31. Oktober 2008

Zitat des Tages: "Doppelte Standards" gegenüber Rußland und den USA. Eckart von Klaeden über eine (nicht nur) deutsche Seltsamkeit

Es ist offensichtlich, dass Russland von Teilen der deutschen Eliten in Politik und der Wirtschaft mit doppelten Standards gemessen wird.

Niemand beschwert sich, dass hochrangige Politiker wenige Tage nach dem völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf Kern- Georgien an einer rauschenden Ballnacht in der russischen Botschaft teilnehmen. Hätte es sich um die USA oder ein anderes westliches Land gehandelt, wäre die Reaktion eine ganz andere gewesen. (...)

... ich finde das Argument nicht sehr überzeugend, dass Missstände in Russland oder China nicht angeprangert werden müssen, weil sich diese selbst nicht als westliche Demokratien bezeichnen.


Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Eckart von Klaeden, im Interview mit Matthias Kolb von der "Süddeutschen Zeitung".

Kommentar: Wer wie von Klaeden auf diesen doppelten Standard hinweist, dem werden meist zwei Argumente entgegengehalten:
  • Erstens, so wird argumentiert, müsse man die USA an ihren eigenen Normen der Freiheit und Rechtsstaatlichkeit messen; Diktaturen würden sich hingegen nicht auf diese Normen berufen.

  • Zweitens könne man auf die Verhältnisse in einem Land wie den USA durch Proteste, kritische Presseartikel und dergleichen Einfluß nehmen, auf diejenigen in Diktaturen aber nicht.
  • Ich halte beide Argumente nicht nur für falsch, sondern ich bezweifle auch, daß alle diejenigen, die sie äußern, sie ehrlich meinen. Denn ihr eigenes Verhalten dementiert sie:
  • Vertritt jemand die Maxime, Länder an ihren eigenen Standards zu messen, dann dürfte er konsequenterweise weder die Todesstrafe in den USA kritisieren, noch die dortige Freiheit des Zugangs zu Feuerwaffen. Beides sind aber Lieblingsthemen der USA- Kritiker.

    Weiterhin hätte es dann keine Grundlage dafür gegeben, beispielsweise den Rassismus in Südafrika zur Zeit der Apartheid zu kritisieren. Auch er entsprach ausdrücklich den dort geltenden Standards.

  • Was die Wirkung von Protesten angeht, so ist es schlicht nicht wahr, daß diese auf Diktaturen keinen Einfluß hätten. Die Abschaffung der Apartheid ist wesentlich aufgrund von Protesten und Boykotten erfolgt.

    Auch daran, daß Länder wie Spanien und Chile zur Demokratie zurückgekehrt sind, hatten die anhaltenden internationalen Proteste einen wesentlichen Anteil. Diktaturen reagieren in der Regel außerordentlich empfindlich auf den Image- Schaden, der mit einer anhaltend negativen Presse einhergeht.
  • Was immer diejenigen motiviert, die jeden Span im amerikanischen Auge mit dem Mikroskop untersuchen möchten, während sie für den Balken in östlichen Augen eine Agnosie zu haben scheinen - auf diese beiden Argumente können sie sich jedenfalls nicht berufen.



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