Der Schriftsteller Chaim Noll hat kürzlich geschrieben: Wenn der Bundespräsident sagt, der Islam gehört zu Deutschland, dann gehört auch die Islamkritik zu Deutschland. Das fand ich ein sehr gutes Wort. Denn erst wenn Islamkritik nicht möglich ist, entstehen diese dumpfen Atmosphären, wo sich jemand mit seinen Meinungen verfolgt, ausgegrenzt und unterdrückt fühlt.
Kommentar: Sarrazin benennt eine Selbstverständlichkeit, die allerdings in dieser aggressiven Meinungsmache der Zeit nach dem Erscheinen seines Buchs gewissermaßen suspendiert war: In einer freiheitlichen Gesellschaft muß Kritik - natürlich im Rahmen der Gesetze - erlaubt sein. Davon kann der Islam so wenig ausgenommen sein wie das Christentum, das Freidenkertum oder welche Religion oder Weltanschauung auch immer.
Daß man versuchte, eine solche kritische Auseinandersetzung zu verhindern, ist jetzt ein Jahr her.
Sarrazin hatte eine Debatte über gegenwärtige Mißstände und künftige Probleme in Deutschland anstoßen wollen. Eine lebhafte, eine vielleicht leidenschaftliche Debatte wäre in seinem Sinn gewesen. Etwa so, wie das Georg Picht 1964 mit seinem Buch "Die deutsche Bildungskatastrophe" beabsichtigt und auch erreicht hatte.
Um Bildung ging es jetzt auch Sarrazin wieder; vor allem aber um die ungünstige demographische Entwicklung in Deutschland und deren Folgen. Einwanderung von Moslems spielte in diesem Zusammenhang eine Rolle, aber sie war nicht das zentrale Thema des Buchs. Dieses war, wie Deutschland angesichts verschiedener einander verstärkender negativer Trends seine Zukunft sichern kann.
Aber ein Kartell der meisten Medien hat mit allen verfügbare Mitteln eine Debatte darüber zu unterdrücken versucht. An die Stelle der freimütigen öffentlichen Diskussion des Buchs sollte die öffentliche Verurteilung des Autors treten.
Die von Sarrazin angesprochenen Probleme sollten verdrängt, tabuisiert, unter den Teppich gekehrt werden. Dem Autor war die Rolle einer Unperson zugedacht - seines Amts bei der Bundesbank verlustig, aus seiner Partei ausgestoßen; an den Rand der Gesellschaft befördert, in die Gesellschaft von Extremisten. Sofern man ihn zu Interviews und Talkshows einludt, interessierte man sich nicht dafür, seine Auffassungen kennenzulernen und zu verstehen; er sollte vielmehr vorgeführt und widerlegt, manchmal nachgerade vor ein Tribunal gestellt werden.
Es war der bisher heftigste Versuch mächtiger politischer Kräfte und der mit ihnen verbündeten Medien, in Deutschland Meinungslenkung von oben durchzusetzen; an Stelle der Meinungsbildung innerhalb einer freien, kontroversen Diskussion. Es war ein Anschlag auf unsere Freiheit. Er scheiterte damals am Widerstand großer Teile der Bevölkerung (siehe Sarrazin und die Folgen. Haben wir in Deutschland noch eine Demokratie?; ZR vom 6. 9. 2010).
Thilo Sarrazin wurde nicht zur Unperson. Sein Buch wurde zu einem der größten Sachbuch-Erfolge seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Führung der SPD knickte ein und gab es auf, ihn aus der Partei zu werfen.
Das Gespräch, dem ich das Zitat entnommen habe, wurde von den beiden "Zeit"-Redakteuren Topcu und Ulrich jetzt mit dem Respekt geführt, den man üblicherweise einem Interviewpartner entgegenbringt; ganz anders als vor einem Jahr, als dieselben Redakteure Sarrazin unqualifiziert angegriffen hatten.
Also eine rundum positive Bilanz nach einem Jahr? Das wird man nicht sagen können. Es ist in diesem Fall noch einmal gutgegangen, weil der Widerstand in der Bevölkerung so groß war, daß die Macht des Medienkartells versagte. Aber dieses Kartell ist ja nicht aus der Welt verschwunden. Und nicht jeder hat die Gelassenheit und Kraft, das unbeschadet zu überstehen, was Sarrazin in diesen Monaten erlebte. Aus dem jetzigen Interview:
In ZR sind in diesen Wochen ab Ende August 2010 zum Thema Sarrazin mehr Artikel erschienen als irgendwann in so kurzer Folge zu einem anderen Thema. Falls Sie das eine oder andere noch einmal nachlesen wollen, finden Sie Links zu diesen Artikeln in Zettels kleinem Zimmer: Sarrazin auf dem Prüfstand der Wissenschaft; Artikel zu Thilo Sarrazin und Notizen zu Sarrazin.
Thilo Sarrazin in einem Gespräch mit den "Zeit"-Redakteuren Özlem Topcu und Bernd Ulrich in der aktuellen gedruckten "Zeit", das seit gestern auch auf "Zeit-Online" zu lesen ist.
Kommentar: Sarrazin benennt eine Selbstverständlichkeit, die allerdings in dieser aggressiven Meinungsmache der Zeit nach dem Erscheinen seines Buchs gewissermaßen suspendiert war: In einer freiheitlichen Gesellschaft muß Kritik - natürlich im Rahmen der Gesetze - erlaubt sein. Davon kann der Islam so wenig ausgenommen sein wie das Christentum, das Freidenkertum oder welche Religion oder Weltanschauung auch immer.
Daß man versuchte, eine solche kritische Auseinandersetzung zu verhindern, ist jetzt ein Jahr her.
Sarrazin hatte eine Debatte über gegenwärtige Mißstände und künftige Probleme in Deutschland anstoßen wollen. Eine lebhafte, eine vielleicht leidenschaftliche Debatte wäre in seinem Sinn gewesen. Etwa so, wie das Georg Picht 1964 mit seinem Buch "Die deutsche Bildungskatastrophe" beabsichtigt und auch erreicht hatte.
Um Bildung ging es jetzt auch Sarrazin wieder; vor allem aber um die ungünstige demographische Entwicklung in Deutschland und deren Folgen. Einwanderung von Moslems spielte in diesem Zusammenhang eine Rolle, aber sie war nicht das zentrale Thema des Buchs. Dieses war, wie Deutschland angesichts verschiedener einander verstärkender negativer Trends seine Zukunft sichern kann.
Aber ein Kartell der meisten Medien hat mit allen verfügbare Mitteln eine Debatte darüber zu unterdrücken versucht. An die Stelle der freimütigen öffentlichen Diskussion des Buchs sollte die öffentliche Verurteilung des Autors treten.
Die von Sarrazin angesprochenen Probleme sollten verdrängt, tabuisiert, unter den Teppich gekehrt werden. Dem Autor war die Rolle einer Unperson zugedacht - seines Amts bei der Bundesbank verlustig, aus seiner Partei ausgestoßen; an den Rand der Gesellschaft befördert, in die Gesellschaft von Extremisten. Sofern man ihn zu Interviews und Talkshows einludt, interessierte man sich nicht dafür, seine Auffassungen kennenzulernen und zu verstehen; er sollte vielmehr vorgeführt und widerlegt, manchmal nachgerade vor ein Tribunal gestellt werden.
Es war der bisher heftigste Versuch mächtiger politischer Kräfte und der mit ihnen verbündeten Medien, in Deutschland Meinungslenkung von oben durchzusetzen; an Stelle der Meinungsbildung innerhalb einer freien, kontroversen Diskussion. Es war ein Anschlag auf unsere Freiheit. Er scheiterte damals am Widerstand großer Teile der Bevölkerung (siehe Sarrazin und die Folgen. Haben wir in Deutschland noch eine Demokratie?; ZR vom 6. 9. 2010).
Thilo Sarrazin wurde nicht zur Unperson. Sein Buch wurde zu einem der größten Sachbuch-Erfolge seit Bestehen der Bundesrepublik. Die Führung der SPD knickte ein und gab es auf, ihn aus der Partei zu werfen.
Das Gespräch, dem ich das Zitat entnommen habe, wurde von den beiden "Zeit"-Redakteuren Topcu und Ulrich jetzt mit dem Respekt geführt, den man üblicherweise einem Interviewpartner entgegenbringt; ganz anders als vor einem Jahr, als dieselben Redakteure Sarrazin unqualifiziert angegriffen hatten.
Also eine rundum positive Bilanz nach einem Jahr? Das wird man nicht sagen können. Es ist in diesem Fall noch einmal gutgegangen, weil der Widerstand in der Bevölkerung so groß war, daß die Macht des Medienkartells versagte. Aber dieses Kartell ist ja nicht aus der Welt verschwunden. Und nicht jeder hat die Gelassenheit und Kraft, das unbeschadet zu überstehen, was Sarrazin in diesen Monaten erlebte. Aus dem jetzigen Interview:
DIE ZEIT: Hat die Sarrazin-Debatte Thilo Sarrazin verändert? (...)
Sarrazin: Ich bin ein Stück illusionsloser geworden, was die Frage angeht, ob der Mensch gut ist oder nicht. Ich bin auch härter geworden.
DIE ZEIT: Gegenüber dem Thema Integration?
Sarrazin: Gegenüber mir selbst, in Bezug auf die Welt und wie sie funktioniert. Vorher hatte ich noch ein paar weiche Ecken. Die sind jetzt etwas abgenutzt.
DIE ZEIT: Haben Sie heute mehr Freunde oder weniger Freunde als vor Erscheinen des Buches?
Sarrazin: Ich habe noch alle meine alten Freunde, und ein paar neue habe ich auch gewonnen. (...)
In ZR sind in diesen Wochen ab Ende August 2010 zum Thema Sarrazin mehr Artikel erschienen als irgendwann in so kurzer Folge zu einem anderen Thema. Falls Sie das eine oder andere noch einmal nachlesen wollen, finden Sie Links zu diesen Artikeln in Zettels kleinem Zimmer: Sarrazin auf dem Prüfstand der Wissenschaft; Artikel zu Thilo Sarrazin und Notizen zu Sarrazin.
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