15. Februar 2010

Kleines Klima-Kaleidoskop (8): Wird der Meeresspiegel wirklich steigen? Die trüben Quellen des Weltklimarats

Vor drei Wochen habe ich auf einen Artikel von Hanspeter Born in der "Weltwoche" aufmerksam gemacht, in dem sachlich und kenntnisreich die Argumente für und wider eine "menschengemachte globale Erwärmung" zusammengestellt sind. Inzwischen ist der angekündigte zweite Teil erschienen, in dem sich Born vor allem mit Climagate (der Veröffentlichung kompromittierender Emails von Klimaforschern) sowie mit den Argumenten der Klimaskeptiker befaßt. Wiederum sehr lesenswert; auch wegen der Links zu den WebSites von Klimaskeptikern.

In der aktuellen Ausgabe der "Weltwoche" (6/2010 vom 10. 2. 2010) nun ist ein weiterer Artikel von Born erschienen, auf den ich mich im Folgenden stütze. Titel: "Mängel, Behauptungen, Schlampereien". Daraus wird vor allem deutlich, in wie trüben Quellen die Autoren des letzten Sachstands- Berichts des IPCC (Fourth Assessment Report = AR4) gegründelt haben.



Erstes Beispiel: Nahrungsmittelproduktion in Afrika. Behauptet wird in AR4:
Durch Klimaschwankungen und -änderungen werden für viele Länder und Regionen Afrikas schwerwiegende Beeinträchtigungen der landwirtschaftlichen Produktion – einschliesslich des Zugangs zu Nahrungsmitteln – projiziert . . . In einigen Ländern könnten sich die Erträge aus der vom Regen abhängigen Landwirtschaft bis 2020 um bis zu 50 Prozent reduzieren.
Diese Behauptung stützt sich auf eine einzige Quelle, und zwar das Exposé eines marokkanischen Beamten namens Ali Agoumi. Nicht in einer wissenschaftlichen Zeitschrift publiziert; nicht von Fachleuten begutachtet. Veröffentlicht wurde der Text, man ahnt es, von einer Umweltschutz- Organisation.

Agoumi hatte Unterlagen der marokkanischen, der algerischen und der tunesischen Regierung eingesehen. Nur die marokkanischen enthielten die Prognose eines Rückgangs der Produktion. Die algerischen prognostizierten bis 2020 deren Verdopplung; die tunesischen enthielten überhaupt keine Prognose.

Agoumi pickte sich die Prognose für Marokko heraus. Die Autoren von AR4 machten aus Marokko "einige Länder" Afrikas.


Zweites Beispiel: Der angebliche Anstieg des Meeresspiegels. Er gehört bekanntlich zu den wichtigsten Szenarien, mit denen das IPCC uns schrecken möchte. (Übrigens hatte der "Spiegel" schon 1986 eine Fotomontage auf dem Titel, die den Kölner Dom darstellte, in Fluten versinkend).
AR4 enthält die Behauptung, daß das Ansteigen des Meeresspiegels das Nildelta und andere afrikanische Küstengebiete gefährden könnte. Auch hier gibt es eine einzige Quelle - die nicht veröffentlichte Dissertation eines Studenten an der Al-Azhar-Universität von Kairo.

Weiterhin behauptet der Bericht, daß 55 Prozent der Fläche Hollands unter dem Meersspiegel lägen. Laut offiziellen holländischen Daten sind es 26 Prozent.

In AR4 steht des weiteren:
Aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels wird projiziert, dass bis zu den 2080er Jahren viele Millionen Menschen mehr pro Jahr von Überschwemmungen betroffen sein werden. Für dichtbesiedelte Standorte sowie tiefliegende Gebiete, in denen die Anpassungskapazität relativ gering ist und die bereits durch andere Gefahren wie etwa Tropenstürme und örtliche Absenkung der Küsten bedroht sind, ist das Risiko besonders hoch.
Gibt es dafür Belege? Einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet, der schwedische Geologe und Physiker Nils-Axel Mörner, bestreitet das. Mörner war von 1999 bis 2003 Präsident der INQUA, der Internationalen Kommission für Meeresspiegelveränderungen und Küstenentwicklung. Er hat Veränderungen des Meeresspiegels empirisch untersucht und keine Hinweise auf einen bevorstehenden Anstieg gefunden.

Wie also kommt es zu der ganz anderen Prognose in AR4? Zum einen, sagt Mörner, ist von den 22 Autoren des betreffenden Abschnitts kein einziger Spezialist für die Erforschung des Meersspiegels. Mörner: "Man gab ihnen diese Aufgabe, weil sie versprachen, die richtigen Antworten zu liefern".

Das sagte Mörner dem "Weltwoche"-Autor Hanspeter Born in einem Interview. Und zu der Frage, wie die abweichenden Prognosen zustandekämen, meinte er sodann:
Ich stütze mich auf Forschungen im Feld, während die anderen in ihren Büros vor den Computern sitzen und in Modellen Gezeitenmessungen auswerten. Gezeitenmessungen sind eine komplizierte Angelegenheit, und man muss die Geologie in Betracht ziehen, wenn man sie auswertet. Die Leute vom IPCC haben sich für Hongkong entschieden, das sechs Gezeitenpegel hat, und sie haben die Messungen desjenigen Pegels ausgewählt, der einen jährlichen Anstieg des Meeresspiegels um 2,3 Millimeter anzeigt. Jeder Geologe weiss, dass Hongkong ein sinkendes Gebiet ist. Der Boden sinkt wegen der Kompression der Sedimente. Deshalb ist in diesem Fall die Gezeitenmessung genau das Mittel, das man nicht brauchen sollte.


Und dann war Mörner noch auf den Malediven, von denen jeder weiß, daß sie Opfer eines steigenden Meeresspiegels sein werden. Eine Forschungsgruppe unter seiner Leitung sammelte dort Daten und kam nach deren Auswertung zu dem Ergebnis, daß es keine Hinweise auf einen steigenden Meeresspiegel gebe.

Freute das die dortigen politischen Verantwortlichen? Mitnichten. Mörner und seine Mitarbeiter hatten einen Film hergestellt, in dem gezeigt wurde, warum die Malediven nicht gefährdet seien. Die dortige Regierung untersagte die Vorführung des Films.

Fazit von Hanspeter Born: "Und so wird wohl die Welt weiter in die Tasche greifen, auch wenn laut Professor Mörner keine Gefahr besteht, dass ein steigendes Meer die Inselrepublik überflutet".


© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Titelvignette: Drei Bilder, die sich durch das Schütteln eines Kaleidoskops ergeben. Fotografiert und in die Public Domain gestellt von rnbc.