2. Dezember 2007

Zettels Meckerecke: Wann kommen die grünen Lebensmittelkarten?

Die Internetausgabe der "Süddeutschen Zeitung" meldete gestern Abend, es gebe ein Positionspapier der Bundestags- Fraktion der "Grünen", das es den "Deutschen nahe" lege, "ihren Fleischkonsum drastisch zu reduzieren".

Das Papier liegt, so meldet es die "Süddeutsche", der Redaktion vor. Es heißt "Bioenergien nachhaltig gestalten", hat 19 Seiten und dürfte in die Geschichte eingehen als das erste Dokument einer Entwicklung in Deutschland, die, wie zur Zeit der alten Lebensmittelkarten, unsere Ernährung staatlicher Kontrolle unterwerfen wird. Jedenfalls, wenn die Grünen wieder einen Anteil an der Regierungsmacht bekommen sollten.

Warum wollen sie bestimmen, die Grünen, was wir Deutsche essen? Nun, zum einen, weil sie es offenbar als Aufgabe des Staats ansehen, für unsere Gesundheit Sorge zu tragen. Dazu gleich mehr. Und zum anderen - aus Sorge um das Weltklima!

Ja, denn in "der Landwirtschaft sorgt die Fleischerzeugung für den größten Brocken bei der Entstehung klimaschädlicher Gase", sagte Bärbel Höhn der SZ, einst die gefürchtete Chefin der NRW- Grünen und jetzt im Bundestag in der Fraktion zuständig für "Umwelt & Energie, Verbraucher & Agrar, Verkehr & Bau, Tourismus, Sport". So heißt der Fraktionsarbeitskreis, dem sie vorsteht.

Was nun unsere Gesundheit angeht, haben die Grünen klare Vorstellungen, was zu tun ist. "Vielfältige gesundheitliche Folgeprobleme" seien, was das Fleisch angeht, mit unserem "Konsummuster verbunden."

Dieses "Konsummuster", vulgo Fleischverzehr, sieht nämlich so aus, daß wir rund 1,5 kg Fleisch pro Woche essen. Die Grünen halten in ihrem Positionspapier 300 g für richtig. Das ist ungefähr ein viertel Schnitzel oder eine drittel Bratwurst am Tag.



Übertreibe ich, wenn ich von diesem "Positionspapier" gleich zur Einführung von Lebensmittelkarten extrapoliere? Ja, schon. Aber nicht sehr.

Wer, sagen wir, im Jahr 1977 prophezeit hätte, daß dreißig Jahre später in deutschen Eckkneipen das Rauchen verboten sein würde, daß Personalchefs die Unterlagen von Bewerbern nur nach Schwärzung des Vornamens und Entfernung des Lichtbilds vorgelegt bekämen, damit sie gegen den Vorwurf der Diskriminierung abgesichert sind - den, der dergleichen damals vorhergesagt hätte, den hätte man für einen spinnerten Apokalyptiker gehalten.

Wenn eine Bundestagsfraktion ein Positionspapier erarbeitet, dann tut sie das ja nicht einfach so. Sondern dann will sie das, was darinsteht, "umsetzen".

Also in die Form von Gesetzen, von Verordnungen kleiden.

Gewiß wird es nicht gleich ein Gesetz geben, das es unter Strafe stellt, mehr als 300 g Fleisch in der Woche zu essen. Gewiß werden zur Kontrolle unseres Fleischkonsums nicht gleich Lebensmittelkarten eingeführt werden. Aber es geht auch anders. Hier ein paar Anregungen für die Bundestagsfraktion der Grünen:
  • Kantinen und sonstige Gemeinschaftsküchen werden verpflichtet, nicht mehr als 300 g Fleisch pro Woche anzubieten. Mindestens zwei Drittel der Gerichte müssen fleischlos sein.

  • Die auf den Speisekarten von Restaurants angebotenen Gerichte müssen mindestens zu zwei Dritteln fleischlos sein.

  • Imbisse dürfen Bratwurst, Currywurst und Döner nur dann verkaufen, wenn sie mindestens dieselbe Zahl fleischloser Produkt zu einem niedrigeren Preis anbieten (z.b. Bio- Brötchen mit Tofu).

  • Auf Fleisch wird eine Sondersteuer nach dem Vorbild der Energiesteuer erhoben.

  • Für Schweine- und Rindermästung werden alle Subventionen gestrichen. Bauern, die von der Fleischproduktion auf Getreideproduktion umsteigen, erhalten Steuervergünstigungen.

  • In Metzgereien, den Fleischabteilungen von Supermärkten usw. müssen Schilder aufgehängt werden: "Vorsicht! Mehr als 300 g Fleisch pro Woche schaden Ihrer Gesundheit!". Entsprechende Aufkleber sind auf verpacktem Fleisch anzubringen.
  • Das sind nur ein paar Anregungen. Die ExpertInnen der Grünen werden sicher manches hinzufügen können.



    Ja, aber essen wir denn nicht wirklich zu viel Fleisch, wir Deutsche? Stimmt es denn nicht, daß man sechs bis zehn pflanzliche Kalorien bei der Fütterung von Tieren braucht, um eine Kalorie Fleisch zu erzeugen, daß also eine fleischlose Ernährung eine günstigere Energiebilanz hat? Tragen denn nicht Rinderherden zum Treibhausgas Methan bei?

    Ja, so ist es. Und ergo kann jeder sich überlegen, ob es nicht besser wäre, er würde weniger Fleisch essen.

    Man kann eben zum Fleischverzehr sehr unterschiedlich stehen. In unserer Familie gibt es eher wenig Fleisch, dann aber sehr gutes. Andere mögen täglich ihr Steak oder Schnitzel oder leben vegetarisch. Die Geschmäcker sind halt verschieden.

    Nur, was geht es die Bundestagsfraktion der Grünen an, wieviel Fleisch wir essen?

    Glauben sie denn, sie hätten das Recht, uns Bürgern alles das per Gesetz oder Verordnung aufzuzwingen, was sie für gesund und klimafreundlich halten? Haben sie denn überhaupt keine Achtung vor der Freiheit des Einzelnen, diese Grünen?

    Nein, sie haben keine. Jedenfalls nicht mehr. Diese Leute, die einmal so etwas wie eine Partei der Bürgerfreiheit sein wollten, sind inzwischen im Begriff, ein totalitäres Verständnis von Politik zu entwickeln.



    Orwell hatte sich in "1984" den totalitären Staat der Zukunft als einen vorgestellt, der seine Bürger überwacht und mit falschen Informationen versorgt. Was er sich nicht ausgemalt hat, ist etwas mindestens genauso Freiheitsfeindliches: Ein Staat, der bis hin zum Essen festlegt, wie seine Bürger zu leben haben.

    Noch nicht einmal die Herrschenden der DDR haben es gewagt, ihren Bürgern vorzuschreiben, wieviel Fleisch sie essen dürfen. Es "gab" nicht viel Fleisch; jedenfalls nicht viel gutes, Aber das lag an der materiellen Basis, nicht am ideologischen Überbau.

    Wie lange dauert es wohl noch, bis die Bundestagsfraktion der Grünen uns vorschreiben will, wie wir beim Geschlechtsverkehr zu liegen, zu stehen oder zu sitzen haben?

    Das könnten sie dann wenigstens zu Recht ein "Positionspapier" nennen.

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