22. Dezember 2007

Zettels Meckerecke: Weihnachtsbotschaft an Maddie

Von Anfang dieser seltsamen Affäre an hat mich das Verhalten der Eltern McCann verwundert.

Sie haben sich nicht so verhalten, wie Eltern es bisher taten, wenn ihnen ein Kind entführt worden war: Auf die Arbeit der Polizei vertrauen. Und/oder private Detektivbüros einschalten, wenn man sich das finanziell leisten kann.

Vielleicht auch eine oder zwei TV-Botschaften an die Entführer richten, um den Kontakt herzustellen, um vielleicht an einen Rest von Menschlichkeit in ihnen zu appellieren.

Aber dieser Medienrummel, dieses Einschalten von Prominenten, diese Geldsammlung - was sollte das?

Wie sollte das Entführer zur Kontaktaufnahme veranlassen? Wie sollte es sie, falls sie das Kind nicht zur Erpressung von Lösegeld, sondern aus anderen Motiven entführt haben sollten, zum Einlenken bringen?

Es liegt doch auf der Hand, daß Entführer, wenn sie denn das Kind noch lebend hatten, durch diesen massiven Druck nur in eine Paniksituation gebracht werden konnten, in der die Wahrscheinlichkeit wachsen mußte, daß sie das Kind töteten.

Also, das kam mir alles als sehr schwer nachvollziehbar vor; es erschien mir als ein realitätsfernes, unangebrachtes, auch recht theatralisches Verhalten. Als die Einzelheiten des Falls bekannt wurden, als sich herausstellte, daß die portugiesische Polizei die Eltern in ihre Ermittlungen einbezog, hat mich das nicht gewundert.



Jetzt, vor Weihnachten, nimmt dieses seltsam unangemessene, so offensichtlich nicht zielführende Verhalten der Eltern bizarre Züge an. Sie haben den Medien eine Video- Botschaft zur Verfügung gestellt, über die es in "Welt-Online" heißt:
In bewegenden Worten richtete sich Kate McCann an ihre Tochter: "Madeleine, hier sind Mama und Papa. Du sollst einfach wissen, dass wir dich lieben. Du fehlst uns so. Wir tun alles, was wir können, um dich wiederzufinden."
Ja, wie stellen sich denn die McCanns die Situation der Madeleine vor, von der sie - glauben wir es ihnen - denken, daß sie noch lebt?

Glauben sie, das Kind werde von Leuten gefangengehalten, die nichts Besseres zu tun haben, als ihm dieses Video zugänglich zu machen? Damit es weint, unglücklich ist, nach Hause will?

Und wie können die Eltern wollen, daß das Kind dann erfahren würde, wie sehr es ihnen fehlt? Würde das Madeleine denn trösten, die vielleicht gerade versucht, sich einer fremden Welt anzupassen, so gut es geht?



Mag sein, daß´damals, am dritten Mai, wirklich jemand in ein Appartment- Haus in Praia da Luz in eingedrungen ist, um ein schlafendes Kind aus seinem Bettchen zu nehmen und wegzutragen. Meines Wissens ist noch nie in der Kriminalgeschichte eine Kindesentführung so abgelaufen. Aber es mag ja so gewesen sein.

Dann war allerdings das Verhalten der Eltern hochgradig irrational und diente nicht der Rettung des entführten Kindes und nicht seinem Wohlergehen; von Anfang an bis jetzt zu dieser Botschaft.

Vielleicht diente es den Eltern dazu, mit ihrer Trauer fertig zu werden. Oder vielleicht doch mit ihrem Schuldbewußtsein?



Dies ist die letzte "Meckerecke" dieses Jahres. Bis Neujahr wird es in diesem Raum, wie überall in der Republik, etwas ruhiger zugehen. Ruhiger, was die Zahl der Artikel angeht. Ruhiger aber auch im Sinn von "besinnlich": Wie schon zu Ostern will ich mich auch jetzt wieder ein bißchen um das Positive kümmern.

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