8. Juli 2007

Marginalie: Zwei Lesben

Eine homosexuelle Ministerin hat eine neue Lebenspartnerin gefunden.

Die Presse berichtet.

Wo ist da der News Value, wo das öffentliche Interesse daran, das nun im einzelnen zu erfahren? Warum schreibt man darüber einen Artikel?

Die Ministerin ist nicht besonders bekannt. Genauer: Sie ist in Deutschland so gut wie unbekannt.

Hätte sie sich statt in eine Heilpraktikerín in einen Heilpraktiker verliebt, dann wäre die Story gestorben, bevor sie irgendein überregionales Medium erreicht hätte.

Nun hat sie sich aber in eine Frau verliebt. Also ist das eine Meldung.



Ich finde das seltsam. Und nachdenkenswert.

Warum ziehen diejenigen, die eine sexuelle Orientierung haben, die die Mehrheit nicht hat, soviel Aufmerksamkeit auf sich?

Die Antwort Sigmund Freuds war, daß wir alle die betreffenden Partial- Triebe - das war seine Bezeichnung - in uns haben. Wir verdrängen sie, aber ein heimliches Interesse bleibt.

Daß wir also alle ein wenig sadistisch sind, ein wenig homosexuell, ein wenig Voyeure und ein wenig Exhibitionisten.

Daß wir alle als Kinder eine "polymorph- perverse" - das war seine Bezeichnung - Organisation unseres Sexualität hatten.

In der das alles vorkam, was man "pervers" nennt, was aber in der normalen Entwicklung in die genitale, die normale Sexualität eingebaut wird.



Freud hat sich sehr darum bemüht, die Sexualität von Frauen zu verstehen.

Er hat versucht, die Homosexualität von Frauen zu verstehen.

Er hat immer wieder Ansätze gemacht, so etwas wie eine weibliche Parallele zum Ödipus-Komplex zu konstruieren.

Es wurde nichts Rechtes daraus, und Freud war sich dessen bewußt.

Er hat, trotz seiner Ausbildung als Neurobiologe, die Antwort immer in frühkindlichen Erfahrungen gesucht.



Da ist sie wohl nicht zu finden. Sondern es scheint, daß ein bestimmter kleiner, aber stabiler Anteil von Homosexuellen evolutionär von Vorteil war.

Männer, die zusammenhielten. Die gemeinsam mit ihrem "Liebling" kämpften, wie das die alten Griechen nannten.

Sokrates war wohl so einer. Vor seinem Bettgenossen möchte keiner ein Feigling sein. Also ist er tapfer, und der Bettgenosse lohnt es ihm.

Und sozusagen am anderen Ufer: Frauen, die einander helfen und beglücken. Auch das ist gut für die Gesellschaft.



Es hat sie immer gegeben, es wird sie immer geben, die Homosexualität.

Daß sie genetisch begründet ist, geht schon aus dem simplen Sachverhalt hervor, daß der Prozentsatz der Homosexuellen in allen Kulturen, zu allen Zeiten stabil ist: Mehr als drei Prozent, weniger als zehn Prozent.

Das ist die Marge der Schätzungen. Natürlich eine breite Marge, aber auch wieder nicht eine unerträglich breite.

Natürlich möchten die Homosexuellen gern, daß sie viele sind. Natürlich möchten andere, daß sie wenige sind. Aber minimal drei, maximal zehn Prozent - das ist die Spannweite.

Der wahrscheinlichste Wert könnte fünf Prozent sein. Das war jedenfalls mein Eindruck, nachdem ich dazu ein wenig gelesen hatte.

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