30. November 2008

Zitate des Tages: Deutschland als Diener dreier Herren. Sprünge über Bord. Was tun gegen die somalischen Piraten?

Die Deutsche Marine bereitet sich einstweilen darauf vor, mit gleich drei Fregatten am Horn von Afrika tätig zu werden. Eine wäre der EU unterstellt, die zweite der Nato, die dritte der Anti- Terror- Operation "Enduring Freedom".

Aus einer Vorausmeldung zum "Spiegel" der kommenden Woche.

Three men who jumped off their ship to escape from Somali pirates in the Gulf of Aden have been identified as the vessel's security guards.

(Drei Männer, die von ihrem Schiff sprangen, um somalischen Piraten im Golf von Aden zu entkommen, sind als die Sicherheitsleute des Schiffs identifiziert worden.)

Aus einer gestrigen Meldung der VOA News.

Kommentar: Zwei Meldungen, beide bezeichnend für die Probleme beim Kampf gegen die somalischen Piraten.

Die Sicherheitsleute flohen von dem unter liberianischer Flagge fahrenden Tanker Biscaglia, den sie hatten bewachen sollen. Sie sind Angestellte der Sicherheitsfirma AntiPiracy Maritime Security Solutions (APMSS) mit Sitz in Großbritannien.

Warum flohen die Männer, statt zu kämpfen? Weil sie gar nicht kämpfen konnten. Sie waren nämlich unbewaffnet.

Ihre Aufgabe hatte laut dem Chef der Firma, Nick Davis, lediglich darin bestanden, großen Lärm zu machen. Da das die Piraten leider nicht abgeschreckt hatte, flohen die drei Helden.

Und zwar nicht vor einer Armada von Piraten, sondern vor gerade mal fünf, die in einem Schnellboot an das Schiff herangefahren waren. Diese waren weniger friedlich gesonnen als die Sicherheitsleute. Sie schossen gemeinerweise auf diese, "even after they had jumped into the water", sogar nachdem sie schon ins Wasser gesprungen waren; so der Sicherheitschef Nick Davis.

Nicht weniger kurios ist die andere Meldung: Wer die Ehre haben darf, gegen die Piraten zu fechten, darüber streiten sich EU, Nato und Uno. Und die Bundesrepublik sitzt als das Weltkind in der Mitten, das offenbar erwägt, dann eben jeder dieser Organisationen je eine Fregatte der Bundesmarine zu offerieren.



Zwei Meldungen, die das illustrieren, was Califax am Freitag in einer ausgezeichneten Analyse dargelegt hat: Die Bekämpfung des somalischen Piratentums ist eine immense Aufgabe, die Gewalt und Blutvergießen verlangen wird; aber auch Bemühungen, in Somalia wieder so etwas wie eine Staatsgewalt herzustellen.

Im Zwanzigsten Jahrhundert galt die Piraterie als nahezu ausgerottet. Mit dem Wort "Pirat" verband man, je nach Generation, Errol Flynn, Dustin Hoffman oder Johnny Depp, aber keine reale Gefahr.

Piraten - das war etwas Historisches, auch etwas Exotisches und Romantisches. Die Piraten der Karibik im 17. und im frühen 18. Jahrhundert gehörten zum Allgemeinwissen; die nordafrikanische Piraterie der "Barbarenküste" im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert war eher Teil des Bildungsguts derer, die mit Voltaires "Candide" oder mit Rossinis "Italienierin in Algiers" vertraut waren.

Ganz verschwunden war das Piratentum zwar nie; aber es war doch zu einer Randerscheinung geworden, existent vor allem noch in Südostasien. Jetzt sind die Piraten zurück; dort, wo es auch uns weh tut, weil die Schiffe bedroht sind, die Güter von und nach Europa transportieren.

Piratentum entsteht dort, wo Staaten korrupt oder schwach sind. Schiffe zu kapern ist einfach; mit der Beute etwas anfangen, ohne daß man bald Beute und Freiheit verliert, wenn nicht das Leben, ist schwer.

Piraterie verlangt sichere Zufluchten. Diese bot die unübersichtliche und umstrittene Karibik; diese boten die korrupten Staaten der Barbarenküste. Heute bieten sie Failed States wie Somalia. Deshalb ist das Piratentum zurück.

Es wird nichts übrig bleiben, als nach der Strategie zu verfahren, die Thomas Jefferson gegen die Piraten der nordafrikanischen Barbarenküste durchgesetzt hat: Nicht den scheinbar bequemen Weg gehen und Lösegeld zahlen; damals gar Tribute. Sondern international zusammenarbeiten und den Piraten mit der einzigen Sprache begegnen, die sie verstehen, der Sprache der Gewalt.



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