4. November 2010

Mal wieder ein kleines Quiz: Warum verlor Obamas Partei die Wahlen?

Warum hat Obamas Partei die Wahlen verloren?
(1) Der Hoffnungsträger hat versagt

(2) Es versagten vielmehr die Hoffenden

(3) Obama war nicht reif

(4) Obama wurde das Opfer unreifer, womöglich sogar perfider Hoffnungen.
Die richtige Antwort finden Sie diesmal nicht im kleinen Zimmer, sondern in dem Artikel "Sündenböcke. Warum Hoffnungsträger wie Barack Obama die Wähler enttäuschen müssen", den Bernd Ulrich vor zwei Stunden in "Zeit-Online" gestellt hat.

Bernd Ulrich ist der Leiter des Ressorts Politik der "Zeit". Wenn Sie von ihm eine politische Analyse erwarten, dann werden Sie freilich enttäuscht werden.

Sie erfahren in dem Artikel nichts über die wirtschaftlichen Ursachen des Wahlausgangs, zum Beispiel die für amerikanische Verhältnisse exorbitant hohe Arbeitslosigkeit, die nach zwei Jahren Wirtschaftspolitik des Obama'schen deficit spending zu verzeichnen ist.

Sie erfahren nichts von den gesellschaftspolitischen Ursachen, zum Beispiel von der Empörung vieler Amerikaner über den ausufernden bürokratischen Apparat, der zur Umsetzung von Obamacare geschaffen werden soll; von der Angst vor allem kleiner Gewerbetreibender, daß sie die künftig von ihnen verlangten Ausgaben für die Versicherung ihrer Angestellten (widrigenfalls eine Strafsteuer) nicht aufbringen können.

Sie erfahren nichts davon, daß Obama mit dem Versprechen gewonnen hat, er werde etwas gegen "Washington" tun (die Chiffre für Bevormundung der Bürger durch die Zentralregierung), und nun selbst ein Super-Washington in Szene setzt.

Sie erfahren nichts von den historischen Ursachen, zum Beispiel dem in den USA tief verwurzelten Mißtrauen dagegen, daß der Staat den Bürgern ihr Geld in Form von Steuern abnimmt, um es ihnen dann zum Teil in Form von Subventionen zurückzugeben ("stimulus"). Die Tea-Party-Bewegung hat schließlich ihren Namen von dem Ereignis, mit dem die amerikanische Unabhängigkeitsbewegung begann - der Aktion im Jahr 1773 gegen eine von der britischen Krone eingeführte Teesteuer.

Solche Ursachen analysiert der Chef des Ressorts Politik der "Zeit" nicht. In diese Niederungen des Konkreten hinein bewegen sich die Gedanken des einstigen Mitarbeiters der Fraktion der Grünen im Bundestag beileibe nicht.

Sondern er blickt ins Bedeutend-Allgemeine; und das klingt dann so:
Linke wie Rechte, nicht nur in den USA, scheinen von einer regelrechten Wollust an der Vergeblichkeit erfasst zu sein, gern steigen sie ein in den schnellen Zyklus von überhitzten Hoffnungen und übereilten Enttäuschungen. Kein Wunder, immerhin entlastet es, man hat einen Schuldigen gefunden dafür, dass die Politik wieder mal nicht so läuft wie gewünscht, also darf man sich ausklinken aus den Problemen, die nur noch die seinen sind, nicht mehr die aller. Der Hoffnungsträger von heute ist der Sündenbock von morgen, was ihm zufliegt, sind Herzen, was bei ihm ankommt, sind Steine.
Haben Sie das vestanden? Ich glaube, Ulrich will sagen: Die Leute sind enttäuscht, weil sie eine Neigung haben, enttäuscht zu sein. Die Antworten (2) und (4) sind also richtig.

Haben Sie's erraten?



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