1. August 2008

Kurioses, kurz kommentiert: Wie schädigt man die SPD?

Der Antragsgegner (Wolfgang Clement) hat der Partei durch die öffentliche Aufforderung, die SPD und ihre Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl in Hessen nicht zu wählen, schweren politischen Schaden zugefügt.

Nicht erforderlich dafür ist ..., dass seine öffentlichen Äußerungen zu einer konkret messbaren Einbuße an Wählerstimmen für die Partei geführt haben. (...)

Der schwere politische Schaden liegt vielmehr darin, dass der Antragsgegner durch sein Verhalten mit dem ihm in der Öffentlichkeit aufgrund seiner früheren politischen Funktionen noch beigemessenen Gewicht entscheidend dazu beigetragen hat, dass in der Schlussphase des hessischen Wahlkampfes und danach und mit Blick auf die Breitenwirkung in den Medien bundesweit das Bild von einer zerstrittenen Partei vermittelt worden ist."


Die Schiedskommission der nordrhein-westfälsichen SPD in der Begründung ihrer Entscheidung, Wolfgang Clement aus der SPD auszuschließen.

Kommentar: Unter allen Kuriositäten, die ich bisher in dieser Rubrik kommentiert habe, scheint mir dies die kurioseste zu sein. Denn:

Eine Schiedskommission wirft, statt es bei der von der Vorinstanz ausgesprochenen Rüge zu belassen, Wolfgang Clement aus der SPD.

Dies löst, wie zu erwarten, in einem Teil der SPD freudige Zustimmung und in einem anderen Entsetzen aus, das von Kommentaren wie "suizidale(r) Charakter" (Otto Schily), "unfassbar und grotesk" (Rainer Wend, Abgeordneter des Bundestags aus NRW) und "lächerlich und beängstigend" (sein Kollege Reinhard Schultz) bis zu der Ankündigung des Leipziger Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber (SPD) reicht, im Fall eines Ausschlusses von Wolfgang Clement ebenfalls die SPD zu verlassen.

Die Berichte über diese Reaktionen tragen Überschriften wie "Clements Parteiausschluss spaltet die SPD" ("Welt Online"), "Clements Rauswurf entzweit die SPD" ("Spiegel- Online") und "Clement- Ausschluss spaltet die SPD" ("Süddeutsche Zeitung").

Und jetzt lesen wir noch einmal nach, wegen welchen Verhaltens das Schiedsgericht den Genossen Clement zum Ausschluß aus der SPD verdonnert hat. Nicht, weil seine Äußerung die SPD meßbar Stimmen in Hessen gekostet hätte. Sondern weil "bundesweit das Bild von einer zerstrittenen Partei vermittelt worden ist".



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