27. Januar 2008

Marginalie: The man is the message. Aspekte des Erdrutsch-Siegs von Obama

Im Augenblick - kurz nach drei Uhr in der Nacht zum Sonntag - sind in South Carolina 93 Prozent der Stimmen ausgezählt. Daß Obama gesiegt hat, wäre ein starkes Understatement: Er führt - so meldet es die New York Times - mit 55 Prozent der Stimmen gegen 26 Prozent für Clinton und ganze 18 Prozent für Edwards, der vor vier Jahren in South Carolina gesiegt hatte.

Der Sieg war so groß, daß CNN und zwei Agenturen ihn schon bei Schließung der Wahllokale, allein aufgrund der Exit Polls, melden konnten.

Wie immer hat sich Bill Schneider im Studio von CNN alsbald daran gemacht, aufgrund der Exit Polls eine erste Wahlanalyse zu liefern. Er nannte als Ursachen für den Erdrutsch- Sieg Obamas:
  • Er sprach nicht nur schwarze, sondern auch weiße Wähler an; anders als Jesse Jackson , der in den achtziger Jahren dort kandidiert hatte.

  • Er sprach vor allem die Jugend an. Unter den jungen Wählern hatte er sogar bei den Weißen eine absolute Mehrheit.

  • Er sprach auch die gebildeten Schwarzen an. Von diesen war erwartet worden, daß sie der Empfehlung des "schwarzen Establishments" folgen und Clinton wählen würden.

  • Die Bemerkungen Bill Clintons über Obama ("fairy tale"), die von vielen als rassistisch verstanden worden waren, gingen nach hinten los. Zahlreiche Wähler sagten, diese Bemerkungen hätten sie bei ihrer Wahlentscheidung beeinflußt - für Obama!


  • Daß Obama gewinnen würde, war in den letzten Tagen abzusehen gewesen. Daß er rund doppelt so viele Stimmen bekommen würde wie Clinton, hatte niemand erwartet.

    CNN berichtete soeben, daß in der morgigen New York Times Caroline Kennedy, die Tochter von Präsident Kennedy, Barack Obama unterstützt. Titel: "A President like my father". Sie "springe auf den Zug auf", den Bandwagon, bemerkte dazu einer der Journalisten im CNN-Studio.

    Wenn für einen Kandidaten erst einmal ein Bandwagon rollt, dann hat er beste Chance, am Ende auch nominiert zu werden. Allerdings: Die Gewerkschaften und das Establishment der Demokratischen Partei unterstützen weiter Hillary Clinton. Und am übernächsten Dienstag, dem Super Tuesday, könnte sich das immer noch als entscheidend erweisen.



    Eben spricht Obama. Eine Predigt mehr als eine Rede. Er bringt die Zuhörer in einen Zustand der Verzücktheit. Er bringt sie dazu, gemeinsam immer wieder zu rufen "Yes, we can", als seien sie auf einem Motivations- Seminar.

    "The medium is the message" war einmal ein beliebter Spruch, von dem Medienforscher Marshall McLuhan geprägt, das Medium sei die Botschaft. Für Obama gilt: The man is the message.

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