Zwischen New Jersey und New York gibt es einen 100 Jahre alten Eisenbahntunnel unter dem Hudson, den sich Personen- und Güterverkehr teilen. Nach einem starken Wachstum des Schienenverkehrs in den 80er Jahren begann man mit den Planungen für einen weiteren Tunnel um die Kapazität des stark frequentierten Nordost-Korridors Philly/NY/Boston an einer entscheidenden Stelle zu erweitern. Der Bund hätte 3 Mrd. Dollar zugeschossen und die Hafenbehörden von New York und New Jersey und der Staat New Jersey hätten den Rest getragen. Nachdem bereits 20 Jahre Planungsarbeiten und 600 Mio. Dollar in das Projekt geflossen waren, hat es Chris Christe, Gouverneur von New Jersey, gestoppt. Man hätte nicht das Geld für die 2,5 Mrd. Dollar, die das Projekt mehr gekostet hätte.
Exemplarisch für die kollektive Selbstaufgabe ist es, wenn seine Unterstützer etwa schreiben:
Exemplarisch für die kollektive Selbstaufgabe ist es, wenn seine Unterstützer etwa schreiben:
Gov. Christie did the right thing. Any over run costs would be billed to NJ taxpayers. Yes, we need it but can't borrow forever.
Der Gouverneur hat richtig entschieden. Alle Kostenüberschreitungen würden dem Steuerzahler von New Jersey in Rechnung gestellt werden. Ja, wir brauchen das Ding, aber wir können uns nicht immer weiter verschulden.
Es gibt also keinerlei sachliche Einwände gegen das Infrastrukturprojekt. Auch wenn man es in Europa nicht glauben mag, aber auch in den USA gibt es öffentliche Verkehrsmittel. Nicht landesweit, aber in New York und Umgebung wird die Eisenbahn intensiv genutzt. So intensiv, daß der bestehende Hudson-Tunnel in der Spitzenzeit voll ausgelastet ist. Oder daß in Penn Station an Arbeitstagen mehr als eine halbe Million Passagiere durchgeschleust werden.
Und da wird ein Projekt mitten in der Wirtschaftskrise, das 9.000 Arbeitern Beschäftigung gegeben hätte und die Transportkapazität einer wichtigen Verbindung zwischen wachsenden Städten nicht erhöht, weil man "sparen" muß? Das ist krank, ein Fall von right-wing spendophobia.
Fans der freien Marktwirtschaft dürfen natürlich die Frage stellen, daß wenn das Projekt so toll ist, warum es dann keine privaten Investoren gibt, die es finanzieren. Das liegt an den positiven Externalitäten, die nicht dem Projekt, aber der Gesellschaft zufließen.
Jeder Wohnungssuchende kennt die werterhöhenden Attribute in Anzeigen wie "U-Bahn Nähe" oder "Kindergarten und Schulen in der Umgebung". Wohnungskäufer sind bereit, für Lagevorteile dieser Art einen Aufpreis zu bezahlen. Ich wohne selbst in einer Straße, die nicht nur mehrere Stationen lokaler öffentlicher Verkehrsmittel in Gehweite zur Verfügung hat, sondern in der Nähe wird auch der neue Zentralbahnhof errichtet und 2013 voraussichtlich fertiggestellt. Das wird den Marktwert der Wohngegend hier nochmal erhöhen. Aber was hat der Infrastruktur-Investor davon? Nichts. Was hat der Investor davon, daß die Nutzer jeden Tag Zeit sparen? Nichts. Daher würde eine reine Privatfinanzierung weniger Projekte verwirklichen als für die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt optimal ist und deshalb wird auch in liberalen Marktwirtschaften der Großteil der Infrastruktur öffentlich finanziert. Auch in den USA war das jahrhundertelang der Fall. Hätte ein privater Investor die New Yorker U-Bahn oder die Golden Gate Bridge errichtet? Unwahrscheinlich.
Die Gefahr bei öffentlicher oder Mischfinanzierung besteht natürlich in möglicher Überproduktion. Die berühmten Brücken ins Nichts. Aber das gilt hier offenbar nicht. Es bestand Einigkeit darüber, daß das Projekt gebraucht würde. Es war bloß "zu teuer". Mangels Alternativen ist das aber in einer Depression kein sinnvolles Argument. Es gibt ja ausreichend Ressourcen, vor allem arbeitslose Arbeiter. Was bedeuten denn "Kosten" in diesem Fall? Man hätte wahrscheinlich ein paar hundert Leuten mehr Arbeit gegeben als geplant - was für ein Verbrechen. Nein: diese Kostenüberschreitung wäre sogar erwünscht gewesen. Gouverneur Christie hätte darüberhinaus auch zu Obama's Leuten gehen und um einen Nachschlag bitten können. Wenn die Feds schon 3 Milliarden Dollar spendieren, dann wäre da sicher noch was drin gewesen. Aber das wurde ja nicht einmal versucht. Dafür wird täglicher Stau und Zeitverlust für Millionen Reisende in Kauf genommen. Und das ist seit Jahrzehnten Praxis im ganzen Land. So verliert Amerika Stück für Stück den Anschluß. Penny wise and pound foolish.
Und da wird ein Projekt mitten in der Wirtschaftskrise, das 9.000 Arbeitern Beschäftigung gegeben hätte und die Transportkapazität einer wichtigen Verbindung zwischen wachsenden Städten nicht erhöht, weil man "sparen" muß? Das ist krank, ein Fall von right-wing spendophobia.
Fans der freien Marktwirtschaft dürfen natürlich die Frage stellen, daß wenn das Projekt so toll ist, warum es dann keine privaten Investoren gibt, die es finanzieren. Das liegt an den positiven Externalitäten, die nicht dem Projekt, aber der Gesellschaft zufließen.
Jeder Wohnungssuchende kennt die werterhöhenden Attribute in Anzeigen wie "U-Bahn Nähe" oder "Kindergarten und Schulen in der Umgebung". Wohnungskäufer sind bereit, für Lagevorteile dieser Art einen Aufpreis zu bezahlen. Ich wohne selbst in einer Straße, die nicht nur mehrere Stationen lokaler öffentlicher Verkehrsmittel in Gehweite zur Verfügung hat, sondern in der Nähe wird auch der neue Zentralbahnhof errichtet und 2013 voraussichtlich fertiggestellt. Das wird den Marktwert der Wohngegend hier nochmal erhöhen. Aber was hat der Infrastruktur-Investor davon? Nichts. Was hat der Investor davon, daß die Nutzer jeden Tag Zeit sparen? Nichts. Daher würde eine reine Privatfinanzierung weniger Projekte verwirklichen als für die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt optimal ist und deshalb wird auch in liberalen Marktwirtschaften der Großteil der Infrastruktur öffentlich finanziert. Auch in den USA war das jahrhundertelang der Fall. Hätte ein privater Investor die New Yorker U-Bahn oder die Golden Gate Bridge errichtet? Unwahrscheinlich.
Die Gefahr bei öffentlicher oder Mischfinanzierung besteht natürlich in möglicher Überproduktion. Die berühmten Brücken ins Nichts. Aber das gilt hier offenbar nicht. Es bestand Einigkeit darüber, daß das Projekt gebraucht würde. Es war bloß "zu teuer". Mangels Alternativen ist das aber in einer Depression kein sinnvolles Argument. Es gibt ja ausreichend Ressourcen, vor allem arbeitslose Arbeiter. Was bedeuten denn "Kosten" in diesem Fall? Man hätte wahrscheinlich ein paar hundert Leuten mehr Arbeit gegeben als geplant - was für ein Verbrechen. Nein: diese Kostenüberschreitung wäre sogar erwünscht gewesen. Gouverneur Christie hätte darüberhinaus auch zu Obama's Leuten gehen und um einen Nachschlag bitten können. Wenn die Feds schon 3 Milliarden Dollar spendieren, dann wäre da sicher noch was drin gewesen. Aber das wurde ja nicht einmal versucht. Dafür wird täglicher Stau und Zeitverlust für Millionen Reisende in Kauf genommen. Und das ist seit Jahrzehnten Praxis im ganzen Land. So verliert Amerika Stück für Stück den Anschluß. Penny wise and pound foolish.
Johann Grabner
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