23. April 2012

Zitat des Tages: "Die Piraten verstärken die Politikverdrossenheit". Die Piratenpartei ist die bisher fehlende populistische deutsche Protestpartei

Die repräsentative Demokratie durch Volksentscheide zu ersetzen, den Parteien die Konsensfähigkeit abzusprechen und Parlamente und Abgeordnete pauschal zu verunglimpfen - das schafft keine Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Die Piraten lassen Enttäuschte zurück, wenn die Welt am Ende doch nicht so einfach ist, wie sie glauben machen. Damit verstärken sie am Ende die Politikverdrossenheit.
Björn Böhning, netzpolitischer Sprecher der SPD und Chef der Berliner Senatskanzlei, heute in der FAZ über die Piratenpartei.

Kommentar: Vielleicht verstärken die Piraten die "Politik­verdrossenheit", also den Verdruß an der Politik. Vor allem aber verdanken sie diesem Verdruß, der Unzufriedenheit mit den "etablierten Parteien", ihren Aufstieg.

Diese Unzufriedenheit gibt es überall in Europa, und überall hat sie Protestparteien großgemacht - den FN in Frankreich, den Vlaams Belang in Belgien, die Lega Nord in Italien und so fort.

Das sind alles populistische Parteien, die wie die Piraten auf der "Mitwirkung des Volks" bestehen, die wie diese eine Kluft sehen zwischen der "politischen Klasse" und "dem Volk". Es sind zugleich aber auch mehr oder weniger weit rechts stehende Parteien.

Solche Parteien rechts von der Union haben in Deutschland keine Chance. Es gab da also ein Vakuum: Ein Bedürfnis nach Populismus außerhalb der kommunistischen Linken, das aber sozusagen nirgends andocken konnte.

Die Piraten bieten jetzt die Andockstation. Sie sind von ihrer Gründung her eigentlich nicht eine solche Protestpartei, sondern eine Partei von Internetnutzern mit allerlei Ideen, die sich daraus ergeben. Aber sie waren und sind in Deutschland das ideale Auffangbecken für diesen diffusen Protest "gegen das System", der in den anderen Ländern Europas schon längst seine Parteien gefunden hat.­
Zettel



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