17. Dezember 2009

Marginalie: "Ein gigantischer Raubzug gegen den Westen". Krauthammer kommentiert Kopenhagen. Der neue Sozialismus

"The new socialism" überschreibt Charles Krauthammer seine aktuelle Kolumne in der Washington Post. Der neue Sozialismus.

Es gab, schreibt er, schon einmal in den siebziger und frühen achtziger Jahren den Versuch einer gigantischen Umverteilung von den industrialisierten westlichen Ländern in das, was man damals die "Dritte Welt" nannte.

"New International Economic Order" (NIEO) wurde das seinerzeit genannt, neue Weltwirtschaftsordnung. Damals scheiterte es am Widerstand von Ronald Reagan und Margaret Thatcher, auch an der Schuldenkrise der achtziger Jahre.

Nun ist dieselbe Forderung wieder da, meint Krauthammer, nur jetzt verpackt in Ökologie:
The raid on the Western treasuries is on again, but today with a new rationale to fit current ideological fashion. With socialism dead, the gigantic heist is now proposed as a sacred service of the newest religion: environmentalism.

One of the major goals of the Copenhagen climate summit is another NIEO shakedown: the transfer of hundreds of billions from the industrial West to the Third World to save the planet by, for example, planting green industries in the tristes tropiques.

Politically it's an idea of genius, engaging at once every left-wing erogenous zone: rich man's guilt, post-colonial guilt, environmental guilt.

Der Angriff auf die Schatzkammern des Westens ist wieder im Gang, aber heute mit einer neuen Begründung, die zu der gegenwärtigen ideologischen Mode passen soll. Da der Sozialismus tot ist, wird der gigantische Raubzug jetzt als heiliger Dienst für die neueste Religion propagiert: Die Umweltbewegung.

Eines der Hauptziele des Klimagipfels von Kopenhagen ist ein neuer Probelauf für NIEO: Der Transfer von Hunderten von Milliarden vom industrialisierten Westen in die Dritte Welt, um die Welt zu retten, indem zum Beispiel in den tristes tropiques grüne Industrien angesiedelt werden sollen.
[Anmerkung von Zettel: Anspielung auf das Werk "Tristes Tropiques" (Traurige Tropen) von Claude Lévi- Strauss; siehe Claude Lévi-Strauss, Wissenschaftler und Denker; ZR vom 5. 11. 2009]

Politisch ist das eine geniale Idee, denn damit werden zugleich alle erogenen Zonen der Linken erfaßt: Die Schuld der Reichen, die nachkoloniale Schuld, die Umweltschuld.

Krauthammer verknüpft das im zweiten Teil seiner Kolumne mit den Bestrebungen in den USA, der dortigen Umweltbehörde EPA die Kontrolle über die gesamte CO2-Wirtschaft zu geben, indem man CO2 zu einer Gefahr für die menschliche Gesundheit deklariert hat. Da CO2 fast überall eine Rolle spielt, bedeutet das die Kontrolle über große Teile der Wirtschaft.

Zwei Jahrzehnte nach dem Fall des real existierenden Sozialismus ist die Linke wieder da, mit allen ihren Träumen.

Global geht es wieder um die Umverteilung vom "Norden" in den "Süden" (wie es jetzt statt "Dritte Welt" meist heißt). National steht die Kontrolle der Wirtschaft und damit der Gesellschaft durch eine linke Elite wieder auf der Tagesordnung. Noch einmal Krauthammer:
Socialism having failed so spectacularly, the left was adrift until it struck upon a brilliant gambit: metamorphosis from red to green.

The cultural elites went straight from the memorial service for socialism to the altar of the environment. The objective is the same: highly centralized power given to the best and the brightest, the new class of experts, managers and technocrats. This time, however, the alleged justification is not abolishing oppression and inequality but saving the planet.

Nachdem der Sozialismus so spektakulär gescheitert war, schwamm die Linke, bis sie auf einen brillanten Schachzug verfiel: die Metamorphose von rot zu grün.

Die kulturellen Eliten begaben sich stracks von der Trauerfeier für den Sozialismus zum Altar der Umwelt. Das Ziel bleibt dasselbe: Eine hochgradig zentralisierte Macht, die den den Besten und den Klügsten gegeben wird, der neuen Klasse von Experten, Organisatoren und Technokraten. Diesmal ist die angebliche Rechtfertigung jedoch nicht die Abschaffung von Unterdrückung und Ungleichheit, sondern die Rettung des Planeten.

So hat es Wolfgang Harich schon vor mehr als dreißig Jahren vorhergesagt; jener kommunistische Theoretiker der Öko- Dikatur, auf den ich unermüdlich hinweise, weil ihm noch immer nicht der verdiente Platz in der Geschichte gegeben wird. Siehe Wolfgang Harich und die Öko-Diktatur; ZR vom 16. 3. 2007; Wolfgang Harichs Aktualität; ZR vom 6. 4. 2007 sowie kürzlich "Hilft nur noch die Öko-Dikatur"?; ZR vom 6. 12. 2009.



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