1. Dezember 2007

Zettels Meckerecke: Warum war Juso-Chefin Drohsel Mitglied der "Roten Hilfe"?

Die neue Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel ist, so steht es auf der WebSite der Berliner SPD, Mitglied der "Roten Hilfe" sowie der Gewerkschaft "ver.di".

Das stimmt inzwischen nur noch zur Hälfte. Denn wie der "Spiegel" in einer Vorabmeldung berichtet, ist Franziska Drohsel aus der "Roten Hilfe" ausgetreten.

Interessant erscheint mir weniger, warum sie ausgetreten ist (weil sie nicht wolle, daß "die Jusos nicht auf Grund ihrer politischen Positionen, sondern wegen meiner privaten Mitgliedschaft bei der Roten Hilfe wahrgenommen werden"). Interessant erscheint mir allerdings, warum sie denn dort eingetreten ist.



Wer ist diese "Rote Hilfe"? Wenn man in der deutschen Wikipedia nachsieht, dann findet man zu diesem Stichwort eine Reihe von Artikeln. Wir lesen dort:
Rote Hilfe bezeichnet

* die bundesdeutsche Organisation Rote Hilfe e.V.
* die Rote Hilfe Deutschlands (RHD) der Weimarer Republik
* die Internationale Rote Hilfe (IRH) als Gründung der Komintern
* die Rote Hilfe e.V. (1973–1979 Hilfsorganisation der Kommunistischen Partei Deutschlands)
Franziska Drohsel gehörte offenbar der ersten dieser genannten Organisationen an. Wer ist diese "Rote Hilfe e.V."?

Unter ihrem Signet - zwei miteinander verschlungen Armen, die Fäuste geballt - lesen wir:
Die Rote Hilfe ist eine Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum unterstützt. (...) Zu politischen Gefangenen halten wir persönlichen Kontakt und treten dafür ein, daß die Haftbedingungen verbessert, insbesondere Isolationshaft aufgehoben wird; wir fordern ihre Freilassung. (...) Ist es der wichtigste Zweck der staatlichen Verfolgung, (...) durch exemplarische Strafen Abschreckung zu bewirken, so stellt die Rote Hilfe dem das Prinzip der Solidarität entgegen und ermutigt damit zum Weiterkämpfen.
Deutlicher geht's eigentlich nicht: Diese "Rote Hilfe e.V." ist eine Organisation, die denjenigen hilft, die aus politischen Gründen Gesetze brechen. Politkriminellen also. Leuten, die aus politischen Motiven straffällig geworden sind und die dafür nun vor Gericht stehen oder ihre Strafe absitzen. Leuten, die laut Text der "Roten Hilfe" aber nicht Straftäter sind, sondern "politisch Verfolgte" und "politische Gefangene".

Damit meint die "Rote Hilfe" offenbar nicht nur Autonome, die Steine werfen, auf Polizisten einschlagen oder Autos, wie sie das nennen, "abfackeln". Sondern - die Verwendung des Worts "Isolationshaft" weist schon darauf hin - die Fürsorge der "Roten Hilfe" galt zumindest in der Vergangenheit auch den politisch motivierten Mördern der RAF. Jedenfalls sagt dies das Innenministerium von NRW.



Sehr viele Mitglieder hat diese "Rote Hilfe" nicht; bundesweit sind es laut NRW-Innenministerium gerade mal 4000. Zu diesen 4000 gehörte also bis jetzt die neue Vorsitzende der Jusos.

Was hat sie dazu veranlaßt, Mitglied dieser Organisation zu werden? Laut Vorabmeldung des Spiegel erklärt sie das so: "Ich bin in die Rote Hilfe eingetreten, weil ich es richtig und wichtig finde, dass jeder Mensch das Recht auf Verteidigung hat. Vereine wie die Rote Hilfe tragen dazu bei, dass Menschen, die mittellos sind, einen guten Rechtsbeistand bekommen."

Offenbar hat sie die Rote Hilfe mit dem Weissen Ring verwechselt, die neue Vorsitzende der Jusos. Die übrigens ihr Jura- Studium mit dem Ersten Staatsexamen abgeschlossen hat und derzeit als Wissenschaftliche Mitarbeiterin Rechtswissenschaft an der Humboldt-Universität lehrt.

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