Seit drei Wochen haben sich in den Umfragen die Daten in ihrer Tendenz nicht mehr verändert. Alles deutet darauf hin, daß Barack Obama der 44. Präsident der USA sein wird. Gut möglich, daß es nicht ein knapper Sieg werden wird, wie ihn Bush zweimal geschafft hat, sondern ein Landslide Victory, ein Erdrutsch- Sieg.
In den Daily Trackings der großen Institute - täglichen Befragungen, deren Ergebnisse zu gleitenden Mittelwerten zusamengefaßt werden - sieht es im Augenblick so aus:
Reuters / C-SPAN / Zogby (22. Oktober): Obama 52, McCain 40. Diageo / Hotline (21. Oktober): Obama 47, McCain 42. Daily Kos (21. Oktober): Obama 51, McCain 41. Gallup: (21. Oktober): Obama 52, McCain 44. ABC / Washington Post (18. - 21. Oktober): Obama 54, McCain 43.
Der Poll of Polls (die Zusammenfassung aller Umfragedaten) von FiveThirtyEight berechnet für Obama 51,8 Prozent, für McCain 46,8 Prozent. Im Wahlmänner- Gremium ergibt das 344 Stimmen für Obama, 194 für McCain. Im Poll of Polls von Pollster ist der Abstand noch größer: Obama 50,5 Prozent, McCain 42,8 Prozent. Die zugehörige Verlaufsgrafik zeigt, wie die Schere sich in den letzten Wochen immer mehr geöffnet hat.
Alles klar also? Nicht für die Strategen Obamas. Sie zeigen sich in den letzten Wochen ganz im Gegenteil zunehmend besorgt. So besorgt, daß das sogar bis in die deutschen Medien gedrungen ist. Das Zauberwort heißt "Bradley- Effekt".
Am 9. Oktober schrieb Myriam Chaplain- Riouin in der "Welt" unter der Überschrift "Rassismus - Obamas unsichtbarer Gegner bei der US-Wahl":
Die eine sagt, daß unter den Wählern Rassisten sind, die sich nur in den Umfragen nicht als solche zu erkennen geben.
Die andere Variante geht tiefer, im Wortsinn: Sie behauptet, daß auch Menschen, die der Überzeugung sind, keine Rassisten zu sein, das "im Unterbewußtsein" doch sind.
Sie geben - so besagt es diese Überlegung - in Umfragen ehrlich an, für Obama stimmen zu wollen. Aber wenn es ernst wird, wenn sie erst einmal in der Wahlkabine sind, dann bringen sie es doch nicht fertig, für einen Schwarzen zu stimmen. Und bemänteln das vor sich selbst mit irgendeinem Grund - weil er zu unerfahren sei, zu weit links; dergleichen. Es gibt sogar einen psychologischen Test, den Implicit Association Test, der diesen "unbewußten Rassismus" angeblich nachweist.
Das Bemerkenswerte an diesen Überlegungen ist, daß sie ohne jede empirische Basis sind.
Es gibt schlechterdings keine Daten, die belegen, daß der Verdacht eines verdeckten Rassismus in der einen oder der anderen Version stimmt.
Im Gegenteil: Analysiert man für die Vorwahlen die jeweils letzten Umfrageergebnisse und die tatsächliche Entscheidung der Wähler, dann unterschätzten die Umfragen Obamas Ergebnis!
Das hat Nate Silver in FiveThirtyEight gezeigt. Die Differenz lag im Schnitt bei 3,3 Prozent. In den - ja der Annahme nach besonders rassistischen - Südstaaten schnitt Obama sogar um 7,2 Prozentpunkte besser ab, als es die letzten Umfragen vorhergesagt hatten. Es kann also keine Rede davon sein, daß Wähler sich in den Umfragen für Obama ausgesprochen, sich in der Wahlkabine dann aber doch gegen ihn entschieden hätten.
Wer keine aktuellen Belege hat, der verweist gern auf die Vergangenheit. Und da nun taucht der ominöse Bradley auf. Es wird behauptet, jener Tom Bradley hätte 1982 in Californien in "allen Umfragen" geführt. Dennoch hätten ihn die Californier am Ende nicht gewählt - weil hinreichend viele von ihnen in der Wahlkabine im letzten Augenblick davor zurückschreckten, einen Schwarzen zu wählen.
Dieser angebliche "Effekt" ist mindestens so fragwürdig wie der Rassimus- Verdacht, den er angeblich belegt. Im zweiten Teil werde ich das im einzelnen zeigen.
(Fortsetzung folgt)
In den Daily Trackings der großen Institute - täglichen Befragungen, deren Ergebnisse zu gleitenden Mittelwerten zusamengefaßt werden - sieht es im Augenblick so aus:
Reuters / C-SPAN / Zogby (22. Oktober): Obama 52, McCain 40. Diageo / Hotline (21. Oktober): Obama 47, McCain 42. Daily Kos (21. Oktober): Obama 51, McCain 41. Gallup: (21. Oktober): Obama 52, McCain 44. ABC / Washington Post (18. - 21. Oktober): Obama 54, McCain 43.
Der Poll of Polls (die Zusammenfassung aller Umfragedaten) von FiveThirtyEight berechnet für Obama 51,8 Prozent, für McCain 46,8 Prozent. Im Wahlmänner- Gremium ergibt das 344 Stimmen für Obama, 194 für McCain. Im Poll of Polls von Pollster ist der Abstand noch größer: Obama 50,5 Prozent, McCain 42,8 Prozent. Die zugehörige Verlaufsgrafik zeigt, wie die Schere sich in den letzten Wochen immer mehr geöffnet hat.
Alles klar also? Nicht für die Strategen Obamas. Sie zeigen sich in den letzten Wochen ganz im Gegenteil zunehmend besorgt. So besorgt, daß das sogar bis in die deutschen Medien gedrungen ist. Das Zauberwort heißt "Bradley- Effekt".
Am 9. Oktober schrieb Myriam Chaplain- Riouin in der "Welt" unter der Überschrift "Rassismus - Obamas unsichtbarer Gegner bei der US-Wahl":
Im Kampf um das Weiße Haus liegt Barack Obama momentan vor seinem Konkurrenten John McCain. Doch wieviel dieser Vorsprung in der Anonymität der Wahlkabine wert ist, wird sich erst am 4. November zeigen. Denn Experten glauben, dass Obamas Hautfarbe den Demokraten Stimmen kosten wird. (...)Diese Vermutung - Obama liegt in den Umfragen zwar vorn, aber verdeckter Rassismus könnte ihn den Sieg kosten - gibt es in zwei Varianten.
Nur eine kleine Minderheit der US-Bürger würde heutzutage noch offen einräumen, dass die Hautfarbe eines Politikers für sie eine Rolle spielt. Dennoch könnte Obama sein dunkler Teint nach einer aktuellen Umfrage der kalifornischen Stanford Universität bis zu sechs Prozentpunkte kosten – wenn in der Anonymität der Wahlkabine verschwiegene rassistische Vorbehalte zum Tragen kommen. (...)
In den USA wird dieses Phänomen "Bradley- Effekt" genannt, nach Tom Bradley, dem ehemaligen schwarzen Bürgermeister von Los Angeles. Dieser unterlag 1982 bei den Gouverneurswahlen in Kalifornien, obwohl alle Umfragen ihm einen Sieg prophezeiten.
Die eine sagt, daß unter den Wählern Rassisten sind, die sich nur in den Umfragen nicht als solche zu erkennen geben.
Die andere Variante geht tiefer, im Wortsinn: Sie behauptet, daß auch Menschen, die der Überzeugung sind, keine Rassisten zu sein, das "im Unterbewußtsein" doch sind.
Sie geben - so besagt es diese Überlegung - in Umfragen ehrlich an, für Obama stimmen zu wollen. Aber wenn es ernst wird, wenn sie erst einmal in der Wahlkabine sind, dann bringen sie es doch nicht fertig, für einen Schwarzen zu stimmen. Und bemänteln das vor sich selbst mit irgendeinem Grund - weil er zu unerfahren sei, zu weit links; dergleichen. Es gibt sogar einen psychologischen Test, den Implicit Association Test, der diesen "unbewußten Rassismus" angeblich nachweist.
Das Bemerkenswerte an diesen Überlegungen ist, daß sie ohne jede empirische Basis sind.
Es gibt schlechterdings keine Daten, die belegen, daß der Verdacht eines verdeckten Rassismus in der einen oder der anderen Version stimmt.
Im Gegenteil: Analysiert man für die Vorwahlen die jeweils letzten Umfrageergebnisse und die tatsächliche Entscheidung der Wähler, dann unterschätzten die Umfragen Obamas Ergebnis!
Das hat Nate Silver in FiveThirtyEight gezeigt. Die Differenz lag im Schnitt bei 3,3 Prozent. In den - ja der Annahme nach besonders rassistischen - Südstaaten schnitt Obama sogar um 7,2 Prozentpunkte besser ab, als es die letzten Umfragen vorhergesagt hatten. Es kann also keine Rede davon sein, daß Wähler sich in den Umfragen für Obama ausgesprochen, sich in der Wahlkabine dann aber doch gegen ihn entschieden hätten.
Wer keine aktuellen Belege hat, der verweist gern auf die Vergangenheit. Und da nun taucht der ominöse Bradley auf. Es wird behauptet, jener Tom Bradley hätte 1982 in Californien in "allen Umfragen" geführt. Dennoch hätten ihn die Californier am Ende nicht gewählt - weil hinreichend viele von ihnen in der Wahlkabine im letzten Augenblick davor zurückschreckten, einen Schwarzen zu wählen.
Dieser angebliche "Effekt" ist mindestens so fragwürdig wie der Rassimus- Verdacht, den er angeblich belegt. Im zweiten Teil werde ich das im einzelnen zeigen.
(Fortsetzung folgt)
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