5. März 2008

Wer sind die sechs Abgeordneten der "Linken" im Hessischen Landtag? (Mit vielen Links)

Wer sind die sechs Abgeordneten des Hessischen Landtags, auf deren Stimmen künftig - wenn es so läuft, wie die SPD und Frau Ypsilanti es sich wünschen - die Hessische Landesregierung angewiesen sein wird? Gehen wir die Offizielle Liste der in den Hessischen Landtag Gewählten einmal durch. Sehen wir uns einmal an, was der berufliche und was der politische Hintergrund dieser glorreichen Sechs ist:
  • Barbara Cárdenas Alfonso ist die Verfasserin von "Pfiffigundes Sprachwelt". In ihrem Lebenslauf bezeichnet sie sich als "Diplom Pädagogin, Diplom Psychologin und Buch Autorin" (so geschrieben). Politisch ist sie bisher nur als Mitglied der Dietzenbacher Liste hervorgetreten, einer kommunalen Vereinigung, die in ihrem "Über uns" schreibt: "Unser Schwerpunkt lag zu Beginn vor allem bei der Vertretung der Interessen der Migranten". Von den Kandidaten der Dietzbacher Liste sind in der Tat ungefähr die Hälfte Personen mit ausländischem Namen.

    Dem Stadtparlament von Dietzenbach gehörte oder gehört Frau Cárdenas Alfonso nicht an. Soweit man es öffentlich zugänglichen Informationen entnehmen kann, hat sie weder parteipolitische noch parlamentarische Erfahrung.

  • Hermann Schaus ist von Beruf hauptamtlicher Gewerkschaftsfunktionär (gegenwärtig arbeitet er als Grundsatzreferent und Landespressesprecher von ver.di Hessen) mit der typischen WASG-Karriere: Seit 1972 in der SPD, aus der er 1993 austrat, u.a. weil die SPD dem Asylkompromiß zugestimmt hatte; 2004 Gründungsmitglied der WASG und durch die Vereinigung mit der PDS in "Die Linke" gekommen. Einen ausführlichen Lebenslauf findet man hier.

  • Marjana Schott ist eine gelernte Buchhändlerin und Sozialpädagogin mit einem bewegten linksextremem Leben. Darüber gibt - im Inhalt wie auch in der Aufmachung sehr eindrucksvoll - ihre WebSite Auskunft: "... Protest gegen die Atomkraftwerke, Tschernobyl, gegen Kriege, die Ostermärsche, die Mai- Demonstrationen, für Frauenrechte, gegen Privatisierung, gegen Hartz IV und all die anderen Abwehrkämpfe". Das ganze Programm, würde Dittsche sagen.

    Einzelheiten über Frau Schotts Tätigkeiten und Interessen kann man hier lesen; besonders beeindruckt hat mich ein "Selbststudium der Psychoanalyse", dem sie sich 1995 bis 1997 widmete. 2002 trat sie in die PDS ein und war von 2005 bis 2007 deren stellvertretende Landesvorsitzende. Ihr politisches Glaubensbekenntnis kann man heute in der "Welt" lesen.

  • Dr. Ulrich Wilken bezeichnet sich als "Freiberuflichen Arbeitswissenschaftler". Er weist eine ähnlich bunte Vita auf wie Marjana Schott; man guckt sich das am besten in seinem Lebenslauf an.

    Ein Hans Dampf in allen Gassen. Mitglied der "Demokratischen Sozialisten", einer linken Abspaltung von der SPD in den achtziger Jahren; Generalsekretär der deutschen Sektion der "Christen für den Sozialismus". 2000 Eintritt in die PDS. Seit 2003 Landesvorsitzender. Motorradfahrer "von Moto Guzzi California in Europa bis Harley Davidson Road King in Australien und Neuseeland", so seine Auskunft. Rockmusik auch; da hätte ja sonst auch etwas gefehlt.

  • Janine Wissler ist Studentin der Politikwissenschaft in Frankfurt. Sie kommt aus der linksextremen (trotzkistischen) Organisation Linksruck und outet sich auf ihrer Seite bei "Die Linke" als "Unterstützerin des marxistischen Netzwerks marx21", das die Nachfolge- Organisation von "Linksruck" ist.

    Auf der WebSite dieser Organisation findet man von Wissler, Hermann Schaus (s.o.) und Volkhard Mosler, Mitglied im Kreisvorstand der Frankfurter "Die Linke", eine strategische Analyse der Lage nach den Wahlen, in der es heißt: "Eine linke Parlamentsfraktion muss sich daran messen, ob sie der Mobilisierung außerparlamentarischer Kämpfe, des Klassenkampfs von unten gegen den Klassenkampf von oben, nutzt. (...) Wirkliche Sozialreformen, die den Namen verdienten, gab es nie ohne große gesellschaftliche Bewegungen und Kämpfe, ohne eine nachhaltige Veränderung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse zugunsten der Arbeitnehmer." Titel dieser Analyse: "Den außerparlamentarischen Widerstand stärken"

  • Willi van Ooyen, Jahrgang 1947, ist gelernter Elektro- Installateur, hat auf dem Zweiten Bildungsweg das Abitur gemacht und 1976 das Studium der Pädagogik abgeschlossen.

    Seine Biographie ist typisch für Politiker seiner Generation links von der SPD: Ostermärsche, Sprecher der "Bundeszentrale der Selbstorganisation der Zivildienstleistenden". Verantwortlich für verschiedene Aktionen (Vietnam, Chile, gegen Berufsverbote). Funktionär bei der kommunistisch gesteuerten "Deutschen Friedensunion"; zeitweilig deren hauptamtlicher Bundesgeschäftsführer.

    Und Organisator, Organisator, Organisator - von Ostermärschen, des "Krefelder Appells", von "Konferenzen gegen Berufsverbote" und so weiter und so fort. Aus seiner Selbstauskunft: "In den letzten Monaten: Mitarbeit in der Koordination der Anti-G-8 – Proteste, der Sommeruniversität der Friedensbewegung (19. – 21. Juli 2007 in Oberhof), Vorbereitung der Kampagne für den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan (am 15. September 2007 in Berlin) und der Vorbereitung des 2. Sozialforums vom 18. – 21. Oktober 2007 in Cottbus."


  • Das sind sie, die glorreichen Sechs, von denen sich Andrea Ypsilanti gern mitwählen lassen möchte und auf deren Mitarbeit danach ihre Minderheitsregierung angewiesen sein wird.

    Niemand aus der DKP. Kein Apparatschik. Eine Frau ohne politische Erfahrung (Cárdenas Alfonso), eine Trotzkistin (Wissler), eine Veteranin linker Demos (Schott). Ein linker Gewerkschafts- Funktionär (Schaus), ein Funktionär von Organisationen aus dem Umfeld der alten, oft DKP- nahen extremen Linken (van Ooyen). Und ein Altlinker, schon in den achtziger Jahren bei einer von der SPD abgespaltenen Links- Sekte gelandet (Wilken).

    Muß man vor dieser Stichprobe aus "Gysis bunter Truppe" Angst haben?

    Nein, die proletarische Revolution würden sie nicht hinbekommen. Statt sich zwecks Besetzung eines Bahnhofs eine Bahnsteig- Karte zu kaufen, würden sie vermutlich erst einmal diskutieren, ob das politisch richtig ist und wenn ja, ob es einem Mann oder einer Frau aufgetragen werden soll. Und wer das Protokoll schreibt.

    Aber es sind - soweit die Biographien das erkennen lassen - allesamt überzeugte Linke; alle weit links von der SPD stehend. Es sind Menschen, die bis zum Auftreten von "Die Linke" niemals die Chance gehabt hätten, ihre politischen, mit ihren Biographien verwobenen Ideen auf der Ebene eines Landesparlaments zu vertreten.

    Sie gehörten bisher alle in diesen breiten, bestens vernetzten Bereich der "linken Basisarbeit"; gehörten dorthin, wo sich alles trifft und gegenseitig hilft, was für den Sozialismus eintritt, was immer jeder darunter auch verstehen mag. Sie hatten bisher keinen "parlamentarischen Arm"; sie konnten nicht wirklich auf die poltischen Entscheidungen Einfluß nehmen.



    Jetzt können sie es. Und sie werden es tun. Ypsilanti ist, von ihnen erst einmal mitgewählt, ihre Gefangene. Denn die CDU und die FDP wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie dieser Frau, die so eklatant ihr Wort gebrochen hat, durch Zustimmung zu Gesetzen oder zum Haushalt aus der Klemme helfen würden.

    Sie wird sich, wenn sie denn gewählt wird, in diese Klemme begeben haben, in die Abhängigkeit von diesen Sozialisten. Und die glorreichen Sechs in der Fraktion der "Linken" werden das machen können, warum sie vermutlich nie geträumt haben: Statt in ihren Gruppen und Organisationen zu wirken, richtige große Politik zu machen.

    Vielleicht sogar sehr große; denn im Bundesrat wird das Land Hessen ja auch nicht anders abstimmen können, als diejenigen Parteien es wollen, von denen die Existenz der Regierung abhängt.

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