25. November 2008

Zitat des Tages: "Obama will die Präsidentschaft Clintons wieder herstellen". Ein Präsident auf höherer Warte.

The unsurprising moderation of Barack Obama has caught many people by surprise. At this point, he seems intent on restoring a version of the old Clinton presidency. (...) The erstwhile "change" candidate seems intent on vindicating that old French expression: The more things change, the more they remain the same.

(Die nicht überraschende Bewegung Obamas hin zur Mitte hat viele Leute überrascht. Gegenwärtig scheint er zu beabsichtigen, die alte Präsidentschaft Clintons in einer neuen Variante wieder herzustellen. (...) Der einstige Kandidat des "Change" scheint die Absicht zu haben, die alte französischen Redensart zu rechtfertigen: Je mehr sich etwas ändert, um so mehr bleibt es sich gleich.)

Richard Cohen in der heutigen Washington Post über Barack Obama.

Kommentar: Cohen fragt sich in der Kolumne auch, woher denn eigentlich die Schärfe der Auseinandersetzung mit Hillary Clinton im Vorwahlkampf gekommen sei, da die beiden doch offenbar weitgehend dieselben Positionen hätten. Dazu schreibt er:
Usually, the passion of the campaign is shared by the candidates themselves and, for sure, their staffs. (...) But with Obama, he seemed always to distance himself from the heat of the campaign and to look down at it, as he did with that immense crowd in Berlin, as being of short-term use.

Üblicherweise teilen die Kandidaten selbst und gewiß auch ihre Teams die Passionen des Wahlkampfs. (...) Aber was Obama angeht - er schien sich immer von der Hitze des Wahlkampfs zu distanzieren und auf diesen herabzublicken, so wie er auf die riesige Menge in Berlin herabblickte. Als auf etwas, das nur vorübergehend von Nutzen ist.
In der Tat.

Im Vorwahlkampf hatte Obama den Welterlöser gegeben, hatte er den Mann gespielt, der alles ändern wird, der mit "Washington" aufräumen will. "Yes, we can" - das sollten seine Wähler ihm abnehmen. Gemeinsam könne man den Wandel schaffen, die "Welt heilen".

Als er diese Rhetorik am selben Tag aufgab und sich zum nüchternen Staatsmann wandelte, an dem er die Nominierung in der Tasche hatte, da wurde mir klar, was dieser Mann ist: Ein politisches Chamäleon.

Cohen freilich sagt das freundlicher, mit einer fast schon überirdisch sanften Ironie:
Obama's campaign showed us a candidate of maximum cool. He has always remained ironically detached, and that has served him -- and now us -- very well indeed. It's now clear that he will not govern from the left and not really from the center but, as his campaign suggested, from above it all.

Obamas Wahlkampf zeigte uns einen maximal coolen Kandidaten. Er blieb immer ironisch abgehoben, und das hat ihm - und jetzt uns - in der Tat sehr gute Dienste geleistet. Es ist jetzt klar, daß er nicht von der Linken und eigentlich auch nicht wirklich von der Mitte aus regieren wird, wie das sein Wahlkampf nahegelegt hatte, sondern von einer höheren Warte aus.
Fragt sich nur, ob seine Wähler diese Position der Ironie, diese höhere Warte auch erkannt hatten, als sie Barack Obama erst Hillary Clinton und dann John McCain vorzogen.



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