23. Februar 2010

Zitat des Tages: Bischöfin Käßmann erschrickt über sich selbst

Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich einen so schlimmen Fehler gemacht habe. (...) Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist. Den rechtlichen Konsequenzen werde ich mich selbstverständlich stellen.

Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, laut "Bild", zitiert in "Welt- Online", zu der Fahrt man vergangenen Samstag in Hannover, bei der sie betrunken eine rote Ampel überfuhr. Das Zitat wurde inzwischen von der Pressesprecherin der EKD Silke Römhild gegenüber "Spiegel- Online" bestätigt.


Kommentar: Daß Käßmann nach erheblichem Trinken Auto fuhr, hätte mich für sich genommen nicht zu einem Kommentar veranlaßt. Auch der wohlfeilen Häme, die jetzt über sie hereinbricht (Leserkommentar bei "Welt- Online" heute um 7.45 Uhr: "Oh, ist das peinlich für diesen Moralapostel"), kann ich nichts abgewinnen.

Aber daß jemand, der sich ein solches Delikt hat zuschulden kommen lassen (der Sachverhalt ist unbestritten, der Führerschein eingezogen), mit pastoralem Gewäsch reagiert, das hat scheint mir nun doch eine Anmerkung wert zu sein.

Sie werde sich den rechtlichen Konsequenzen selbstverständlich stellen, sagt die Bischöfin. Ja, hat sie denn eine Wahl?

Mir scheint, sie will das, was sie an von ihr überhaupt nicht beeinflußbaren juristischen Folgen in Gang gesetzt hat, in einen Akt ihres Gutmenschentums ummünzen. Hier stehe ich, ich stelle mich.

Sie sei über sich selbst erschrocken, sagt sie. Margot Käßmann ist eine Frau von 51 Jahren. Und nun erkennt sie wie ein Heranwachsender, der noch auf der Suche nach seinem Selbstbild ist, daß sie zu einer Tat fähig ist, die sie sich gar nicht zugetraut hatte?

Mir scheint, wir sollen merken: Sie ist ja eigentlich gar nicht so, daß sie so etwas tun könnte, die Bischöfin. Ihr eigentliches Ich, das gutmenschliche, erschrickt über das, was da offenbar auch noch in ihr steckt. Das klassische Muster der Bigotterie.

Und das, was da in der Bischöfin steckt und worüber sie erschrickt, das hat einen "schlimmen Fehler" gemacht. Man ist versucht, zu fragen, ob sie vielleicht auf die bekannte Äußerung von Bonapartes Polizeiminister Joseph Fouché anspielen wollte "C'est pire qu'un crime, c'est une faute" - das sei schlimmer als ein Verbrechen, es sei ein Fehler.

Aber Scherz beiseite: Unverantwortliches Handeln einen "Fehler" zu nennen, das zeigt wieder diese Tendenz, sich vom eigenen Handeln zu distanzieren. Ein Fehler unterläuft einem. Eine Tat begeht man.

Mir scheint, die Bischöfin will uns sagen: Niemals hätte sie sich dafür frei entschieden, sich betrunken ans Steuer zu setzen. Aber irgendwie hat sich da ein Fehler in ihr Verhalten eingeschlichen, ein schlimmer.

Und dann auch noch dies: "Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist". Fehlt nur noch, daß sie gesagt hätte: Also bitte nicht nachmachen.



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