Als ich gestern die Meldungen gelesen habe, kamen sie mir seltsam vor. Ich hatte aber keine Zeit, der Sache nachzugehen: Sarkozy habe, so hieß es, Journalisten bzw. einen Journalisten als pädophil beschimpft.
Jetzt habe ich nachgesehen. Und siehe: Wieder einmal watschelt eine Zeitungsente. Wieder einmal wird geplappert und nachgeplappert, statt daß man recherchiert, bevor man eine Behauptung aufstellt; noch dazu eine dieses Kalibers.
Hier sind ein paar Schlagzeilen von gestern:
Nichts davon. Rien.
Die Zeitung Libération hat eine Aufzeichnung des betreffenden Gesprächs aufgetrieben. Es war ein Hintergrundgespräch, nach deutscher Journalistensprache "unter drei" - es hätte daraus eigentlich nicht zitiert werden dürfen, schon gar nicht wörtlich. Aber just jene Journalisten, die Politikern gern mit dem moralischen Zeigefinger kommen, nehmen es mit solchen Abmachungen nicht unbedingt genau.
Nun ist es also dokumentiert, das Gespräch; jedenfalls der hier relevante Ausschnitt. Irgendwer hat das aufgezeichnet; offenbar aus dem Saal heraus, denn die Qualität ist miserabel. Sie können die Aufzeichnung beim Nouvel Observateur abhören, der auch die kritischen Stellen transskribiert; oder am ursprünglichen Ort bei Libération.
Sarkozy äußerte sich zu den Vorwürfen, er sei in diese Affäre verstrickt; es geht dabei um Gelder aus Waffengeschäften, die in die Wahlkampfkasse des damaligen Kandidaten für die Präsidentschaft Edouard Balladur geflossen sein sollen.
In dem Gespräch - überwiegend ein Monolog Sarkozys mit gelegentlichen Zwischenfragen und Einwürfen von Journalisten - wirft der Staatspräsident Journalisten vor, unbewiesene Behauptungen zu verbreiten und schlecht zu recherchieren. Sie verhielten sich unprofessionell.
Beispielsweise würde behauptet, er sei damals Wahlkampfleiter von Balladur gewesen: andere schrieben, er sei dessen Schatzmeister (trésorier) gewesen. Tatsächlich, sagt Sarkozy, sei er aber lediglich der Presssprecher (porte-parole) gewesen. Und so sei es überhaupt - die Journalisten hätten nichts gegen ihn in der Hand, ergingen sich aber in Vermutungen der Art "es hat den Anschein, daß ...". Sie verlangten von ihm, sich zu rechtfertigen, und er frage sich, wofür eigentlich.
Um dieses in seinen Augen inakzeptable Verfahren von Journalisten zu illustrieren und ad absurdum zu führen, sagt Sarkozy dann zu einem der Frager ironisch:
Keine Spur von Beschimpfung oder einem Verlieren der Contenance. Man war unter sich. Das Gespräch verlief locker; schon zu Beginn des aufgezeichneten Abschnitts hatte Sarkozy einen der Journalisten mit "mon pauvre" angeredet, also ungefähr "mein Kleiner". Und um seinen Scherz noch einmal aufzugreifen, verabschiedet er sich mit "Amis pédophiles, à demain!" - Bis morgen, meine pädophilen Freunde.
Das ist alles. Wenn man die Aufzeichnung abhört, dann kann man sich fragen, ob sich ein Staatspräsident derart locker und kumpelhaft geben sollte. Keiner seiner Vorgänger hätte das getan. Es ist völlig undenkbar, daß de Gaulle, Mitterand oder auch Chirac so mit Journalisten geredet hätte.
Aber so ist Sarkozy nun einmal (siehe Sarkozy nervt die Franzosen; ZR vom 26. 2. 2008). Das ist keine Meldung wert. Daß er einen Journalisten als pädophil beschimpfte, wäre eine Meldung.
Wenn es stimmen würde. Es ist aber nur eine Zeitungsente.
Eine freilich mit einer Pointe: Sarkozy wirft Journalisten vor, sie würden unseriös berichten. Und just über das, was er gesagt hat, wird unseriös berichtet.
Jetzt habe ich nachgesehen. Und siehe: Wieder einmal watschelt eine Zeitungsente. Wieder einmal wird geplappert und nachgeplappert, statt daß man recherchiert, bevor man eine Behauptung aufstellt; noch dazu eine dieses Kalibers.
Hier sind ein paar Schlagzeilen von gestern:
Der Artikel der "Süddeutschen" beginnt so:"Sarkozy beschimpft Journalisten als pädophil" ("Spiegel-Online") "Sarkozy beschimpft Journalisten als 'Pädophile'" ("Tagesspiegel") "Sarkozy verliert die Contenance - 'Bis morgen, pädophile Freunde!'" (FAZ.Net) "Sarkozy zu Journalisten - 'Bis morgen, pädophile Freunde' (sueddeutsche.de
Die "Karatschi"-Affäre um illegale Geldflüsse zwischen Frankreich und Pakistan setzt Präsident Nicolas Sarkozy zu. Jetzt hat er einen Reporter wegen unangenehmer Fragen zu dem Thema als pädophil beschimpft.Und natürlich setzt "Spiegel-Online" noch einen drauf:
Frankreichs Präsident gerät wegen einer Schmiergeldaffäre aus den neunziger Jahren in Bedrängnis. Als Journalisten ihn dazu befragten, wurde Sarkozy beleidigend: "Es scheint, als seien Sie pädophil", schnauzte er - und legte dann noch mal nach.Hat er "geschnauzt", Nicolas Sarkozy? Hat er "die Contenance verloren" und "Journalisten beschimpft"?
Nichts davon. Rien.
Die Zeitung Libération hat eine Aufzeichnung des betreffenden Gesprächs aufgetrieben. Es war ein Hintergrundgespräch, nach deutscher Journalistensprache "unter drei" - es hätte daraus eigentlich nicht zitiert werden dürfen, schon gar nicht wörtlich. Aber just jene Journalisten, die Politikern gern mit dem moralischen Zeigefinger kommen, nehmen es mit solchen Abmachungen nicht unbedingt genau.
Nun ist es also dokumentiert, das Gespräch; jedenfalls der hier relevante Ausschnitt. Irgendwer hat das aufgezeichnet; offenbar aus dem Saal heraus, denn die Qualität ist miserabel. Sie können die Aufzeichnung beim Nouvel Observateur abhören, der auch die kritischen Stellen transskribiert; oder am ursprünglichen Ort bei Libération.
Sarkozy äußerte sich zu den Vorwürfen, er sei in diese Affäre verstrickt; es geht dabei um Gelder aus Waffengeschäften, die in die Wahlkampfkasse des damaligen Kandidaten für die Präsidentschaft Edouard Balladur geflossen sein sollen.
In dem Gespräch - überwiegend ein Monolog Sarkozys mit gelegentlichen Zwischenfragen und Einwürfen von Journalisten - wirft der Staatspräsident Journalisten vor, unbewiesene Behauptungen zu verbreiten und schlecht zu recherchieren. Sie verhielten sich unprofessionell.
Beispielsweise würde behauptet, er sei damals Wahlkampfleiter von Balladur gewesen: andere schrieben, er sei dessen Schatzmeister (trésorier) gewesen. Tatsächlich, sagt Sarkozy, sei er aber lediglich der Presssprecher (porte-parole) gewesen. Und so sei es überhaupt - die Journalisten hätten nichts gegen ihn in der Hand, ergingen sich aber in Vermutungen der Art "es hat den Anschein, daß ...". Sie verlangten von ihm, sich zu rechtfertigen, und er frage sich, wofür eigentlich.
Um dieses in seinen Augen inakzeptable Verfahren von Journalisten zu illustrieren und ad absurdum zu führen, sagt Sarkozy dann zu einem der Frager ironisch:
Et vous, j'ai rien du tout contre vous. Il semblerait que vous soyez pédophile... Qui me l'a dit ? J'en ai l'intime conviction (...) Pouvez-vous vous justifier?Brüllendes Gelächter im Saal.
Und Sie, ich habe überhaupt nichts gegen Sie. Es könnte den Anschein haben, daß Sie pädophil sind. ... Wer hat mir das gesagt? Ich habe da eine tiefe Überzeugung (...) Können Sie sich rechtfertigen?
Keine Spur von Beschimpfung oder einem Verlieren der Contenance. Man war unter sich. Das Gespräch verlief locker; schon zu Beginn des aufgezeichneten Abschnitts hatte Sarkozy einen der Journalisten mit "mon pauvre" angeredet, also ungefähr "mein Kleiner". Und um seinen Scherz noch einmal aufzugreifen, verabschiedet er sich mit "Amis pédophiles, à demain!" - Bis morgen, meine pädophilen Freunde.
Das ist alles. Wenn man die Aufzeichnung abhört, dann kann man sich fragen, ob sich ein Staatspräsident derart locker und kumpelhaft geben sollte. Keiner seiner Vorgänger hätte das getan. Es ist völlig undenkbar, daß de Gaulle, Mitterand oder auch Chirac so mit Journalisten geredet hätte.
Aber so ist Sarkozy nun einmal (siehe Sarkozy nervt die Franzosen; ZR vom 26. 2. 2008). Das ist keine Meldung wert. Daß er einen Journalisten als pädophil beschimpfte, wäre eine Meldung.
Wenn es stimmen würde. Es ist aber nur eine Zeitungsente.
Eine freilich mit einer Pointe: Sarkozy wirft Journalisten vor, sie würden unseriös berichten. Und just über das, was er gesagt hat, wird unseriös berichtet.
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.