Sie erinnern sich? Zu den vollmundigen Wahlkampf-Versprechen Barack Obamas im Jahr 2008 gehörte, daß er als Präsident das Militärgefängnis Guantánamo schließen werde.
Fachleuten war immer schon klar gewesen, daß das kaum gehen würde; siehe zum Beispiel Von Bush zu Obama (3): Guantánamo schließen. Prima! Und dann?; ZR vom 21. 11. 2008. Aber zunächst versucht Obama nach seinem Amtsantritt im Januar 2009, die Gefangenen teils zu entlassen und teils ihnen in den USA den Prozeß zu machen; so daß Guantánamo allmählich von Gefangenen entleert werden sollte.
Das Ergebnis der Entlassungen war, daß nicht wenige der Freigelassenen alsbald in den Dschihad zurückkehrten. Das Ergebnis des Versuchs, Häftlinge aus Guantánamo vor reguläre US-Gerichte zu stellen, waren massive Proteste in den USA. Beides habe ich, mit Links zu früheren Artikeln, im Oktober letzten Jahres zusammengefaßt (Guantánamo schließen? War halt so 'ne Idee ...; ZR vom 7. 10. 2010).
Gestern nun ist in der New York Times ein Bericht erschienen, wonach Obama angeordnet hat, die Militärgerichts-Prozesse in Guantánamo, die er nach seiner Amtsübernahme gestoppt hatte, wieder aufzunehmen.
Zugleich hat er angeordnet, bei Gefangenen, die dort ohne Anklage und Prozeß festgehalten werden, im Abstand von mindestens vier Jahren (!) das Fortbestehen der Haftgründe zu überprüfen. Er rechnet also nicht mehr mit einer Schließung des Lagers auf absehbare Zeit.
Ein Stück Vernunft hält Einzug in Obamas Politik.
Denn sein Plan, Guantánamo zu schließen, krankte nicht nur daran, daß fast niemand in Amerika die Insassen in den USA hatte haben wollen - sei es als Angeklagte, sei es als Verurteilte, sei es gar als Freigelassene.
Er krankte nicht nur an der Unlogik, in Kriegszeiten Gefangene zu entlassen, die dann wieder in den Kampf zurückkehren können. Der entscheidende weitere Punkt ist, daß nicht jedem, dessen Gefährlichkeit bekannt ist, individuelle Straftaten nachgewiesen werden können; so, wie man in klassischen Kriegen nicht jedem Kriegsgefangenen nachweisen kann, wen von den eigenen Soldaten er wann getötet oder verletzt hat.
Deshalb sieht das Kriegsrecht es vor, daß Gefangene bis zum Ende der Kampfhandlungen auch dann festgehalten werden dürfen, wenn ein solcher Nachweis nicht möglich ist; er wird ja in der Regel gar nicht versucht. Kriegsgefangenschaft ist keine Strafe, sondern eine militärische Maßnahme. Auch in den heutigen asymmetrischen Kriegen kann man auf sie nicht verzichten.
Obama scheint das jetzt verstanden zu haben. Mit anderen Worten, es ist jetzt fast alles wieder wie unter George W. Bush.
Fast. Denn unter dem Präsidenten Bush empörte sich die "Weltöffentlichkeit" gegen die Existenz des Lagers Guantánamo. Jetzt darf man gespannt sein, wie groß die weltweite - auch die deutsche - Empörung über die Entscheidung des Präsidenten Obama sein wird.
Eine erste Fassung dieses Artikels erschien gestern um 23.51 Uhr unter dem Titel "Marginalie: Was ist eigentlich mit Guantánamo?"
Fachleuten war immer schon klar gewesen, daß das kaum gehen würde; siehe zum Beispiel Von Bush zu Obama (3): Guantánamo schließen. Prima! Und dann?; ZR vom 21. 11. 2008. Aber zunächst versucht Obama nach seinem Amtsantritt im Januar 2009, die Gefangenen teils zu entlassen und teils ihnen in den USA den Prozeß zu machen; so daß Guantánamo allmählich von Gefangenen entleert werden sollte.
Das Ergebnis der Entlassungen war, daß nicht wenige der Freigelassenen alsbald in den Dschihad zurückkehrten. Das Ergebnis des Versuchs, Häftlinge aus Guantánamo vor reguläre US-Gerichte zu stellen, waren massive Proteste in den USA. Beides habe ich, mit Links zu früheren Artikeln, im Oktober letzten Jahres zusammengefaßt (Guantánamo schließen? War halt so 'ne Idee ...; ZR vom 7. 10. 2010).
Gestern nun ist in der New York Times ein Bericht erschienen, wonach Obama angeordnet hat, die Militärgerichts-Prozesse in Guantánamo, die er nach seiner Amtsübernahme gestoppt hatte, wieder aufzunehmen.
Zugleich hat er angeordnet, bei Gefangenen, die dort ohne Anklage und Prozeß festgehalten werden, im Abstand von mindestens vier Jahren (!) das Fortbestehen der Haftgründe zu überprüfen. Er rechnet also nicht mehr mit einer Schließung des Lagers auf absehbare Zeit.
Ein Stück Vernunft hält Einzug in Obamas Politik.
Denn sein Plan, Guantánamo zu schließen, krankte nicht nur daran, daß fast niemand in Amerika die Insassen in den USA hatte haben wollen - sei es als Angeklagte, sei es als Verurteilte, sei es gar als Freigelassene.
Er krankte nicht nur an der Unlogik, in Kriegszeiten Gefangene zu entlassen, die dann wieder in den Kampf zurückkehren können. Der entscheidende weitere Punkt ist, daß nicht jedem, dessen Gefährlichkeit bekannt ist, individuelle Straftaten nachgewiesen werden können; so, wie man in klassischen Kriegen nicht jedem Kriegsgefangenen nachweisen kann, wen von den eigenen Soldaten er wann getötet oder verletzt hat.
Deshalb sieht das Kriegsrecht es vor, daß Gefangene bis zum Ende der Kampfhandlungen auch dann festgehalten werden dürfen, wenn ein solcher Nachweis nicht möglich ist; er wird ja in der Regel gar nicht versucht. Kriegsgefangenschaft ist keine Strafe, sondern eine militärische Maßnahme. Auch in den heutigen asymmetrischen Kriegen kann man auf sie nicht verzichten.
Obama scheint das jetzt verstanden zu haben. Mit anderen Worten, es ist jetzt fast alles wieder wie unter George W. Bush.
Fast. Denn unter dem Präsidenten Bush empörte sich die "Weltöffentlichkeit" gegen die Existenz des Lagers Guantánamo. Jetzt darf man gespannt sein, wie groß die weltweite - auch die deutsche - Empörung über die Entscheidung des Präsidenten Obama sein wird.
Eine erste Fassung dieses Artikels erschien gestern um 23.51 Uhr unter dem Titel "Marginalie: Was ist eigentlich mit Guantánamo?"
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