20. März 2011

Kurzberichte zu Fukushima Daiichi (3): Alles läuft gut. "Spiegel-Online" sucht offenbar verzweifelt nach Horrormeldungen (Stand: Sonntag, 20.00 Uhr)

Es scheint, daß auch die Medien, die eine Woche lang Panikmache betrieben haben, allmählich einsehen, wie falsch sie damit gelegen haben.

Natürlich wird das nicht explizit zugegeben, aber beispielsweise bei "Spiegel-Online" ist das Thema hinter Sachsen-Anhalt und Libyen inzwischen auf Platz 3 gerutscht. Und da aus dem KKW Fukushima Daiichi leider gar keine Horrormeldungen mehr herauszuziehen sind, muß jetzt eine angebliche Angst in der japanischen Bevölkerung herhalten: "Fukushima-Katastrophe - Japans Bevölkerung fürchtet verstrahlte Lebensmittel" wird dort seit heute 17.25 Uhr getitelt. Im Text findet sich dann freilich kein Hinweis, der auf ein solches "Fürchten" schließen ließe.

Offenbar hat sich da ein Redakteur von "Spiegel-Online" in den Japaner als solchen hineingedacht. Man kann auch sagen, er hat sich den Titel dieser Meldung aus den Fingern gesogen.



Was melden nun die seriösen Medien?

Die wichtigste Meldung ist, daß die Strahlungswerte im KKW weiter sinken. In der Nähe des Blocks 3, von dem die meiste Strahlung ausgeht, wurden um 0.30 Uhr in der Nacht zum heutigen Sonntag nur noch 2.6 mSv/h gemessen. 18 Stunden zuvor hatte der Wert an diesem Meßpunkt bei 3,8 mSv/h gelegen.

Einige Verwirrung hat es um den Druck im Container von Block 3 gegeben, der seit Tagen von den Feuerlöschfahrzeugen vorrangig gekühlt wird. Dadurch konnte das Abklingbecken, das außerhalb des Containments liegt, jedenfalls teilweise wieder mit Kühlwasser gefüllt werden. Innerhalb des Containments ist aber der Druck im Lauf der vergangenen Nacht (unsere Zeit) wieder gestiegen.

Damit entstand eine Situation, mit der die Verantwortlichen auch schon Anfang der Woche konfrontiert gewesen waren: Um den Druck zu senken, muß man unter Umständen Luft aus dem Containment ablassen. Technisch ist das kein Problem, denn die Ventile sind intakt. Aber diese Luft und der in ihr enthaltene Dampf sind radioaktiv belastet. Man wird das also erst dann tun, wenn es unumgänglich ist.

Es gab heute dazu widersprüchliche Meldungen.

Um 7.16 Uhr MEZ wurde gemeldet, man werde versuchen, den Druck zu senken. Dies solle zunächst mit Hilfe des Torus gesehen (siehe dazu Die Lage in Fukushima Daiichi; ZR vom 17. 3. 2011). Falls das nicht ausreiche, müsse man Luft über Ventile ablassen.

Um 11.42 Uhr MEZ wurde dann Entwarnung gegeben: Der Druck im Containment von Reaktor 3 beginne sich zu stabilisieren. Offenbar war die Kühlung mittels des Torus erfolgreich gewesen. Man entschied, keine Luft aus dem Reaktor abzulassen.

Auch die externe Kühlung dieses Reaktors über die Löschfahrzeuge wurde fortgesetzt. Sie hatte zunächst mehr als dreizehn Stunden gedauert und war dann gestern Abend um 7.40 Uhr MEZ unterbrochen worden. Heute um 12.30 Uhr MEZ wurde sie wieder aufgenommen.

Die externe Kühlung von Block 4 wurde hingegen vorerst beendet. Sie war in zwei Etappen vorgenommen worden, am Vormittag und am Nachmittag (Ortszeit). Um 20.00 Uhr Ortszeit (12.00 Uhr MEZ) endete die zweite Aktion. Ob es eine Fortsetzung geben wird oder ob eine weitere externe Kühlung dieses Blocks nicht mehr erforderlich ist, geht aus der Meldung nicht hervor.

In den Blöcken 5 und 6, die bereits gestern wieder an das externe Hochspannungsnetz angeschlossen worden waren, kann jetzt das Kühlwasser wieder umgewälzt werden; damit sinkt seine Temperatur. Allerdings werden dort auch noch Dieselgeneratoren eingesetzt. Es gibt zwar jetzt den Anschluß an das Stromnetz, aber über ihn können die Pumpen offenbar gegenwärtig noch nicht im erforderlichen Umfang mit Strom versorgt werden.

Noch eine ergänzende Meldung aus einem anderen Bereich: Da bei einigen internationalen Fluggesellschaften unbegründete Angst vor Strahlung auf den beiden Tokioter Flughäfen Haneda und Narita zu herrschen scheint, sind dort auf Anordnung des Verkehrsministeriums jetzt Tafeln angebracht worden, denen man die jeweils aktuellen Strahlungswerte entnehmen kann. Die Werte werden zweimal täglich aktualisiert.

Gegenwärtig liegt dort die Strahlung so niedrig, daß man, wenn man ein Jahr lang diese Menge aufnähme, erst ein Drittel der als unbedenklich geltenden Jahresdosis von einem Millisievert erreicht hätte.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Die Titelvignette zeigt ein von Tungsten in die Public Domain gestelltes Schema der fünf "Verteidigungslinien", die einen Reaktor schützen. Näheres finden Sie hier.