5. Juni 2010

Noch einmal Gaza: Die Sicht von Charles Krauthammer

In einem gestern erschienen Kommentar in der Washington Post befaßt sich der Kolumnist Charles Krauthammer mit dem Zwischenfall vor Gaza. Ich komme deshalb noch einmal auf dieses Thema zurück. Über die Hintergründe des aktuellen Vorfalls gab es hier bereits den Artikel von Gorgasal am Montag (Ein "Hilfskonvoi" für Gaza; ZR vom 31. 5. 2010) und ergänzende Informationen am Mittwoch (Wer hat eigentlich die "Hilfsflotte" für Gaza finanziert?; ZR vom 3. 6. 2010). Krauthammer nimmt in seinem Kommentar eine andere, allgemeinere Perspektive ein.

Es ist eine deprimierende Perspektive; die Überschrift lautet "Those troublesome Jews" (frei übersetzt: "Immer Ärger mit den Juden").

Krauthammer beschreibt, wie sich in den vergangenen Jahrzehnten die Möglichkeit Israels zur Selbstverteidigung, hauptsächlich aufgrund internationalen Drucks, immer mehr reduziert haben. Die Blockade, an der Israel jetzt auch noch gehindert werden soll, ist so etwas wie die letzte Verteidigungslinie. Krauthammer unterscheidet drei Arten der Verteidigung: Vorwärtsverteidigung, aktive Verteidigung und passive Verteidigung:
1. Als ein kleines, dicht besiedeltes Land, das von Feinden umgeben war, hat Israel im ersten halben Jahrhundert seines Bestehens auf die Strategie der Vorwärtsverteidigung gesetzt, Kriege also auf dem Boden des Gegners geführt; beispielsweise auf der Halbinsel Sinai und den Golan-Höhen. Wenn möglich, tauschte Israel dann Land gegen Frieden, wie beim Sinai. Wo Friedensangebote abgelehnt wurden, behielt es das Land als Pufferzonen; beispielsweise im Südlibanon.

Unter internationalem Druck wurde das aufgegeben. Israel verließ den Südlibanon im Jahr 2000, Gaza 2005. Einem Frieden ist es damit keinen Schritt näher gekommen; im Gegenteil.

2. Denn dort, wo Israel sich zurückgezogen hatte, entstanden, wie Krauthammer es nennt, "terroristische Mini-Staaten", von denen aus Israel ständig beschossen wurde. Es blieb nur die aktive Verteidigung in den Kriegszügen im Libanon 2006 und in Gaza 2008/2009. Das Echo war eine internationale Verurteilung Israels, während im Goldstone-Bericht über den Gaza-Krieg dessen eigentliche Ursache, die anhaltenden vorausgehenden Angriffe auf Israel, keine Beachtung fand.

3. Es bleibt jetzt nur noch die passive Verteidigung, also die Blockade. Die internationale Reaktion hierauf ist bekannt.
Das Ziel der internationalen Kampagne ist es, meint Krauthammer, Israel jede Möglichkeit zu nehmen, sich zu wehren.

Bisher hat es noch die Abschreckung durch seine Atomstreitmacht als letztes Mittel. Und just hier hat Präsident Obama mit einer vierzigjährigen Politik der USA gebrochen und einer Konferenz im Jahr 2012 zugestimmt, deren Ziel ein atomwaffenfreier Naher Osten ist.

Israel wird in dem betreffenden Dokument ausdrücklich erwähnt. Der Iran nicht.



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Propagandafoto des Free Gaza Movement (freegazaorg). Unter Creative Commons Attribution-Share Alike 2.0 Generic License freigegeben. Bearbeitet.