eher negativ" beurteilten ihn 16 Prozent.
Deutlich verschieden davon ist das Bild von Barack Obama in derselben Umfrage: Genau die Hälfte der Befragten hatten eine ausgeprägte Meinung von ihm (27 Prozent "sehr positiv", 23 Prozent "sehr negativ"). Neutral waren nur ganze 16 Prozent. Für "eher positiv" entschieden sich 21 Prozent, für "eher negativ" 11 Prozent.
Faßt man beide positive und beide negative Kategorien zusammen, dann kann man das Ergebnis auch so betrachten: Obama wird von mehr Befragten positiv gesehen als McCain (49 zu 42 Prozent); aber auch eine negative Einstellung zu ihm ist häufiger (34 Prozent sehen ihn negativ; nur 30 Prozent sind es bei McCain).
Obama - es wird Sie nicht wundern - polarisiert also. Nur 16 Prozent sind ihm gegenüber (noch) neutral, gegenüber 26 Prozent bei McCain. Anders gesagt: In Bezug auf Obama haben sich die meisten schon festgelegt; bei McCain überlegen viele noch.
Man wird vermuten können, daß für eine Wahl McCains Vernunftmotive eine größere Rolle spielen als Emotionen; vielleicht auch die Bedenken Älterer, daß jugendliche Begeisterung in der Politik selten zu etwas Gutem geführt hat.
Ja, der Älteren. Denn wie eine andere Umfrage (Research 2000, 25. - 27. Juli) zeigt, findet sich in Bezug auf das Alter ihre Anhänger jetzt zwischen McCain und Obama genau dasselbe Muster wie im Vorwahlkampf zwischen Clinton und Obama: Die Jüngsten (18 bis 29 Jahre) sind mit überwältigender Mehrheit (63 zu 26 Prozent) für Obama. In der ältesten Gruppe dagegen (über 60 Jahre) hat McCain eine, wenngleich weniger eklatante, Mehrheit (47 zu 42 Prozent). In den Gruppen dazwischen liegt Obama leicht vorn.
Und noch etwas Anderes fördert diese Analyse zutage: Obama verdankt seinen Vorsprung (den er in den meisten Umfragen jedenfalls bisher hatte) neben den Jungen den Frauen und den Nichtweißen.
Von den befragten Männern waren je 45 Prozent für McCain und für Obama. Bei den Frauen hingegen lag Obama mit 54 zu 36 Prozent weit vorn.
Bei den Weißen gab es eine deutliche Mehrheit (49 zu 41 Prozent) für McCain. Daß Obama insgesamt in Front lag, ging ausschließlich auf die Daten der Schwarzen (90 Prozent zu 4 Prozent) und der Latinos (65 zu 24 Prozent) zurück.
Fassen wir zusammen: Wer weiß ist und männlich, der hat eine starke Neigung zu McCain; jedenfalls, wenn er über 30 Jahre ist. Diese Neigung ist aber nicht sehr enthusiastisch; er ist mehr aus Vernunft als aus Begeisterung für seinen Kandidaten.
Diejenigen, die für Obama sind, begeistern sich hingegen in ihrer großen Mehrheit für ihn. Schwarze und Latinos sind bei ihnen stark überrepräsentiert. Unter den unter Dreißigjährigen ist dieser Wählertypus mit einer überwältigenden Mehrheit vertreten; unter den Frauen mit einer starken Mehrheit.
Eine junge schwarze Frau, die mit dem Herzen entscheidet: Das ist sozusagen der personifizierte Obama- Wähler Ein älterer weißer Mann, der sich aus Vernunft entscheidet, ist der typische Wähler McCains.
(Nur zur Sicherheit gesagt: Das sind statistische Daten; natürlich gibt es den Achtzigjährigen deutscher Abstammung, der sich für Obama begeistert und die zwanzigjährige Puertoricanerin, die nach rationaler Überlegung für McCain ist).
Warum ist das so? Daß man auf Heilsversprechen hereinfällt, wenn man jung ist, verwundert nicht. Ebensowenig, daß der erste schwarze Kandidat für die Präsidentschaft in der Geschichte der USA von einer überwältigenden Mehrheit der Schwarzen favorisiert wird.
Warum aber hat Obama bei den Frauen eine so deutliche Mehrheit? Ich weiß es nicht. Was mir an Antworten einfällt, sind leider nur Klischees: Weil Frauen mehr aus dem Gefühl heraus entscheiden als Männer? Weil sie sich eher von der Show eines Heilsbringers beeindrucken lassen; sozusagen das Drewermann- Syndrom? Oder weil sie den attraktiven jungen Mann gegenüber dem älteren Veteranen bevorzugen?
Manchmal stimmen Klischees ja; vielleicht hier. Ich weiß es nicht. Ich weiß nicht, ob irgendwer es weiß.
Eines jedenfalls dürfen wir aus diesen Analysen entnehmen: Wir, die Anhänger McCains, die wir in Deutschland eine kleine Minderheit sind, haben auf der anderen Seite des Atlantik zwar nicht die Mehrheit aller auf unserer Seite, aber doch die Mehrheit der Weißen, der Erfahrenen und ... hm, hm ... jedenfalls nicht der Frauen.
Und noch eine Bemerkung, die das Mitgeteilte ein wenig relativiert: Inzwischen ist am zweiten Tag nacheinander der bisherige Vorsprung Obamas im Gallup daily tracking verschwunden. Beide liegen gleichauf bei 44 Prozent.
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