Nein, nicht eine Informationsmangel- Wirtschaft. Wir leiden nicht unter Informationsmangel, ganz gewiß nicht.
Aber wir haben eine Mangelwirtschaft, was die Ware "Information" angeht. Die Nachfrage nach Informationen ist bei uns, wie die Nachfrage nach Konsumgütern im Sozialismus, ungleich größer als das Angebot.
Die Nachfrage jedenfalls nach guten Informationen, nach spannenden Themen, nach wirklichen "Issues", wie die Amerikaner das nennen - Punkte, die zu diskutieren, zu denen seine Meinung zu formulieren sich lohnt.
Irgendwer - es könnte Mark Twain gewesen sein; ich bin aber nicht sicher - hat sich einmal darüber gewundert, daß jeden Tag just soviel passiert, wie in eine Tageszeitung paßt.
Das war in der guten alten Zeit. Heute erfüllt die Wirklichkeit längst nicht mehr ihr Soll an Ereignissen. Sie ist dürftig, uninteressant, monoton, die Wirklichkeit. Gemessen an dem Nachrichtenhunger aller dieser Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Nachrichtensendungen, Talk- Shows, Informationsdienste, Blogs und so fort.
Was tun? Erstens aus der kargen Wirklichkeit sozusagen den letzten Ertrag an Nachrichten herausholen, wie der Karst- Bauer aus seinem felsigen Boden. In Gottes Namen halt Mücken fangen und zusehen, ob sie sich nicht in einen halbwegs passablen Elefanten verwandeln lassen.
Zweitens kann man auf das kurze Gedächtnis des lesenden, des zusehenden Publikums vertrauen. Man könnte auch sagen: auf seine Abhärtung, was "more of the same" angeht.
Darauf also, daß in einer Zeit, in der die Programmzeitschriften nicht mehr alte Filme usw. mit "Wiederholung" kennzeichnen, sondern die seltenen Erstausstrahlungen mit "NEU", ohnehin niemand mehr damit rechnet, daß "News" Neues bedeutet. Sondern Altvertrautes: In Bagdad sind Bomben explodiert; die Gewerkschaften fordern mehr Lohn; die Opposition kritisiert die Regierung; die Regierung weist die Kritik der Opposition zurück.
Kinder delektieren sich daran, immer wieder dasselbe Märchen erzählt zu bekommen. Ja, sie protestieren oft, wenn Mami oder Papi nicht aufpassen und beim Erzählen vom authentischen, sozusagen sakrosankten Text abweichen.
In meiner Karl- May- Phase, ungefähr zwischen acht und zwölf Jahren, habe ich jeden der grünen Bände wieder und wieder gelesen; ihn irgendwo aufschlagend oft, à la Bibelstechen. Ich wußte ja längst, was passierte; egal, wo ich den Band aufschlug. Aber es zu lesen war dennoch, oder vermutlich just deshalb, schön.
Mag sein, daß es dem Kirchgänger so geht, wenn er wieder und wieder die Litanei angeboten bekommt; und die ewig gleichen Predigten, mit kleinen Variationen.
Eine solche Mentalität geduldigen Lebens in und mit einer sozusagen nietzsche'schen Welt der Ewigen Wiederkehr des Gleichen brauchen wir, wir Heutigen. Sonst müßte sie uns unerträglich werden, diese Informations- Mangelwirtschaft.
Mir ist das gestern aufgefallen, als ich die TV-Talkshow im Hintergrund laufen hatte, die bis vor kurzem "Berlin Mitte" hieß und die jetzt offiziell den Namen bekommen hat, unter dem sie für die meisten wohl schon informell gelaufen war: Maybrit Illner.
Eine gute Moderatorin, die souverän die Balance hält zwischen Unparteilichkeit und pointiertem Fragen, zwischen charmanter Freundlichkeit und einer straffen Diskussionsleitung.
Nur - auch ihre Redaktion kann sich halt in einer Informations- Mangelgesellschaft die neuen Knüller, die spannenden Themen nicht aus den Rippen schneiden.
Also ging es gestern Abend mal wieder um die RAF, um Gnade oder nicht Gnade, um Killer oder Mörder oder Gesinnungstäter, um Reue oder Nichtreue.
Die Runde war nicht schlecht besetzt. Aber kein Argument, kein einziger Gedanke, absolut nichts war neu. Das alles hat man seit Wochen wieder und wieder gehört und gelesen. Roland Koch sagte, was Roland Koch immer sagt. Claus Peymann sagte, was Claus Peymann immer sagt. Rupert von Plottnitz sagte, was Christian Ströbele immer sagt.
Das Thema ist ausgelutscht, wie ein Thema überhaupt nur ausgelutscht sein kann. So, wie das Thema "demographischer Wandel". So, wie das Thema "Wie gehen wir mit dem Islam um?". So, wie Globalisierung, Gesundheitsreform usw. usw. usw.
Alles ist gesagt, die Sache ist gedreht und gewendet und umgestülpt, sie ist unter allen denkbaren Aspekten betrachtet worden.
Nur - was sollen sie machen, die armen Redaktionen, die ja nicht ihre Talk- Show mit der Begründung absagen können, es gebe leider nichts Neues, das eine Diskussion lohne?
Sie haben es halt nicht so gut wie ein Blogger, der sich entschließen kann, zu einem Thema einfach nichts mehr zu schreiben.
Aber wir haben eine Mangelwirtschaft, was die Ware "Information" angeht. Die Nachfrage nach Informationen ist bei uns, wie die Nachfrage nach Konsumgütern im Sozialismus, ungleich größer als das Angebot.
Die Nachfrage jedenfalls nach guten Informationen, nach spannenden Themen, nach wirklichen "Issues", wie die Amerikaner das nennen - Punkte, die zu diskutieren, zu denen seine Meinung zu formulieren sich lohnt.
Irgendwer - es könnte Mark Twain gewesen sein; ich bin aber nicht sicher - hat sich einmal darüber gewundert, daß jeden Tag just soviel passiert, wie in eine Tageszeitung paßt.
Das war in der guten alten Zeit. Heute erfüllt die Wirklichkeit längst nicht mehr ihr Soll an Ereignissen. Sie ist dürftig, uninteressant, monoton, die Wirklichkeit. Gemessen an dem Nachrichtenhunger aller dieser Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Nachrichtensendungen, Talk- Shows, Informationsdienste, Blogs und so fort.
Was tun? Erstens aus der kargen Wirklichkeit sozusagen den letzten Ertrag an Nachrichten herausholen, wie der Karst- Bauer aus seinem felsigen Boden. In Gottes Namen halt Mücken fangen und zusehen, ob sie sich nicht in einen halbwegs passablen Elefanten verwandeln lassen.
Zweitens kann man auf das kurze Gedächtnis des lesenden, des zusehenden Publikums vertrauen. Man könnte auch sagen: auf seine Abhärtung, was "more of the same" angeht.
Darauf also, daß in einer Zeit, in der die Programmzeitschriften nicht mehr alte Filme usw. mit "Wiederholung" kennzeichnen, sondern die seltenen Erstausstrahlungen mit "NEU", ohnehin niemand mehr damit rechnet, daß "News" Neues bedeutet. Sondern Altvertrautes: In Bagdad sind Bomben explodiert; die Gewerkschaften fordern mehr Lohn; die Opposition kritisiert die Regierung; die Regierung weist die Kritik der Opposition zurück.
Kinder delektieren sich daran, immer wieder dasselbe Märchen erzählt zu bekommen. Ja, sie protestieren oft, wenn Mami oder Papi nicht aufpassen und beim Erzählen vom authentischen, sozusagen sakrosankten Text abweichen.
In meiner Karl- May- Phase, ungefähr zwischen acht und zwölf Jahren, habe ich jeden der grünen Bände wieder und wieder gelesen; ihn irgendwo aufschlagend oft, à la Bibelstechen. Ich wußte ja längst, was passierte; egal, wo ich den Band aufschlug. Aber es zu lesen war dennoch, oder vermutlich just deshalb, schön.
Mag sein, daß es dem Kirchgänger so geht, wenn er wieder und wieder die Litanei angeboten bekommt; und die ewig gleichen Predigten, mit kleinen Variationen.
Eine solche Mentalität geduldigen Lebens in und mit einer sozusagen nietzsche'schen Welt der Ewigen Wiederkehr des Gleichen brauchen wir, wir Heutigen. Sonst müßte sie uns unerträglich werden, diese Informations- Mangelwirtschaft.
Mir ist das gestern aufgefallen, als ich die TV-Talkshow im Hintergrund laufen hatte, die bis vor kurzem "Berlin Mitte" hieß und die jetzt offiziell den Namen bekommen hat, unter dem sie für die meisten wohl schon informell gelaufen war: Maybrit Illner.
Eine gute Moderatorin, die souverän die Balance hält zwischen Unparteilichkeit und pointiertem Fragen, zwischen charmanter Freundlichkeit und einer straffen Diskussionsleitung.
Nur - auch ihre Redaktion kann sich halt in einer Informations- Mangelgesellschaft die neuen Knüller, die spannenden Themen nicht aus den Rippen schneiden.
Also ging es gestern Abend mal wieder um die RAF, um Gnade oder nicht Gnade, um Killer oder Mörder oder Gesinnungstäter, um Reue oder Nichtreue.
Die Runde war nicht schlecht besetzt. Aber kein Argument, kein einziger Gedanke, absolut nichts war neu. Das alles hat man seit Wochen wieder und wieder gehört und gelesen. Roland Koch sagte, was Roland Koch immer sagt. Claus Peymann sagte, was Claus Peymann immer sagt. Rupert von Plottnitz sagte, was Christian Ströbele immer sagt.
Das Thema ist ausgelutscht, wie ein Thema überhaupt nur ausgelutscht sein kann. So, wie das Thema "demographischer Wandel". So, wie das Thema "Wie gehen wir mit dem Islam um?". So, wie Globalisierung, Gesundheitsreform usw. usw. usw.
Alles ist gesagt, die Sache ist gedreht und gewendet und umgestülpt, sie ist unter allen denkbaren Aspekten betrachtet worden.
Nur - was sollen sie machen, die armen Redaktionen, die ja nicht ihre Talk- Show mit der Begründung absagen können, es gebe leider nichts Neues, das eine Diskussion lohne?
Sie haben es halt nicht so gut wie ein Blogger, der sich entschließen kann, zu einem Thema einfach nichts mehr zu schreiben.