13. August 2011

Zettels Meckerecke: Nein, ich will kein zweiter Wolfgang Neuss sein. Aber diese Dame ärgert mich

Es war ein Jahr nach dem Mauerbau, also auch schon eine Weile her, da brachte es der Kabarettist Wolfgang Neuss fertig, den Zorn der ganzen Nation auf sich zu ziehen. Damals lief ein mehrteiliger Krimi im Fernsehen, "Der Halstuchmörder", und Neuss verriet vor der Ausstrahlung der letzten Folge per Zeitungsanzeige, wer der Mörder war.

Die Aktion sollte ein Werbegag sein, denn Neuss empfahl in der Anzeige, statt Fernsehen zu gucken lieber seinen eigenen Film "Genosse Münchhausen" im Kino zu sehen. Aber bei so etwas verstanden die Deutschen keinen Spaß.

Es gab damals nur ein einziges Programm, schlicht "das Fernsehen" geheißen (das ZDF begann erst im Jahr darauf mit seinen Sendungen), und dieses hatte eine zentrale soziale Funktion. Abends versammelte sich die ganze Familie vor dem Fernseher, nicht selten verstärkt durch Nachbarn und Freunde, die "noch kein Fernseh' hatten". Das Fernsehen habe aus dem Kreis der Familie einen Halbkreis gemacht, spottete damals Robert Lembke, als "Ratemeister" der Sendung "Was bin ich?" selbst eine Ikone dieses heilen Familien- und Nachbarschafts-Fernsehens in der geordneten Welt jener Jahre.

Aber zur Sache. Nein, ich will kein zweiter Wolfgang Neuss werden, wenn ich Ihnen jetzt gleich verrate, welcher Beruf im Zentrum des aktuellen Kreuzworträtsels des "Zeit-Magazins" dargestellt ist. Ich will nur ein wenig, wie es sich für eine "Meckerecke" gehört, meinem Herzen Luft machen. Wahrscheinlich lösen ja auch gar nicht alle von Ihnen dieses Rätsel.



Ich schon. Es war das erste dieser Kreuzworträtsel mit Intelligenz, die aus England und den USA nach Deutschland kamen, und ist nach meinem Dafürhalten noch immer das witzigste, das herausfordernste und auch das handwerklich anspruchsvollste. Ich habe es in der Anfangszeit von ZR einmal deswegen gerühmt; wenn auch der Anlaß für den damaligen Artikel Kritik gewesen war (Rätseln und Lachen; ZR vom 28. 1. 2007). Auch eine weitere Marginalie zu diesem Rätsel finden Sie in ZR. Und wer Stammleser ist und ein gutes Gedächtnis hat, der erinnert sich vielleicht an mein Bekenntnis, daß ich hauptsächlich seinetwegen das Abonnement der "Zeit" noch nicht gekündigt habe.

Es zu lösen macht Spaß. Und es ist einer der wenigen Winkel in der "Zeit" und ihrem Magazin, in die noch keine politische Korrektheit gedrungen ist; die noch nicht "linksliberal", also ökosozialistisch, politisiert sind.

Dachte ich bis jetzt.

Aber da gibt es nun diese Tradition des "Sommer-Preisrätsels". Eine augenzwinkernde Sache, weil es nicht viel und nichts Großes zu gewinnen gibt. Einmal, vor Jahren, einen original Schiffsdeck-Liegestuhl mit eingraviertem Namen des Besitzers. Den hätte ich gern gehabt. Sonst Bücher, mal ein Wochenende in einem Hotel; dergleichen.

Zur Tradition dieser Sommer-Preisrätsel (wie auch anderer, zu Ostern etwa) nun gehört es, daß in der Mitte des Gitters, das sich dadurch optisch von den Alltagsrätseln unterscheidet, etwas abgebildet ist, das es zu erraten gilt und das einen Teil der Buchstaben für das Lösungswort liefert. Ein Tier beispielsweise, eine Pflanze. Dieses Jahr ein Beruf.

Kürzlich nun stutzte ich. Da war, stilisiert, eine Dame abgebildet, die mir nach Stewardeß aussah oder Politesse. Aber die richtige Deutung, wie sie sich aus dem Kontext ergab, war PILOTIN.

Von Pilotinnen wimmelt es nicht eben bei der Lufthansa; und der Beruf ist ja eigentlich "Pilot", auch wenn eine Frau ihn ausübt. Aber nun gut.

Aber diese Woche gab es schon wieder ein sehr ähnliches, offenkundig weibliches Wesen im Zentrum des Rätsels. Wieder mit Sonnenbrille angetan, diesmal aber auch noch mit einer symbolischen Knarre vor der Brust. Sozusagen die Personifizierung der Frau in einem Männerberuf. Sie können sich das hier ansehen. Polizistin, Soldatin also? Bodyguardin? AGENTIN ist die Lösung.

Die Volkserziehung hat das bisher nette und harmlose Kreuzworträtsel der "Zeit" erreicht. Und mir den Spaß verdorben. Naja, wenigstens vorübergehend. Jetzt, nachdem ich diese Meckerecke geschrieben habe, fühle ich mich wieder ganz kregel.



Ich hoffe, daß ich Ihnen mit dieser Enthüllung nicht meinerseits den Spaß verdorben habe. Das täte mir leid. Aber das Lösungswort haben Sie mit AGENTIN ja noch nicht.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.