27. März 2011

Ein "gerechter Krieg" gegen Libyen? Welche Interessen stecken hinter der Intervention Frankreichs und Großbritanniens?

Die gedruckte "Zeit" dieser Woche macht auf mit dem Titel "Ist das ein gerechter Krieg?". Das ist in blutigem Rot auf schwarzem Grund geschrieben, und man sieht auch noch eine Friedenstaube, die Bomben abwirft.

Jo mei. Alberner geht es schwerlich.

Dieser Krieg gegen Libyen wird nicht geführt, weil er "gerecht" wäre. Er wird - wie jeder Krieg - geführt, weil die Verantwortlichen zu der Überzeugung gekommen sind, daß er in ihrem Interesse liegt.

Über Gerechtigkeit mag der Abonnent der "Zeit" seine Stirn in krause Falten legen. Die Verantwortlichen sind in diesem Fall nicht die USA, regiert von einem unfähigen Präsidenten, von dem man sich manchmal fragt, ob es ihn überhaupt noch gibt. Verantwortlich sind vor allem Nicolas Sarkozy und David Cameron.

Welches Kalkül hat sie dazu gebracht, diesen Krieg anzufangen? Dazu gibt es Erhellendes bei Stratfor (Artikel nur Abonnenten zugänglich).

Das Interesse Sarkozys besteht vor allem darin, sich innenpolitisch zu profilieren; heute findet die zweite Runde der Cantonales statt, in denen seine UMP gegen den FN von Marine LePen unterzugehen droht. A nation at war, eine Nation im Krieg, das stärkt nun einmal jede Regierung.

Zweitens kann Frankreich in der traditionellen Zweierbeziehung mit Deutschland in der EU punkten.

Deutschland ist wirtschaftlich stärker. Frankreich ist energiepolitisch stärker, weil die antinuklearen Phantasten dort nur geringen Einfluß haben (Selbst die Kommunisten sind in Frankreich für die Atomenergie).

Frankreich ist aber vor allem militärisch stärker; nicht nur, weil es die Force de frappe hat, seine Atomstreitmacht. Frankreich hat beispielsweise auch einen Flugzeugträger (die Charles de Gaulle) im Mittelmeer. Schon der Gedanke, daß unsere Bundeswehr einen Flugzeugträger bekommen könnte, wäre absurd. I gitt, dann könnte man ja militärisch intervenieren? Dreimal bekreuzigt.



Also, worum geht es?

Erstens hatte Sarkozy eine miserable Presse, weil er im Fall Tunesien nicht den großen Demokraten gegeben hatte.

Jetzt gibt er diesen, gegen den Tyrannen Gaddafi. In gut einem Jahr steht Sarkozy zur Wiederwahl an. Blut für Stimmen, das ist sein offensichtliches Konzept.

Zweitens will Sarkozy Frankreich zur Vormacht der EU machen. Frankreich handelt; und es hat die militärischen Möglichkeiten dafür. Deutschland ist nicht nur feige, sondern wie sollte diese Bundeswehr denn in Libyen intervenieren? Sie hat ja nicht die Mittel.

Und die Engländer? Auch sie können nicht zulassen, daß Frankreich die Führung Europas an sich reißt. Auch David Cameron ist innenpolitisch in Bedrängnis.

Und da ist noch British Petrol (BP). Dessen Verluste im Gefolge des Unglücks vor der amerikanischen Küste dürften in der Größenordnung von 20 Milliarden Dollar liegen. Da ist die Möglichkeit verlockend, nach einem Sturz Gaddafis Bohrrechte vor der libyschen Küste zu erlangen.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.