Verbraucher zu erziehen ist keine leicht Kunst. Das Schicksal des Dosenpfands liefert dafür eine schöne Illustration. Es ist eine lehrreiche Geschichte, mit einer langen Vorgeschichte. Die Geschichte eines bisher erfolglosen Versuchs zur Erziehung der Deutschen.
Es begann im Jahr 1967. Damals hatte eine Werbeagentur für die deutsche Hohlglasindustrie einen Werbeslogan entwickelt, der so gut war, daß er heute Teil der Umgangssprache ist - "Ex und hopp!". Den Verbrauchern sollten damit die Vorteile der Einwegflasche nahegebracht werden.
Die Kampagne war derart durchschlagend, daß - so schrieb im November 1980 Hans-Günter Kemmer in der "Zeit" - die Zahl der verkauften Einwegflaschen, die 1966 bei vier Millionen gelegen hatte, sich im Jahr 1967 verzehnfachte. 1970 wurden hundert mal so viele Einwegflaschen verkauft wie 1966; und als Kemmer 1980 seinen Artikel schrieb, war es eine Milliarde.
Eine Milliarde Steine des Anstoßes, sozusagen. Denn um 1980 herum war bereits die Öko- Bewegung voll im Gang. Und damit wurde aus der fröhlichen Aufforderung "Ex und hopp!" schnell die böse "Ex- und- hopp- Mentalität", der die Ökos den Kampf angesagt hatten.
Die Einwegflasche freilich eignete sich im Grunde nicht zum Objekt der Abscheu. Denn es gab Glascontainer, und die wurden schon Ende der siebziger Jahre eifrig genutzt. Kemmer:
Die geleerte Flasche in den Container; die Scherben zu neuem Glas umgeschmolzen - dagegen ließ sich eigentlich vom Umwelt- Standpunkt nicht viel sagen. Aber es gab ja ein anderes, ein viel besseres Feindbild: Die Dose. Sie verbinden wir heute mit "Ex und hopp!"; längst nicht mehr die Flasche, die einfach wegzuwerfen sich bald ohnehin niemand mehr traute.
Warum war die Dose viel besser zum Feindbild geeignet als die Einwegflasche? Erstens, weil es für sie (damals) noch keine umweltfreundliche Entsorgung gab; der Gelbe Sack und der Grüne Punkt wurden erst 1990 eingeführt.
Zweitens, weil das Dosenbier aus Amerika gekommen war; insofern also schon verdächtig. Bei den Getränken ungefähr das, was damals MacDonald's beim Essen war.
In den USA nämlich hatte - so kann man es in "einestages" nachlesen - die Brauerei Gottfried Krueger in Newark (New Jersey) im Jahr 1933 das Dosenbier erfunden ("Krueger's Special Beer").
In den siebziger Jahren, als in Deutschland die Einwegflasche ihren Siegeszug antrat, war Dosenbier bei uns noch etwas Seltenes. Eine Spezialität; die Brauerei Henninger im amerikanisierten Frankfurt hatte es zum Beispiel im Angebot. Und Beck's in Hamburg; Zielgruppe besserverdienende Männer.
Das war ein vergleichsweise kleiner Markt. Bier trank man überwiegend, wenn nicht in der Kneipe, dann entweder aus der Einwegflasche oder aus der bepfandeten "Euro-Flasche", die damals die schöne alte Flasche mit Bügel und Porzellanverschluß schon verdrängt hatte. Jene Flasche, die der Geübte mit einer Art Handkantenschlag hatte öffnen können.
Daß man Bier auch aus Dosen trinken konnte, das sah man hauptsächlich in den Ami- Filmen, wo die Helden sie aus dem Kühlschrank holten - "easy to chill" - und zischend öffneten.
Diese Sitte, sein Bier aus Dosen zu trinken, begann sich dann in den achtziger Jahren aber auch in Deutschland auszubreiten und war in den neunziger Jahren - so können wir es dem Wikipedia- Artikel "Dosenbier" entnehmen - auf der Siegesstraße. In jenen achtziger und neunziger Jahren also, in denen auch die Öko- Bewegung auf der Siegesstraße war; auf dem Weg zur Regierungsbeteiligung der "Grünen" 1998.
Das konnte nicht gut gehen. Das mußte aufeinanderprallen.
Nicht nur, weil die Dose etwas ursprünglich Amerikanisches war. Sondern auch, weil die Umweltbewegten und die Konsumenten von Dosenbier zwei Subkulturen angehörten, wie sie gegensätzlicher nicht sein konnten.
Dosenbier trank man im Stadion, auf der Straße, in der Siedlung der Kleingärtner. Die Ökos hingegen bevorzugten französischen oder italienischen Rotwein, Mineralwasser oder ihre gesunden Säfte.
Prolls und Kleinbürger hie, dort das moralisierend- hedonistische Biotop der Studenten, Lehrer, Kleinintellektuellen. "Nur Flaschen trinken aus Dosen", der Kampfspruch der Dosengegner, drückte diesen sozialen Gegensatz recht gut aus. Und war erfolgreich.
So erfolgreich, daß 1991 ein leibhaftiger CDU- Umweltminister, Klaus Töpfer, für die Verpackungsverordnung sorgte, auf der noch heute, wenn auch durch nachfolgende Verordnungen modifiziert, das "Einwegpfand" (so die korrekte Bezeichnung für das Dosenpfand) basiert.
Ja, warum in aller Welt ist es denn notwendig, Bierdosen und dergleichen zu "bepfanden"? Da wechselten die Begründungen. Sie wechselten so, wie das oft der Fall ist, wenn es primär um's Verbieten und Erziehen geht.
Anfangs nämlich - man stand noch unter dem Einfluß des "Berichts des Club of Rome", der eine baldige Erschöpfung der Rohstoffe prophezeit hatte - ging es um das Aluminium und das Weißblech, das beim "Ex und hopp!" sozusagen im Wortsinn verschleudert wurde.
Die Dosenindustrie reagierte mit einer Kampagne "Ich war eine Dose", in der gezeigt wurde, wie aus recyleten Dosen allerlei Schönes und Nützliches entstehen kann.
Und damit hatte sie im Grunde jede Rationalität auf ihrer Seite, seit es das Duale System gab; den Gelben Sack und den Grünen Punkt.
Inzwischen sind wir Deutsche inbrünstige Mülltrenner. Unter dem Gesichtspunkt des Recycling könnte man die Dosen (und die später hinzugekommenen PET- Flaschen) ebenso gut dem Gelben Sack überantworten wie dem Rücknahme- Automaten im Getränkemarkt. Nur billiger wär's.
Die Öko-Ideologen schoben eine zweite Begründung nach, von der sie wohl dachten, daß sie auch beim für die Rohstoff- Problematik weniger empfänglichen Adressaten Anklang finden würde: Die "Verschandelung der Landschaft".
Nicht daß das kostbare Aluminium vergeudet wird, war nun das Argument, sondern daß es häßlicherweise auf FeldWaldWiese landet. Auf den Straßen Kölns nach den Drei Tollen Tagen, in Bahnabteilen und gar - immer ein gutes Argument - auf Kinderspielplätzen. Wer Pfand gezahlt hat, so das Argument, der wirft die auf diese Art wertvoll gemachte Dose aber nicht mehr weg.
Nun sind Öko-Ideologen eigentlich nicht unbedingt Fanatiker von Sauberkeit und Ordnung. Das Verschandelungs- Argument war immer mehr die Massenlinie. Die Kaderlinie hob auf ein anderes Argument ab, das immer mehr in den Vordergrund trat: Die "ökologischen Kosten", wie sie zum Beispiel in diesem Text von "Greenpeace" aus dem Jahr 1999 an die Wand gemalt werden:
Das ist der wirkliche Sinn dieses gigantischen Systems der Bepfandung und Rücknahme mit den immensen Kosten, die es den Läden, mit den Mühen, die es dem Verbraucher aufzwingt: Just ums Aufzwingen geht es. Ich habe das in einem früheren Artikel so liebevoll ausgeführt, wie es dieses Thema verdient.
Um die Formung des Umweltbewußtseins geht es. Um die "Lenkungswirkung". Der Sinn dieses Pfandsystems ist es nicht, daß wir die Dosen und PET- Flaschen zurückschaffen, sondern daß wir sie gar nicht erst kaufen. Stattdessen nach alter Väter Sitte den Kasten Bier, das Minerlwasser in der Mehrwegflasche.
Tun wir das? Wir tun es ums Verplatzen nicht. Dies meldete gestern "Welt Online":
Warum? Jeder Student der Nationalökonomie im zweiten Semester hätte es unseren Erziehern erklären können: Weil der Verbraucher, solange man ihm noch die Freiheit zur Entscheidung läßt, sich nach Kosten und Nutzen entscheidet.
"Weil für beides Pfand entrichtet wird, mache der Verbraucher ohnehin keinen Unterschied mehr zwischen Einweg und Mehrweg", sagte der Hauptgeschäftsführer der "Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke", Werner Witting, dem Reporter von "Welt Online". Also kaufen sie die "Einweggebinde", wenn diese günstiger zu haben sind.
Zurückbringen müssen sie ja beides, Einweg wie Mehrweg. Ein gutes ökologisches Gewissen haben sie beim einen wie beim anderen. Warum in aller Welt also sollten sie wegen des Einwegpfands auf Mehrweg umsteigen?
Und wie ist es beim Bier? Das Dosenbier verschwand in der Tat weitgehend aus den Regalen, als Trittin sein Dosenpfand durchsetzte. Aber auch hier ist Hoffnung:
Und wirklich - auch dort, wo ich einkaufe, stehen auf einmal wieder Bierdosen in den Regalen. Vorerst Billigmarken; aber warten wir ab.
Also Sieg? Was die "Lenkungswirkung" angeht, ja. Bisher haben wir uns nicht lenken lassen. Andererseits zahlen wir alle für diesen bürokratischen Wahnwitz.
Und nachdem der Handel große Summen in Rücknahme- Automaten, in die ganze gigantische Infrastruktur für diesen überdimensionalen Geßlerhut investiert hat, kann man ja nicht einmal mehr wünschen, daß das alles wieder abgeschafft wird.
Wir werden wohl auf alle Zeiten damit leben, so wie mit der Sektsteuer, die 1902 zur Finanzierung des Kaiser- Wilhelm- Kanals sowie der Kaiserlichen Kriegsflotte eingeführt wurde.
Es begann im Jahr 1967. Damals hatte eine Werbeagentur für die deutsche Hohlglasindustrie einen Werbeslogan entwickelt, der so gut war, daß er heute Teil der Umgangssprache ist - "Ex und hopp!". Den Verbrauchern sollten damit die Vorteile der Einwegflasche nahegebracht werden.
Die Kampagne war derart durchschlagend, daß - so schrieb im November 1980 Hans-Günter Kemmer in der "Zeit" - die Zahl der verkauften Einwegflaschen, die 1966 bei vier Millionen gelegen hatte, sich im Jahr 1967 verzehnfachte. 1970 wurden hundert mal so viele Einwegflaschen verkauft wie 1966; und als Kemmer 1980 seinen Artikel schrieb, war es eine Milliarde.
Eine Milliarde Steine des Anstoßes, sozusagen. Denn um 1980 herum war bereits die Öko- Bewegung voll im Gang. Und damit wurde aus der fröhlichen Aufforderung "Ex und hopp!" schnell die böse "Ex- und- hopp- Mentalität", der die Ökos den Kampf angesagt hatten.
Die Einwegflasche freilich eignete sich im Grunde nicht zum Objekt der Abscheu. Denn es gab Glascontainer, und die wurden schon Ende der siebziger Jahre eifrig genutzt. Kemmer:
Aber die Bürger werfen die stummen Zeugen nächtlicher Saufgelage nicht etwa ausschließlich deshalb in die Container, weil sie damit ihr häusliches Müllproblem lösen. Vielmehr haben Umfragen ergeben — so berichtet Geschäftsführer Günther Lubisch vom Fachverband Hohlglasindustrie—, daß "Altruismus an erster Stelle steht".Altruismus? Ja, nämlich die entstehende Umweltmentalität. In einer damaligen Umfrage gaben 57 Prozent der Befragten "Umweltschutz" als Motiv dafür an, daß sie Einwegflaschen im Container entsorgten.
Die geleerte Flasche in den Container; die Scherben zu neuem Glas umgeschmolzen - dagegen ließ sich eigentlich vom Umwelt- Standpunkt nicht viel sagen. Aber es gab ja ein anderes, ein viel besseres Feindbild: Die Dose. Sie verbinden wir heute mit "Ex und hopp!"; längst nicht mehr die Flasche, die einfach wegzuwerfen sich bald ohnehin niemand mehr traute.
Warum war die Dose viel besser zum Feindbild geeignet als die Einwegflasche? Erstens, weil es für sie (damals) noch keine umweltfreundliche Entsorgung gab; der Gelbe Sack und der Grüne Punkt wurden erst 1990 eingeführt.
Zweitens, weil das Dosenbier aus Amerika gekommen war; insofern also schon verdächtig. Bei den Getränken ungefähr das, was damals MacDonald's beim Essen war.
In den USA nämlich hatte - so kann man es in "einestages" nachlesen - die Brauerei Gottfried Krueger in Newark (New Jersey) im Jahr 1933 das Dosenbier erfunden ("Krueger's Special Beer").
In den siebziger Jahren, als in Deutschland die Einwegflasche ihren Siegeszug antrat, war Dosenbier bei uns noch etwas Seltenes. Eine Spezialität; die Brauerei Henninger im amerikanisierten Frankfurt hatte es zum Beispiel im Angebot. Und Beck's in Hamburg; Zielgruppe besserverdienende Männer.
Das war ein vergleichsweise kleiner Markt. Bier trank man überwiegend, wenn nicht in der Kneipe, dann entweder aus der Einwegflasche oder aus der bepfandeten "Euro-Flasche", die damals die schöne alte Flasche mit Bügel und Porzellanverschluß schon verdrängt hatte. Jene Flasche, die der Geübte mit einer Art Handkantenschlag hatte öffnen können.
Daß man Bier auch aus Dosen trinken konnte, das sah man hauptsächlich in den Ami- Filmen, wo die Helden sie aus dem Kühlschrank holten - "easy to chill" - und zischend öffneten.
Diese Sitte, sein Bier aus Dosen zu trinken, begann sich dann in den achtziger Jahren aber auch in Deutschland auszubreiten und war in den neunziger Jahren - so können wir es dem Wikipedia- Artikel "Dosenbier" entnehmen - auf der Siegesstraße. In jenen achtziger und neunziger Jahren also, in denen auch die Öko- Bewegung auf der Siegesstraße war; auf dem Weg zur Regierungsbeteiligung der "Grünen" 1998.
Das konnte nicht gut gehen. Das mußte aufeinanderprallen.
Nicht nur, weil die Dose etwas ursprünglich Amerikanisches war. Sondern auch, weil die Umweltbewegten und die Konsumenten von Dosenbier zwei Subkulturen angehörten, wie sie gegensätzlicher nicht sein konnten.
Dosenbier trank man im Stadion, auf der Straße, in der Siedlung der Kleingärtner. Die Ökos hingegen bevorzugten französischen oder italienischen Rotwein, Mineralwasser oder ihre gesunden Säfte.
Prolls und Kleinbürger hie, dort das moralisierend- hedonistische Biotop der Studenten, Lehrer, Kleinintellektuellen. "Nur Flaschen trinken aus Dosen", der Kampfspruch der Dosengegner, drückte diesen sozialen Gegensatz recht gut aus. Und war erfolgreich.
So erfolgreich, daß 1991 ein leibhaftiger CDU- Umweltminister, Klaus Töpfer, für die Verpackungsverordnung sorgte, auf der noch heute, wenn auch durch nachfolgende Verordnungen modifiziert, das "Einwegpfand" (so die korrekte Bezeichnung für das Dosenpfand) basiert.
Ja, warum in aller Welt ist es denn notwendig, Bierdosen und dergleichen zu "bepfanden"? Da wechselten die Begründungen. Sie wechselten so, wie das oft der Fall ist, wenn es primär um's Verbieten und Erziehen geht.
Anfangs nämlich - man stand noch unter dem Einfluß des "Berichts des Club of Rome", der eine baldige Erschöpfung der Rohstoffe prophezeit hatte - ging es um das Aluminium und das Weißblech, das beim "Ex und hopp!" sozusagen im Wortsinn verschleudert wurde.
Die Dosenindustrie reagierte mit einer Kampagne "Ich war eine Dose", in der gezeigt wurde, wie aus recyleten Dosen allerlei Schönes und Nützliches entstehen kann.
Und damit hatte sie im Grunde jede Rationalität auf ihrer Seite, seit es das Duale System gab; den Gelben Sack und den Grünen Punkt.
Inzwischen sind wir Deutsche inbrünstige Mülltrenner. Unter dem Gesichtspunkt des Recycling könnte man die Dosen (und die später hinzugekommenen PET- Flaschen) ebenso gut dem Gelben Sack überantworten wie dem Rücknahme- Automaten im Getränkemarkt. Nur billiger wär's.
Die Öko-Ideologen schoben eine zweite Begründung nach, von der sie wohl dachten, daß sie auch beim für die Rohstoff- Problematik weniger empfänglichen Adressaten Anklang finden würde: Die "Verschandelung der Landschaft".
Nicht daß das kostbare Aluminium vergeudet wird, war nun das Argument, sondern daß es häßlicherweise auf FeldWaldWiese landet. Auf den Straßen Kölns nach den Drei Tollen Tagen, in Bahnabteilen und gar - immer ein gutes Argument - auf Kinderspielplätzen. Wer Pfand gezahlt hat, so das Argument, der wirft die auf diese Art wertvoll gemachte Dose aber nicht mehr weg.
Nun sind Öko-Ideologen eigentlich nicht unbedingt Fanatiker von Sauberkeit und Ordnung. Das Verschandelungs- Argument war immer mehr die Massenlinie. Die Kaderlinie hob auf ein anderes Argument ab, das immer mehr in den Vordergrund trat: Die "ökologischen Kosten", wie sie zum Beispiel in diesem Text von "Greenpeace" aus dem Jahr 1999 an die Wand gemalt werden:
Trotz ... Überzeugungsarbeit boomt die Dose enorm. (...) Von der Herstellung bis zur Entsorgung verbrauchen Dosen rund dreimal soviel Energie wie Pfandflaschen, tragen fünfmal mehr zum Treibhauseffekt bei und produzieren fast zehnmal so viel Müll. Die Branche schert sich nicht drum.Da haben wir's. Die Verbraucher resistent gegen "Überzeugungsarbeit". Die Branche schert sich nicht um die "Ökobilanz". Also muß man sie zwingen, die Branche, und uns erziehen, uns Vebraucher.
Das ist der wirkliche Sinn dieses gigantischen Systems der Bepfandung und Rücknahme mit den immensen Kosten, die es den Läden, mit den Mühen, die es dem Verbraucher aufzwingt: Just ums Aufzwingen geht es. Ich habe das in einem früheren Artikel so liebevoll ausgeführt, wie es dieses Thema verdient.
Um die Formung des Umweltbewußtseins geht es. Um die "Lenkungswirkung". Der Sinn dieses Pfandsystems ist es nicht, daß wir die Dosen und PET- Flaschen zurückschaffen, sondern daß wir sie gar nicht erst kaufen. Stattdessen nach alter Väter Sitte den Kasten Bier, das Minerlwasser in der Mehrwegflasche.
Tun wir das? Wir tun es ums Verplatzen nicht. Dies meldete gestern "Welt Online":
Der rasante Verfall der Mehrwegquote in Deutschland hat sich auch im ersten Halbjahr 2008 fortsetzt. Nach Informationen von WELT ONLINE sank der Anteil der Mehrwegflaschen bei alkoholfreien Getränken wie Wasser, Limo oder Fruchtsaft von Januar bis Juni auf nur noch 27,2 Prozent. Dies geht aus dem so genannten Consumer Scan von Marktforscher GfK hervor. Die Quote liegt damit 2,6 Prozentpunkte niedriger als im Gesamtjahr 2007 und sogar fast 25 Prozentpunkte tiefer als vor der Einführung des Pflichtpfandes zum Jahreswechsel 2003.Eine schöne Erziehungsarbeit, das! Statt uns der Weisheit unserer Regierung zu beugen, gehen wir Verbaucher in Reaktanz und machen genau das, was uns aberzogen werden soll.
Warum? Jeder Student der Nationalökonomie im zweiten Semester hätte es unseren Erziehern erklären können: Weil der Verbraucher, solange man ihm noch die Freiheit zur Entscheidung läßt, sich nach Kosten und Nutzen entscheidet.
"Weil für beides Pfand entrichtet wird, mache der Verbraucher ohnehin keinen Unterschied mehr zwischen Einweg und Mehrweg", sagte der Hauptgeschäftsführer der "Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke", Werner Witting, dem Reporter von "Welt Online". Also kaufen sie die "Einweggebinde", wenn diese günstiger zu haben sind.
Zurückbringen müssen sie ja beides, Einweg wie Mehrweg. Ein gutes ökologisches Gewissen haben sie beim einen wie beim anderen. Warum in aller Welt also sollten sie wegen des Einwegpfands auf Mehrweg umsteigen?
Und wie ist es beim Bier? Das Dosenbier verschwand in der Tat weitgehend aus den Regalen, als Trittin sein Dosenpfand durchsetzte. Aber auch hier ist Hoffnung:
Mit der Umstellung des Pfandsystems im März 2006 rückten die Dosen ebenso schnell wieder in die Regale ein, wie sie daraus verschwunden waren. Bei ihrer Rückkehr wurde die Dose von den Feuilletons gefeiert wie eine Boxlegende, die nach Jahren zurück in den Ring steigt. Das "Hamburger Abendblatt" freute sich über ein "Comeback", "Die Welt" besang den Zug aus der Blechhülse gar als "Protestgeste gegen die Bürokratisierung des Rauschs".So steht es in dem schon zitierten Artikel in "einestages".
Und wirklich - auch dort, wo ich einkaufe, stehen auf einmal wieder Bierdosen in den Regalen. Vorerst Billigmarken; aber warten wir ab.
Also Sieg? Was die "Lenkungswirkung" angeht, ja. Bisher haben wir uns nicht lenken lassen. Andererseits zahlen wir alle für diesen bürokratischen Wahnwitz.
Und nachdem der Handel große Summen in Rücknahme- Automaten, in die ganze gigantische Infrastruktur für diesen überdimensionalen Geßlerhut investiert hat, kann man ja nicht einmal mehr wünschen, daß das alles wieder abgeschafft wird.
Wir werden wohl auf alle Zeiten damit leben, so wie mit der Sektsteuer, die 1902 zur Finanzierung des Kaiser- Wilhelm- Kanals sowie der Kaiserlichen Kriegsflotte eingeführt wurde.
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