3. November 2008

Marginalie: Fluch der Lüge. Mit Ypsilanti ist ein Politikverständnis gescheitert

Als Frau Ypsilanti im Februar hatte erkennen lassen, daß sie ihr Wort brechen würde, gab ihr der Politologie Franz Walter Flankenschutz mit einem Artikel im "Spiegel". Überschrift: "Lob der Lüge".

"Lüge" beschreibt treffend die Politik, die heute gescheitert ist. Franz Walter hat sie freilich empfehlen wollen. Auszug:
Denn in der Politik geht es um Macht, nicht um Sinnstiftung, nicht um Identitätswahrung, nicht einmal um Glaubwürdigkeit. Ein Politiker, der ein "grundehrlicher Kerl" sein möchte, wäre eine katastrophale Fehlbesetzung. (...)

Insofern müssen Politiker kaltschnäuzig, unsentimental, knochenhart, listig sein. Sie müssen als kühl kalkulierende Strategen überzeugen. Aber ein Stratege darf um Himmels willen nicht auf dem offenen Markt Wahrheiten ausplaudern. Ein Stratege hat die nächsten Züge nicht anzukündigen, gar zur Abstimmung zu stellen.

Ein Stratege operiert geheim; er täuscht, legt falsche Spuren, hebt Fallgruben aus, lauert hinter Hecken. Ein Stratege und großer Politiker muss - ja, er muss - zuweilen Potemkinsche Dörfer errichten, ohne Skrupel von links nach rechts und zurück rochieren, mindestens den Gegner durch falsche Ankündigungen in die Irre führen. Man muss nur aufpassen, dass dies alles zugleich als "glaubwürdig" erscheint.
Nach diesem Rezept ist Frau Ypsilanti verfahren.

Die Strategin hat nur eines nicht bedacht: Daß es auch in der Politik Menschen geben könnte, die dieses machiavellistische Spiel nicht mitspielen.

Mein damaliger Kommentar zu dem Text von Franz Walter ist hier zu lesen.



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