24. März 2008

Zettels OsterfragerEi (3): Erinnern Sie sich an 1968?

Dumme Frage, wenn man sie wörtlich nimmt. Wer vor, sagen wir, 1965 oder 1964 geboren ist, der erinnert sich an 1968. Später Geborene nicht.

Vielleicht haben die um die Jahre 1964, 1965 Geborenen keine Erinnerungen, die sozusagen mit dem Datumsstempel "1968" versehen wären. Das mag erst für diejenigen zutreffen, die noch ein wenig früher geboren sind. Denn unsere frühesten Kindheits- Erinnerungen habe ja sozusagen punktuellen Charakter. Sie sind wie Schnappschüsse, noch ohne den chronologischen Kontext, in den spätere Erinnerungen eingebettet sind wie in eine Filmhandlung.

Aber so meine ich die Frage natürlich nicht. Ich meine sie im doppelten Sinn nicht so.

Zum einen möchte ich - wie auch anders - auf die politischen, die gesellschaftlichen Ereignisse hinaus, die sich mit dem Jahr 1968 verknüpfen, auch wenn sie weder in diesem Jahr begannen noch natürlich damals zum Abschluß kamen.

Zum anderen möchte ich aber auch nicht nur nach autobiographischer Erinnerung fragen. Erinnern tut man sich ja nicht nur an selbst Erlebtes. Erinnerungen in einem anderen Sinn (die Psychologen nennen es semantisches im Unterschied zum episodischen Gedächtnis) haben wir auch an das, was vor "unserer Zeit" gewesen ist.

Wir wissen es aus Quellen oder vermeinen es aus ihnen zu wissen. Für die ersten Jahre der Kindheit vermischen sich häufig episodisches und semantisches Gedächtnis. Unser Bild davon speist sich teils aus eigenem Erleben, teils aus dem, was Eltern und Verwandte uns über unsere ersten Lebensjahre erzählt haben. Auch mit dem, was wir in Fotoalben aus dieser Zeit gefunden haben; die Jüngeren vielleicht auch in Videos, die ihre Eltern gedreht haben.



Im Grunde gilt es für jede autobiographische, "episodische" Erinnerung, daß sie mit solchen "semantischen" Elementen durchsetzt ist.

So ist es auch, wenn ich es recht bedenke, bei meinen eigenen Erinnerungen an die Zeit, die man heute mit der Jahreszahl 1968 assoziiert. Dem damals Erlebten überlagt sich das, was man später über diese Jahre gelesen, gesehen, gehört hat.

Das ist eben nicht nur bei Erinnerungen aus der frühen Kindheit so. Es gilt auch für eine Zeit, in der man - wie ich 1968 - schon recht erwachsen geworden ist. Die Erinnerung auch an diese späteren Lebenszeiten ist nicht wie ein gespeicherter Film; sie ist wie eine Datei, die ständig editiert, die in Teilen überschrieben wird.

Also, lieber Leser und liebe Leserin: Nach Ihren Erinnerungen - in diesem jetzt erläuterten Sinn - an dieses 1968, an die es umgebenden Jahre möchte ich mich gern in dieser dritten OsterfragerEi erkundigen.

Und danach, wie die später Geborenen diese Zeit in ihrem semantischen Gedächtnis, wie sie sie als Teil ihres "Weltwissens" gespeichert haben. Auch vielleicht danach, wie sie die betreffenden Quellen - etwa die Erzählungen ihrer Eltern, das in der Schule Gebotene - beurteilen.

Die erste und die zweite OsterfragerEi haben viele interessante, sehr lesenswerte Beiträge erbracht; ich werde sie später, irgendwann nach Ostern, hier in ZR noch in eigenen Artikeln kommentieren. So bin ich auch diesmal auf die Reaktionen sehr gespannt.

Ja, gewiß doch, ich will gern mit meinen eigenen Erinnerungen den Anfang machen. Hier finden Sie Links zu drei Artikeln, in denen ich aufgeschrieben habe, wie ich diese Zeit erlebt habe. Und hier können Sie eine kleine Skizze dessen lesen, was nach meinem Verständnis aus der Bewegung von 1968 geworden ist; dazu hier den Versuch, einen Bezug zur unmittelbaren Gegenwart herzustellen.



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