9. Februar 2010

Kleines Klima-Kaleidoskop (7): Schrumpfende schottische Schafe, Dürre im australischen Murray-Darling-Becken und das liebe Jesuslein

Ein uralter Witz: Der kleine Jude Mosche geht in eine christliche Schule. Der Lehrer fragt: "Kann mir jemand sagen, was das ist - es ist rotbraun, hat einen buschigen Schweif und springt von Baum zum Baum?" Meldet sich Mosche: "Ich würde ja sagen, es ist ein Eichhörnchen, aber so wie ich den Laden hier kenne, ist es doch wieder das liebe Jesuslein".

Das Praktische an der globalen Erwärmung ist, daß man sehr viele Beobachtungen irgendwie mit ihr in Verbindung bringen kann. In jedem Eichhörnchen steckt ein liebes Jesuslein, oder jedenfalls in fast jedem.

Von einem skurriles Beispiel war hier im Juli vergangenen Jahres zu lesen ("Schottische Schafe schrumpfen"; ZR vom 3. 7. 2009):

Auf der schottischen Insel Hirta gibt es die Soay- Schafe. Eine für Biologen interessante Population; hervorgegangen aus Haustieren, die wieder wild leben, und zwar als geschlossene Population auf dieser kleinen Insel mit ihrem spezifischen Biotop. Diese Schafe werden - Wissenschaftler interessieren sich eben für jedes Detail - regelmäßig gewogen. Und siehe: Seit 1985 sind sie "geschrumpft", d.h. sie sind im Schnitt kleiner und leichter geworden.

Warum? Da gibt es viele Möglichkeiten; beispielsweise ein verändertes Nahrungsangebot. Kein Biotop ist ganz stabil. Im Zeitraum seit 1985 sind in dieser Region die Winter vergleichsweise milde gewesen. Also kamen vielleicht auch kleinere Schafe über den Winter, die sich weniger Fett angefressen hatten. Vielleicht waren aber auch die Muttertiere im Schnitt jünger und brachten dadurch kleinere Junge zur Welt.

Wie auch immer - die Autoren der Untersuchung vermuten, daß milde Winter eine Rolle gespielt haben. Winter sind halt mal milde und mal so streng, wie wir es heuer erleben.
Ob die Periode milder Winter in der Region der schottischen Insel Hirta einer "globalen Erwärmung" zu verdanken war, weiß niemand. Aber es wird so interpretiert. Immer das liebe Jesuslein.



Ein anderes, aktuelles Beispiel hat jetzt Marc Sheppard recherchiert; gestern berichtete er darüber im American Thinker, dessen Umweltressort er leitet. (Siehe dazu auch den ebenfalls gestern erschienen Artikel von Anthony Watts zum selben Thema).

Im Vierten Bericht des IPCC (eine Zusammenfassung findet man hier) wird unter anderem behauptet, eine Dürreperiode im australischen Murray- Darling- Becken sei auf die "globale Erwärmung" zurückzuführen. Durch steigende Temperaturen würde nämlich die Verdunstung zunehmen, was zu einer Dürre führen oder zu ihr beitragen könne.

Im vergangenen Dezember ist in den Geophysical Research Letters eine Untersuchung erschienen, deren Autoren (Natalie Lockart, Dmitri Kavetski und Stewart W. Franks von der australischen University of Newcastle) dieser Theorie heftig widersprechen. Die Kausalität sei gerade umgekehrt: Nicht hohe Temperaturen verursachen eine Dürre, sondern wenn es aufgrund von zu geringen Regenfällen zu einer Dürre kommt, dann steigen die Temperaturen, weil es weniger Verdunstung und damit auch weniger Verdunstungskälte gibt.

In einer Email an Marc Sheppard erläuterte Professor Franks, einer der Autoren, einen weiteren Aspekt: Eine Dürre geht in der Regel mit einer geringen Wolkendecke einher. Dadurch gibt es erhöhte Einstrahlung der Sonne, also eine Erwärmung. Diese ist aber eben nicht die Ursache der Dürre, sondern Dürre und Temperaturanstieg haben eine gemeinsame Ursache, nämlich geringen Niederschlag.

Die Arbeit der drei australischen Autoren schließt mit einem pikanten Detail:
Die Behauptung, die Dürre im Murray- Darling- Becken ginge u.a. auf erhöhte Temperaturen infolge einer menschengemachten globalen Erwärmung zurück, stammt von David Karoly und Neville Nicholls.
Nicholls war einer der Hauptautoren des Kapitels 9 des Berichts des IPCC, in dem diese Behauptung übernommen wurde. Der Gutachter für dieses Kapitel war Karoly.

"Hence they cite and review their own papers as part of the clearly flawed IPCC process", hat Professor Franks dazu Marc Sheppard gemailt - diese Autoren würden also ihre eigenen Arbeiten zitieren und selbst begutachten; Teil des mit Mängeln behafteten Ablaufs beim IPCC.



Ob Nicholls und Karoly Recht haben oder ihre jetzigen Kritiker von der Newcastle University, kann ich nicht beurteilen. Wie in allen Beiträgen, die ich diesem Thema schreibe, bekenne ich mich weder zum Glauben an die menschengemachte globale Erwärmung, noch behaupte ich, es gäbe sie nicht.

Es geht mir nicht darum, als Laie auf der inhaltlichen Ebene zu einer wissenschaftlichen Diskussion Stellung zu nehmen. Das will und kann ich nicht; auch wenn andere Nichtfachleute sich das zutrauen (aktuell zum Beispiel der gestern vom britischen Daily Express als "führender Analytiker" vorgestellte Klimaskeptiker Professor Michael Beenstock; er ist seines Zeichens Wirtschaftswissenschaftler).

Sondern es geht mir um den Forschungsprozeß. Dieser verlangt die freie wissenschaftliche Diskussion. Er verlangt, daß alternative Erklärungen für einen Sachverhalt gegeneinander abgewogen werden.

Unter der Ägide des IPCC findet das offenbar unzureichend statt. Die Berichte dieser Institution erhalten keine faire Darstellung der verschiedenen wissenschaftlichen Positionen, der unterschiedlichen Erklärungsmöglichkeiten für ein Phänomen.
Stattdessen herrscht eine offensichtliche Tendenz, daß Autoren mit einer bestimmten Meinung - nämlich der alarmistischen von der menschengemachten globalen Erwärmung - nicht nur als Hauptautoren fungieren, sondern gleich auch noch ihre eigenen Arbeiten, oder die ihrer wissenschaftlichen Mitstreiter, begutachten. Bad Science.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen Folgen dieser Serie finden Sie hier. Titelvignette: Drei Bilder, die sich durch das Schütteln eines Kaleidoskops ergeben. Fotografiert und in die Public Domain gestellt von rnbc.