Wenn alles gut geht - wenn es also den denkbar schlechtesten Ausgang nimmt - dann wird Anfang November Andrea Ypsilanti zur Ministerpräsidentin des Landes Hessen gewählt.
Sie wird dann mit den Stimmen der Partei gewählt werden, die gegenwärtig "Die Linke" heißt; und auf diese Partei wird sie nicht nur für ihre Wahl angewiesen sein, sondern für alles, was sie als Ministerpräsidentin durchzusetzen gedenkt.
Als sich diese Entwicklung im vergangenen März abzeichnete, habe ich einmal nachgesehen, wer eigentlich die sechs Abgeordneten dieser Partei sind, die künftig über das Schicksal des Landes Hessen mitentscheiden sollen. Das Fazit lautete damals:
Die eine ist Janine Wissler.
Als ich im März über sie schrieb, schien sie mir ein ziemlich unbeschriebenes Blatt zu sein. Trotzkistin aus dem ehemaligen "Linksruck"; jetzt "Marx21". Also eine Revolutionärin. Wie die meisten Trotzkisten aber auch eine Entristin.
Entrismus - das kommt vom französischen "entrer", eintreten. In den Dreißiger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts traten auf Trotzkis Rat hin viele seiner französischen Anhänger in die sozialdemokratische S.F.I.O. ein, um sie von innen her für die Revolution fit zu machen; seither ist dieses Unterwandern die Taktik vieler Strömungen des Trotzkismus.
Daß sie die Revolution wollen, daraus machen die Trotzkisten - anders als die Leninisten aus der DKP und der SED, und insofern sympathischer - keinen Hehl. Auch Janine Wissler nicht, dazu gleich noch etwas.
Aber sie suchen nicht nur den Weg über die "Mobilisierung der Massen". Sondern parallel dazu versuchen sie, linke Parteien unter ihre Kontrolle zu bringen; zumindest sie zu beeinflussen. Der französische Politiker Lionel Jospin, später Ministerpräsident und Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten, war ein solcher Entrist; noch als Generalsekretär seiner sozialdemokratischen Partei PS war er zugleich Mitglied einer trotzkistischen Zelle.
Bis vor kurzem wählten die deutschen trotzkistischen Entristen die SPD als Ziel ihrer Unterwanderung. Die DKP kam nicht in Frage, denn Leninisten und Trotzkisten sind einander spinnefeind. Dann entstand die WASG, die von Anfang an einen trotzkistischen Flügel hatte. Durch die Vereinigung mit der PDS sind die Trotzkisten nun in "Die Linke" angekommen.
Und in dieser Partei hat Janine Wissler, seit ich im März über sie schrieb, eine erstaunliche Karriere gemacht.
Im Mai wurde sie in den 44köpfigen Parteivorstand von "Die Linke" gewählt; und zwar mit der zweithöchsten Stimmenzahl. Die trotzkistische Studentin ist damit heute eine der führenden Kommunistinnen in Deutschland.
Zugleich wurde sie zur Prima inter pares ihrer Fraktion im Hessischen Landtag. Dazu schreibt heute Christian Teevs in "Spiegel- Online":
Der zweite, über den Neues zu berichten ist, ist der Fraktionsvorsitzende Willi van Ooyen. Das Neue ist freilich Altes - nur ist neu, daß dieses Alte jetzt wieder von Interesse ist.
Damals im März hatte ich darauf hingewiesen, daß van Ooyen aus dem Umkreis der DKP kommt und zeitweilig Geschäftsführer der von der DDR finanzierten "Deutschen Friedens- Union" war. Wie sehr er dabei verstrickt war, das beschreibt Hubertus Knabe, der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, in der heutigen FAZ:
Die DFU nämlich (mit gerade mal tausend Mitgliedern in den achtziger Jahren) wurde fast zur Gänze aus der DDR finanziert. Knabe zitiert aus einer damals geheimen Information für das Politbüro, wonach die DFU jährlich rund fünf Millionen Mark aus der Schatulle für DDR- Westagitation erhielt. Noch kurz vor dem Ende der DDR - am 15. Oktober 1989 - genehmigte Honecker 3,1 Millionen für die DFU (von insgesamt 65 Millionen für die "DKP und befreundete Organisationen").
Wußte van Ooyen, daß seine DFU eine von der DDR finanzierte Organisation war? Oder war er ein reiner Tor, "nach eigenen Angaben ein harmloser Friedensaktivist, der jahrelang die 'Ostermärsche' organisierte", wie Knabe schreibt?
Das möchte van Ooyen gern glauben machen. Im März dieses Jahres behauptete er, so zitiert es Knabe: "Bei mir ist nie jemand mit Geld aus der DDR oder Moskau angekommen."
Knabe allerdings hat recherchiert und ist auf einen Artikel gestoßen, der in der "taz" in der Wendezeit erschien, am 29. November 1989. Damals sagte van Ooyen: "Durch die Entwicklung in der DDR ist eine entscheidende Finanzquelle überraschend versiegt."
Und damals enthüllte er laut Knabe offenbar auch, wie die Finanzierung aus der DDR funktioniert hatte:
Sie wird dann mit den Stimmen der Partei gewählt werden, die gegenwärtig "Die Linke" heißt; und auf diese Partei wird sie nicht nur für ihre Wahl angewiesen sein, sondern für alles, was sie als Ministerpräsidentin durchzusetzen gedenkt.
Als sich diese Entwicklung im vergangenen März abzeichnete, habe ich einmal nachgesehen, wer eigentlich die sechs Abgeordneten dieser Partei sind, die künftig über das Schicksal des Landes Hessen mitentscheiden sollen. Das Fazit lautete damals:
Eine Frau ohne politische Erfahrung (Cárdenas Alfonso), eine Trotzkistin (Wissler), eine Veteranin linker Demos (Schott). Ein linker Gewerkschafts- Funktionär (Schaus), ein Funktionär von Organisationen aus dem Umfeld der alten, oft DKP- nahen extremen Linken (van Ooyen). Und ein Altlinker, schon in den achtziger Jahren bei einer von der SPD abgespaltenen Links- Sekte gelandet (Wilken).Über zwei dieser glorreichen Sechs gibt es jetzt Neues zu vermelden.
Die eine ist Janine Wissler.
Als ich im März über sie schrieb, schien sie mir ein ziemlich unbeschriebenes Blatt zu sein. Trotzkistin aus dem ehemaligen "Linksruck"; jetzt "Marx21". Also eine Revolutionärin. Wie die meisten Trotzkisten aber auch eine Entristin.
Entrismus - das kommt vom französischen "entrer", eintreten. In den Dreißiger Jahren des Zwanzigsten Jahrhunderts traten auf Trotzkis Rat hin viele seiner französischen Anhänger in die sozialdemokratische S.F.I.O. ein, um sie von innen her für die Revolution fit zu machen; seither ist dieses Unterwandern die Taktik vieler Strömungen des Trotzkismus.
Daß sie die Revolution wollen, daraus machen die Trotzkisten - anders als die Leninisten aus der DKP und der SED, und insofern sympathischer - keinen Hehl. Auch Janine Wissler nicht, dazu gleich noch etwas.
Aber sie suchen nicht nur den Weg über die "Mobilisierung der Massen". Sondern parallel dazu versuchen sie, linke Parteien unter ihre Kontrolle zu bringen; zumindest sie zu beeinflussen. Der französische Politiker Lionel Jospin, später Ministerpräsident und Kandidat für das Amt des Staatspräsidenten, war ein solcher Entrist; noch als Generalsekretär seiner sozialdemokratischen Partei PS war er zugleich Mitglied einer trotzkistischen Zelle.
Bis vor kurzem wählten die deutschen trotzkistischen Entristen die SPD als Ziel ihrer Unterwanderung. Die DKP kam nicht in Frage, denn Leninisten und Trotzkisten sind einander spinnefeind. Dann entstand die WASG, die von Anfang an einen trotzkistischen Flügel hatte. Durch die Vereinigung mit der PDS sind die Trotzkisten nun in "Die Linke" angekommen.
Und in dieser Partei hat Janine Wissler, seit ich im März über sie schrieb, eine erstaunliche Karriere gemacht.
Im Mai wurde sie in den 44köpfigen Parteivorstand von "Die Linke" gewählt; und zwar mit der zweithöchsten Stimmenzahl. Die trotzkistische Studentin ist damit heute eine der führenden Kommunistinnen in Deutschland.
Zugleich wurde sie zur Prima inter pares ihrer Fraktion im Hessischen Landtag. Dazu schreibt heute Christian Teevs in "Spiegel- Online":
Wissler rückt zunehmend ins Licht der Öffentlichkeit. Wenn Journalisten druckfähige Zitate brauchen, klingelt ihr Telefon. Auch in der sechsköpfigen Fraktion gibt inzwischen sie den Ton an (...)Für diese Karriere mußte sie natürlich ein wenig Kreide fressen, die Janine Wissler. Aber doch nicht allzuviel. Anders als damals Jospin, der ein konspirativ arbeitender Trotzkist war, ist Janine Wissler eine offene Trotzkistin. Also eine, die sich zur Revolution bekennen darf. Aus dem Artikel von Christian Teevs:
Obwohl auch parteiintern Kritik geäußert wurde, sitzt die heimliche Chefin der hessischen Linken fest im Sattel. Die Gründe dafür liegen zuvorderst in Berlin. In der Parteispitze genießt sie breite Rückendeckung. Allen voran Oskar Lafontaine sieht in ihr ein großes politisches Talent, das er bereitwillig fördert.
Janine Wissler beißt sich auf die Lippe, sie will jetzt nichts Falsches sagen. Dabei passt ihr die Frage des Reporters gar nicht: Von der hessischen Linken sei doch nicht ernsthaft eine Revolution zu erwarten, oder? Wissler wendet sich ab und will gehen. Doch dann lässt sie die Zurückhaltung fallen: "Das wollen wir erst mal sehen."
Der zweite, über den Neues zu berichten ist, ist der Fraktionsvorsitzende Willi van Ooyen. Das Neue ist freilich Altes - nur ist neu, daß dieses Alte jetzt wieder von Interesse ist.
Damals im März hatte ich darauf hingewiesen, daß van Ooyen aus dem Umkreis der DKP kommt und zeitweilig Geschäftsführer der von der DDR finanzierten "Deutschen Friedens- Union" war. Wie sehr er dabei verstrickt war, das beschreibt Hubertus Knabe, der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, in der heutigen FAZ:
Der Vorsitzende der Linksfraktion im hessischen Landtag war das, was man in der Zeit des Kalten Krieges einen Einflussagenten nannte. 1976, direkt nach seinem Studium, wurde er nach eigenen Angaben Landesgeschäftsführer der "Deutschen Friedens-Union" (DFU). 1984 stieg er zum Bundesgeschäftsführer auf und damit zu einem der drei Spitzenfunktionäre dieser Organisation.Soweit nichts Neues, was van Ooyen und den Charakter der DFU angeht. Nun aber wird es interessant. Interessant wie immer, wenn es ums Geld geht.
Die DFU aber war nichts anderes als ein Trojanisches Pferd der DDR. Gegründet wurde die Partei 1960 auf hintergründiges Betreiben von SED und DDR- Staatssicherheitsdienst als Ersatz für die verbotene KPD. Mit ihr als Tarnorganisation und Sympathisanten- Sammelbecken wollte die SED Einfluss auf die westdeutsche Politik gewinnen.
Die DFU nämlich (mit gerade mal tausend Mitgliedern in den achtziger Jahren) wurde fast zur Gänze aus der DDR finanziert. Knabe zitiert aus einer damals geheimen Information für das Politbüro, wonach die DFU jährlich rund fünf Millionen Mark aus der Schatulle für DDR- Westagitation erhielt. Noch kurz vor dem Ende der DDR - am 15. Oktober 1989 - genehmigte Honecker 3,1 Millionen für die DFU (von insgesamt 65 Millionen für die "DKP und befreundete Organisationen").
Wußte van Ooyen, daß seine DFU eine von der DDR finanzierte Organisation war? Oder war er ein reiner Tor, "nach eigenen Angaben ein harmloser Friedensaktivist, der jahrelang die 'Ostermärsche' organisierte", wie Knabe schreibt?
Das möchte van Ooyen gern glauben machen. Im März dieses Jahres behauptete er, so zitiert es Knabe: "Bei mir ist nie jemand mit Geld aus der DDR oder Moskau angekommen."
Knabe allerdings hat recherchiert und ist auf einen Artikel gestoßen, der in der "taz" in der Wendezeit erschien, am 29. November 1989. Damals sagte van Ooyen: "Durch die Entwicklung in der DDR ist eine entscheidende Finanzquelle überraschend versiegt."
Und damals enthüllte er laut Knabe offenbar auch, wie die Finanzierung aus der DDR funktioniert hatte:
Bundesdeutsche Handelsunternehmen im Ost- West- Geschäft investierten - notgedrungen oder gern - einen Teil ihrer Gewinne in den hiesigen Kampf für den Sozialismus. Wer in der BRD an Krim- Sekt oder Gorbatschow- Wodka verdienen wollte, hatte vertragsgemäß einen Teil der Rendite an DFU oder DKP auszuschütten. Van Ooyen plaudert damit aus, was in DFU- und DKP-Kreisen bislang als Verleumdung hartnäckiger Anti-Kommunisten galt.Dieser van Ooyen also ist, wenn Andrea Ypsilanti es schaffen sollte, demnächst der Fraktionsvorsitzende einer der Parteien, die ihre Regierung stützen. Und die Macht in dieser Fraktion hat die Revolutionärin Janine Wissler.
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