17. November 2008

Zettels Meckerecke: Was haben Peter Sodann und Thorsten Schäfer-Gümbel gemeinsam?

Im Sender "Phoenix" hat der Kandidat der Partei "Die Linke" für das Amt des Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland, Peter Sodann, dem Redakteur Alfred Schier ein Interview gegeben, das am vergangenen Samstag gesendet wurde.

Darin sagte er unter anderem - man kann es im Bericht von "Focus- Online" lesen - das Folgende über seine geplante Amtsführung als Bundespräsident und den Staat, dessen Oberhaupt er gern werden möchte:
Es kann ja durchaus sein, dass ein Gesetz gemacht wird, das mir gefällt – dann unterschreibe ich das. Und wenn es mir nicht gefällt, dann unterschreibe ich es nicht. (...)

Wenn andere meinen, sie haben eine Demokratie, dann ist es doch ihr Recht, das zu äußern. Und ich äußere eben: Wir haben keine richtige Demokratie.
Vom Artikel 1 des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen schützt, hat der Kandidat die Vorstellung, daß es in dessen "Nachsatz" heiße:
"Der Staat hat die Pflicht, diesen Artikel mit aller Gewalt durchzusetzen." Das macht er aber nicht.
Mit solchen staatsbürgerlichen Kenntnissen, mit denen jeder Einwanderer durch den Einbürgerungstest fallen würde, will Peter Sodann gern Bundespräsident werden.

Wenn man solche Äußerungen liest, dann kann man verstehen, wie der FAZ- Redakteur Peter Richter nach dem Besuch einer Veranstaltung mit Peter Sodann zu dem Urteil kam: "An jedem vorstädtischen Eckkneipenstammtisch wird differenzierter ... argumentiert." Was Peter Richter auch noch über Sodann schrieb, habe ich hier bereits einmal zitiert.



Nein, Thorsten Schäfer- Gümbel, auch er ein Überraschungs- Kandidat einer linken Partei, hat mit Peter Sodann nicht gemeinsam, daß er keine Ahnung vom demokratischen Rechtsstaat hat und daß er eine Diktion unterhalb jedes Stammtisch- Niveaus pflegt.

Gegen Peter Sodann, und wahrscheinlich überhaupt, ist Schäfer- Gümbel ein gebildeter, rechtsstaatlich denkender, ernst zu nehmender Mann. Die Gemeinsamkeit, auf die ich aufmerksam machen möchte, liegt auf einer anderen Ebene.

Peter Sodann war ja kein Unbekannter, als die Kommunisten ihn für das höchste Amt in unserem Staat nominierten. Er war in der DDR zumindest lokal prominent gewesen, er war und ist in der Bundesrepublik ein Star; nicht nur als TV-Held, sondern auch als Gast in zahllosen TV-Shows. Der Artikel von Peter Richter in der FAZ erschien lange vor seiner Nominierung, am 9. September 2007.

Die Spitze der Partei "Die Linke" hat also, als sie ihn nominierte, nicht die Katze im Sack gekauft. Sie kannte das Demokratie- Verständnis dieses Mannes ("Ich glaube fest daran, dass das Experiment, das wir in der DDR erlebt haben, irgendwann noch einmal von vorn losgeht. (...) Die Menschen brauchen wieder Utopien für das, was kommen soll"; ich habe es hier zitiert). Man kannte auch das intellektuelle Niveau von Peter Sodann.

Man hat ihn in Kenntnis dieses seines Wesens nominiert.

Deutlicher konnte die Spitze von "Die Linke" ihre Mißachtung unseres Staats, ja ihre Verachtung für den demokratischen Rechtsstaat überhaupt gar nicht ausdrücken. Wer eine solche Figur wie Peter Sodann gern im höchsten Amt dieses Staats sehen möchte oder das jedenfalls vorgibt, der sagt damit über sein Verhältnis zu diesem Staat mehr als durch lange Deklarationen. Auch durch eine Kandidatur kann man seinen mangelnden Respekt demonstrieren.



Ja, aber warum waren sie so dumm, Bisky und Gysi, ihr Verhältnis zu unserem Staat durch ihre Entscheidung so offen kundzutun? Sie agieren doch sonst nicht so durchsichtig, nicht so plump.

Die Antwort dürfte einfach sein: Sie bekamen keinen besseren.

Seit dem Frühjahr dieses Jahres war es zu erwarten, daß die Kommunisten einen eigenen Kandidaten - bevorzugt eine Kandidatin - aufstellen würden. Seit dem Sommer wird intensiv gesucht. Namen wie Christa Wolf und Luc Jochimsen wurden gehandelt und verschwanden wieder. Wie viele respektable Personen die Kommunisten noch kontaktiert haben mögen, bevor sie sich für Peter Sodann entschieden, ist unbekannt.

Warum bekamen sie keinen besseren? Warum haben sie niemanden aus dem Kulturleben finden können, der ihrer Partei Ehre gemacht hätte? Und warum hat sich eigentlich nicht einer der Ihren zur Kandidatur bereitgefunden, sagen wir, Hans Modrow, Klaus Höpcke oder Christa Luft?

Man kann da nur spekulieren. Ob Christa Luft und Klaus Höpcke überhaupt bereit wären, in diesem Staat, der aus ihrer Sicht nach wie vor der Staat des Klassenfeinds sein dürfte, das höchste Amt anzustreben, darf man bezweifeln. Beide haben erst im April dieses Jahres in einem offenen Brief Sahra Wagenknecht zur Stellvertretenden Vorsitzenden ihrer Partei vorgeschlagen.

Vor allem aber dürfte diese und andere mögliche Kandidaten von Gewicht das offenkundig Unehrliche dieser Kandidatur abgeschreckt haben. Jeder weiß, daß die Partei "Die Linke" unter allen denkbaren Umständen in der Bundesversammlung die Kandidatin Gesine Schwan wählen wird. Diese Wahl soll sie ja der Anerkennung als demokratische Partei, soll sie einer schließlichen Volksfront- Regierung zusammen mit der SPD und den Grünen ein Stücklein näher bringen; sei es 2009 oder sei es - im Augenblick wahrscheinlicher - erst 2013.

Man wird folglich Gesine Schwan wählen; aber erst dann, wenn es ernst wird, also im zweiten oder dritten Wahlgang. Zuvor möchte man ein wenig Tamtam machen; möchte man zeigen, wie ausschlaggebend die eigenen Stimmen dann im entscheidenden Wahlgang sind. Also wird eine eigener Kandidat aufgestellt.

Und für dieses unehrliche Spiel, für diese Schmierenkomödie fand man eben nur einen Komödianten als Mitspieler.



Damit sind wir bei Thorsten Schäfer- Gümbel. Nein, er ist kein Komödiant. Er ist nur ein junger Nachwuchs- Mann der hessischen SPD, ein Hinterbänkler, der aus eigener Kraft so wenig die Kandidatur für das Amt des hessischen Ministerpräsidenten erreicht hätte, wie Energie Cottbus in dieser Saison deutscher Fußball- Meister werden wird.

Schäfer- Gümbel wurde aus demselben Grund Kandidat wie Peter Sodann: Weil von vornherein sicher war, daß es bei der Kandidatur bleiben würde.

Hätte die Partei "Die Linke" auch nur den Hauch einer Chance, den Bundespräsidenten zu stellen, dann hätte sie auch einen respektablen Kandidaten. Würde sich Frau Ypsilanti die geringste Hoffnung darauf machen, daß die SPD nach dem 18. Januar 2009 die Regierung bilden könnte, dann wäre sie selbst die Nummer eins der Liste.

Sodann wie Schäfer-Gümbel, der "Sühneprinz", sind Witzfiguren in der Funktion, in die man sie jetzt geschoben hat. Nur mag sich Peter Sodann als Kabarettist und Komödiant in dieser Rolle ganz wohl fühlen. Was Thorsten Schäfer- Gümbel bewogen hat, sich für die Komödie herzugeben, ist mir ein Rätsel.



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