23. Dezember 2012

Zwanzig Prozent der Ägypter haben zugestimmt: In Ägypten werden sich künftig Moslembrüder und Generäle die Macht teilen

Wie vor einer Woche ist auch jetzt wieder in Ägypten erstaunlich schnell ausgezählt worden.

Das Ergebnis ist so, wie es zu erwarten gewesen war und wie Sie es am vergangenen Sonntag in ZR lesen konnten:

Nachdem das überwiegend städtische Ägypten relativ knapp zugestimmt hatte, hat jetzt das ländlich-zurückgebliebene Ägypten den Moslembrüdern einen Erdrutschsieg gebracht. Sie können sich das bei Al Ahram ansehen: Diesmal stimmten nur noch 29 Prozent gegen die islamistische Verfassung. Das Gesamtergebnis des ersten und des zweiten Wahltags ist 64 Prozent "Ja", 36 Prozent "Nein".

Das bedeutet nicht, daß fast zwei Drittel der Ägypter Islamisten wären.

Viele haben zugestimmt, weil sie Ruhe und Stabilität wollen (siehe Referendum in Ägypten: Woher kommen die "Ja"-Stimmen?; ZR vom 17. 12. 2012). Und die Wahlbeteiligung war jämmerlich.

Al Ahram meldet für diesen zweiten Tag eine Wahlbeteiligung von 32 Prozent, was auch eine Gesamt-Wahlbeteiligung von knapp 32 Prozent ergibt. In einigen Gouvernements hat sich nur ein Viertel der Wahlberechtigten beteiligt; in Qena im Niltal (siehe hier) beispielsweise nur 22,3 Prozent. 64 Prozent "Ja"-Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 32 Prozent bedeuten, daß zwanzig Prozent der Ägypter dieser Verfassung zugestimmt haben.

Die Moslembrüder haben gewonnen, weil sie die einzige zivile Kraft sind, die Stablität verspricht. Damit hat der Sturz Mubaraks nicht zu mehr Demokratie geführt, sondern das eine autoritäre Regime durch ein anderes ersetzt. In Sadats und Mubaraks Ägypten hatte sich eine sozialistische Einheitspartei die Macht mit dem Militär geteilt. Künftig werden sich die Moslembrüder die Macht mit dem Militär teilen. Für die Freiheit des Einzelnen wird das ein Rückschlag sein.

Gestern hat Morsi 90 Mitglieder des Oberhauses, der Schuria, ernannt. Vier von ihnen sind Generäle.
Zettel



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