20. November 2008

Marginalie: Der Fall Swetlana Bachmina. Ein Blick in Putins Rußland

Als Michael Chodorkowski verfolgt und verurteilt wurde, weil er Putin zu mächtig geworden war, schlug die russische Justiz nicht nur gegen ihn zu. Es gab, wie Masha Lipman heute in der Washington Post schreibt, "Kollateralschaden" in Gestalt der Verurteilung von Menschen aus dem Umfeld von Chodorkowski. Nach dem Prinzip, daß wer Kontakt zu einem Staatsfeind hatte, selbst ein Staatsfeind ist.

Swetlana Bachmina, die als Anwältin für Chodorkowskis "Jukos" gearbeitet hatte, wurde wegen "Veruntreuung" zu sieben Jahren Haft verurteilt; diese wurden später auf sechseinhalb Jahre reduziert. Gerade oberhalb der Grenze, bei der sie hätte amnestiert werden können. Sie wurde verurteilt, obwohl nicht einmal die Firma, deren Geld sie angeblich veruntreut hatte, einen ihr entstandenen Schaden melden konnte.

Jetzt ist Swetlana Bachmina schwanger mit einem Kind, das bei einem kurzen Hafturlaub gezeugt wurde. Sie sitzt in einem Gefängnis weit entfernt von Moskau, wo ihr Mann mit ihren Kindern lebt. Mehrere Gnadengesuche wurden abgelehnt, zuletzt von Medwedew persönlich, an den Bachmina sich gewandt hatte.

Die Affäre zieht in Rußland Kreise. Ein Brief an Präsident Medwedew, in dem dieser aufgefordert wird, Frau Bachmina zu begnadigen, wurde von fast 86.000 Personen unterzeichnet, einer - wie Masha Lipman schreibt - für russische Verhältnisse immensen Zahl.

Der Mann auf der Straße freilich habe wenig Sympathie für Bachmina. Er sehe sie vor allem als Mitarbeiterin Chodorkowskis, also "der Reichen", die in Rußland weithin als Diebe gelten würden. Man neide Bachmina die öffentliche Aufmerksamkeit.

Letzte Woche, so schließt Masha Lipman ihren Artikel, gab es Erleichterungen für Swetlana Bachmina. Sie darf jetzt ihr Kind außerhalb des Gefängnisses zur Welt bringen.

Masha Lipman ist Russin und lebt in Moskau, wo sie für die Carnegie-Stiftung arbeitet. Daß sie diesen Artikel in der Washington Post publiziert, in dem sie die heutige russische Justiz mit derjenigen der Sowjetunion vergleicht, ist auch ein Akt persönlichen Muts.



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