17. Dezember 2007

Wer meine Stimme als US-Präsident hätte. Und warum die Entscheidung für mich einfach wäre

Wem würde ich meine Stimme bei den Präsidentschafts- Wahlen geben, wenn ich in den USA und wahlberechtigt wäre und wenn ich die freie Auswahl unter allen Kandidaten sowie der Kandidatin hätte, die jetzt im Rennen sind? Plus denen, die eigentlich "präsidiabel" sind, die aber aus irgendeinem Grund ihren Hut nicht in den Ring geworfen haben, wie zum Beispiel Al Gore?

Als ich mich das in den letzten Wochen gelegentlich spielerisch gefragt habe, war eines jedenfalls klar: Es könnte ein Demokrat oder es könnte ein Republikaner sein.

Die - nach amerikanischen Maßstäben - linken und rechten Flügelleute würden für mich von vornherein ausscheiden; also die linken Demokraten und die rechten Republikaner.

Hillary Clinton und Barack Obama, die am liebsten sofort den Irak militärisch im Stich lassen würden, und damit Israel in größte Gefahr bringen - die würde ich gewiß nicht wählen.

Den öligen John Edwards, der auf mich wirkt, als spiele da ein Schauspieler in einem B-Movie einen dieser bigotten Prediger, die durch den Wilden Westen reisen - den gewiß auch nicht.

Und schon gar nicht den Linksaußen Dennis Kucinich, der für die "Normalisierung" der Beziehungen zu Cuba eintritt und andererseits für den Austritt der USA aus der World Trade Organization; der Marihuana weitgehend legalisieren und dafür den Patriot Act außer Kraft setzen will. Und der natürlich, wie auch Edwards, für den Rückzug aus dem Irak ist.



Nein, von den halbwegs ernsthaft in Frage kommenden demokratischen Kandidaten wäre nur einer für mich wählbar - Joe Biden. Einer der angesehendsten demokratischen Senatoren, erfahren in der Rechts- und der Außenpolitik.

In beiden Bereichen mit liberalkonservativen Positionen: Er unterstützt den Kampf gegen den Terrorismus ebenso wie den gegen das Verbrechen in den USA und ist ein eindeutiger Unterstützer Israels. Er ist gegen die Wiedereinführung des Schulgebets, gegen Einschränkungen der Stammzellen- Forschung. Kurz, er ist mal konservativ, mal liberal; je nach Thema. Für den Irak hat er einen eigenen Plan ausgearbeitet, über den man streiten kann; jedenfalls aber will er nicht den sofortigen Abzug.

Bei vielen Themen stimme ich nicht mit ihm überein, aber mit seiner liberalkonservativen Haltung könnte ich mich anfreunden.

Viel lieber noch als ihn aber würde ich einen Demokraten wählen wollen, der nur leider diesmal nicht antritt: Joe Lieberman.

Der, streng genommen, freilich gar kein Demokrat mehr ist. Denn dieser über Jahrzehnte hochangesehene demokratische Senator wurde 2006 in seinem Staat Connecticut von der Demokratischen Partei nicht wieder als Kandidat aufgestellt; offensichtlich, weil er den Irak-Krieg auch noch unterstützte, als er schlecht lief.

Darauf kandidierte Lieberman als Unabhängiger, wurde gewählt und sitzt jetzt als Unabhängiger im Senat, der aber seiner Partei die Loyalität nicht aufgekündigt hat.



Und bei den Republikanern? Da geht es mir ähnlich.

Die Kandidaten auf dem rechten Flügel scheiden für mich aus - also Leute wie Romney, Thompson, Huckabee.

Eher anfreunden könnte ich mich mit im weiteren Sinn Liberalkonservativen wie Rudy Giuliani und dem Libertären Ron Paul.

Aber so, wie ich bei den Demokraten eindeutig Lieberman - wäre er denn Kandidat - bevorzugen würde, hätte ich keine Schwierigkeit, unter den republikanischen Kandidaten meinen Favoriten zu finden: John McCain.

Wie Lieberman ein selbständiger, liberalkonservativer Mann, der sich nicht der jeweils herrschenden Meinung anpaßt. Er hat klare und feste Positionen in Bezug auf den Irak, den Iran, Israel. Aber er tritt - anders als manche Republikaner - beispielsweise ebenso fest für den Schutz der Menschenrechte auch von gefangenen Terroristen ein.

Er kämpft in der Innenpolitik zum Beispiel gegen das sogenannte Pork Barrel Spending, die Ausschüttung finanzieller Wohltaten dorthin, wo der das jeweils betreibende Politiker stammt. Kurz, wie Lieberman ist McCain ein konservativer Mann mit liberalen Ansichten; oder ein Liberaler mit konservativen Auffassungen, wie man mag.



Würde McCain gegen Lieberman antreten und wäre ich ein wahlberechtigter US-Bürger - ich würde mich fühlen wie der Buridanische Esel.

Aber Lieberman kandidiert ja nicht.

Und nicht nur das - er hat (und das war für mich der Anlaß, diesen Artikel zu schreiben) gestern bekanntgegeben, daß er, der langjährige Demokrat, zu den kommenden Präsidentschafts- Wahlen einen Kandidaten der Republikaner unterstützen wird: John McCain.

Das hat mich gefreut. Das hat mich sehr gefreut.

So brauchte ich, dürfte ich in den USA wählen, keinen Augenblick nachdenken, wem ich meine Stimme gebe würde.

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