17. Januar 2008

Marginalie: McCain, Michigan und Moneten

Eine aktuelle Umfrage von Gallup für USA Today bestätigt, daß keiner der Kandidaten für die Präsidentschaft bei den Amerikanern so beliebt ist wie John McCain. 59 Prozent haben von ihm eine gute Meinung. Barack Obama erreicht zwar denselben Wert, aber von ihm haben 32 Prozent eine schlechte Meinung; von McCain nur 29 Prozent. Alle anderen Kandidaten liegen in den Beliebtheitwerten deutlich darunter.

Dennoch hat John McCain in Michigan die Vorwahl verloren. Mitt Romney hat, wie die Washington Post schreibt, resoundingly gewonnen; frei übersetzt: Mit Pauken und Trompeten.

Sein Sieg war so deutlich, daß CNN diesmal, ganz anders als bei den Vorwahlen in New Hampshire, schon wenige Minuten nach Schließung der Wahllokale den Sieger vermeldete; der vorhergesagte Abstand Romneys zu McCain kam dem tatsächlichen (39 : 30 Prozent) schon sehr nahe.



Warum hat McCain in Michigan so enttäuschend abgeschnitten? Liegt es daran, daß dort für ihn ein schlechteres Pflaster ist als anderswo?

Keineswegs. Vor acht Jahren, als er bereits einmal als Kandidat für die Präsidentschaft angetreten war, hatte er in Michigan einen glänzenden Sieg errungen.

Lag es daran, daß Mitt Romney in Michigan einen persönlichen Bonus hatte; in seinem Heimtatstaat, in dem sein Vater George Romney ein beliebter Gourverneur gewesen war? Mag sein, daß das eine Rolle gespielt hat. Wie auch der Umstand, daß diesmal weniger Independents zur Wahl gingen, bei denen McCain besonders stark ist.

Aber die Wahlanalyse, die Bill Schneider aufgrund der Exit Polls in CNN vorgetragen hat, weist auf eine andere, wichtigere Ursache für dieses Wahlergebnis hin: It's the economy, stupid. Kein anderes Thema nannten die Befragten so oft als ausschlaggebend für ihre Wahlentscheidung wie die Wirtschaft.

Genauer: Was die Amerikaner zunehmend umtreibt, und was das zentrale Thema des diesjährigen Wahlkampfs werden könnte, das ist die drohende, die wohl schon im Gang befindliche Rezession.

Harold Myerson sieht sie in der Washington Post nicht als eine der üblichen konjunkturellen Rezessionen, sondern als eine Strukturkrise der US-Wirtschaft; als eine Krise des Finanz- Systems und der Löhne, die seit Jahren stagnieren.



Warum wirkte sich die Angst vor einer Rezession besonders in Michigan aus, und warum schadete sie besonders McCain?

Michigan ist der US-Staat mit der höchsten Arbeitslosigkeit; ein Staat mitten in einer Strukturkrise ähnlich der des Ruhrgebiets vor einigen Jahrzehnten. Die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen ist dort also besonders groß. (Die höchste Arbeitslosigkeit der USA ist, nebenbei gesagt, mit 7,4 Prozent eine, die in Deutschland schon fast als Vollbeschäftigung gelten würde).

Auf die ökonomischen Sorgen der Wähler von Michigan haben nun McCain und Romney radikal verschiedene Antworten gegeben.

Romney hat versprochen, er werde als Präsident den Arbeitern in Michigan helfen, ihre jetzigen Arbeitsplätze zu erhalten. McCain hat gesagt, der Verlust von Arbeitsplätzen in bestimmten Branchen sei aufgrund der Globalisierung unvermeidlich. Er werde als Präsident für strukturelle Verbesserungen sorgen, die neue Arbeitsplätze in neuen Branchen schaffen würden.



Romney versprach den Einwohnern von Michigan eine leichtere Zukunft als McCain; und das wurde ihm offenbar honoriert. Als er seine Niederlage eingestand und Romney gratulierte, bemerkte McCain dazu trocken, er werde weiter die Wahrheit sagen, auch wenn sie unangenehm sei.

Nur, wollen die Amerikaner sie auch hören? Jemanden sympathisch finden und ihn zum Präsidenten wählen, das sind zwei verschiedene Dinge. Man traut John McCain zu, daß er ehrlich sagt, wie es ist. Aber traut man ihm, dem 71jährigen, auch die Kraft zu, es zu ändern? Ich habe da weiterhin meine Zweifel.

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