Was stellen Sie sich unter einem "Expertenleser" vor? Ist das ein besonders anspruchsvoller Leser, der nur die Bücher von Experten liest? Oder vielleicht einer, der Experten etwas vorliest?
Oder gibt es das Wort gar nicht, und jemand hat es mit "Leseexperten" verwechselt, also der Bezeichnung für Wissenschaftler, die im Bereich der Leseforschung tätig sind?
Nein. Sie werden es nicht glauben, was laut dem "Spiegel" Expertenleser sein sollen. Aber lesen Sie selbst:
Wie kommt so etwas zustande? Die Antwort ist einfach, sie ist deprimierend einfach: Da konnte wieder einmal jemand kein Englisch.
Auf Englisch heißt das expert readers. Und das sind mitnichten "Expertenleser". Expert wird zwar meist als Substantiv verwendet und bedeutet dann Experte, Fachmann und dergleichen. Aber es gibt auch das Adjektiv expert. Und das bedeutet ausgebildet, fachkundig, sachverständig, geschickt, geübt.
Hier also "geübt". Nicht "Expertenleser" sitzen in den deutschen Klassenzimmern, aber immerhin 7,6 Prozent der deutschen Schüler und Schülerinnen sind nach der jüngsten Pisa-Erhebung geübte Leser.
Beckmesserei? Verstaubter Sprachpurismus? Nein. So etwas sollte man nicht durchgehen lassen.
Es geht hier ja noch nicht einmal um einen Anglizismus. Anglizismen sind Übernahmen aus der englischen Sprache. Dies aber ist keine Übernahme, sondern schlicht eine falsche Übersetzung. Ein Fehler, der offenkundig daraus resultiert, daß jemand die Bedeutungen des englischen Worts expert nicht kennt.
Hätte er nicht wenigstens nachschlagen können? Er hat vermutlich deshalb nicht nachgeschlagen, weil er sich in der Sicherheit wiegte, schon zu wissen, was expert bedeutet. Es gibt das doch auch im Deutschen!
Wir haben es hier mit einem notorischen Irrtum zu tun. Wörter in anderen Sprachen sehen oft ähnlich aus wie ein deutsches Wort, klingen ähnlich, haben vielleicht dieselbe Etymologie. Aber das heißt noch lange nicht, daß sie auch dasselbe bedeuten; jedenfalls nicht in allen Zusammenhängen dasselbe bedeuten (siehe Denglisch aus Dummheit; ZR vom 14. 2. 2008).
Das englische officer bedeutet zum Beispiel "Offizier"; das wissen wir alle. Aber es bedeutet auch "Beamter". Ein police officer ist mitnichten ein "Polizeioffizier", sondern schlicht ein Polizist.
Da wir bei Offizieren sind: In französischen Filmen sieht man Soldaten gegenüber ihrem Offizier salutieren und zum Beispiel sagen: "Oui, mon capitaine". Das lautet dann in der deutschen Synchronisierung: "Ja, mein Kapitän". Das "mon" entspricht aber hier dem deutschen "Herr", und der capitaine ist ein Hauptmann. "Jawohl, Herr Hauptmann" ist also die richtige Übersetzung.
Oder: Boat kann ein Boot sein. Aber jedes Schiff kann im Englischen boat genannt werden. In synchronisierten Filmen kann man es erleben, daß ein Seemann von seinem "Boot" spricht und man dieses im Hintergrund sieht: Ein gewaltiger Ozeandampfer.
Im Französischen kann eine bar das sein, was wir in Deutschland eine Bar nennen. Aber jede Kneipe mit einem Tresen nennt sich bar; und wenn man dort auch essen kann, dann steht über dem Eingang "Bar-Restaurant". Wer schon mittags in die bar (le bar, also eigentlich den bar) geht, der ist deswegen noch kein Säufer; er hat vermutlich nur Hunger.
Und so fort. Das englische place muß nicht "Platz" bedeuten, sondern heißt oft Ort oder Stelle; the place where I met her ist also wahrscheinlich kein Platz, sondern der Ort, an dem ich sie traf. Ein student muß kein Student sein, sondern ist oft ein Schüler. School wiederum heißt nicht immer Schule; auch eine Fakultät oder ein Univeritätsinstitut kann sich so nennen. Faculty ist meist nicht das, was wir im Deutschen mit "Fakultät" meinen, sondern der Lehrkörper.
Das kann man alles nachschlagen, wenn man es nicht weiß. Nur muß man erst einmal wissen, daß man es nicht weiß. Und da liegt offenbar das Problem.
Oder gibt es das Wort gar nicht, und jemand hat es mit "Leseexperten" verwechselt, also der Bezeichnung für Wissenschaftler, die im Bereich der Leseforschung tätig sind?
Nein. Sie werden es nicht glauben, was laut dem "Spiegel" Expertenleser sein sollen. Aber lesen Sie selbst:
Einer von 167 Schülern in Deutschland kann laut der jüngsten Pisa-Studie erstklassig lesen: 0,6 Prozent der Teilnehmer erreichen den neu geschaffenen höchsten Kompetenzrang. Zu dieser Spitzengruppe zählen rund dreimal mehr Mädchen als Jungen. Insgesamt stuft die deutsche Studie 7,6 Prozent der hiesigen Teilnehmer als "Expertenleser" ein; dies entspricht dem OECD-Durchschnitt.So zu lesen in einer Vorabmeldung zum "Spiegel" der kommenden Woche.
Wie kommt so etwas zustande? Die Antwort ist einfach, sie ist deprimierend einfach: Da konnte wieder einmal jemand kein Englisch.
Auf Englisch heißt das expert readers. Und das sind mitnichten "Expertenleser". Expert wird zwar meist als Substantiv verwendet und bedeutet dann Experte, Fachmann und dergleichen. Aber es gibt auch das Adjektiv expert. Und das bedeutet ausgebildet, fachkundig, sachverständig, geschickt, geübt.
Hier also "geübt". Nicht "Expertenleser" sitzen in den deutschen Klassenzimmern, aber immerhin 7,6 Prozent der deutschen Schüler und Schülerinnen sind nach der jüngsten Pisa-Erhebung geübte Leser.
Beckmesserei? Verstaubter Sprachpurismus? Nein. So etwas sollte man nicht durchgehen lassen.
Es geht hier ja noch nicht einmal um einen Anglizismus. Anglizismen sind Übernahmen aus der englischen Sprache. Dies aber ist keine Übernahme, sondern schlicht eine falsche Übersetzung. Ein Fehler, der offenkundig daraus resultiert, daß jemand die Bedeutungen des englischen Worts expert nicht kennt.
Hätte er nicht wenigstens nachschlagen können? Er hat vermutlich deshalb nicht nachgeschlagen, weil er sich in der Sicherheit wiegte, schon zu wissen, was expert bedeutet. Es gibt das doch auch im Deutschen!
Wir haben es hier mit einem notorischen Irrtum zu tun. Wörter in anderen Sprachen sehen oft ähnlich aus wie ein deutsches Wort, klingen ähnlich, haben vielleicht dieselbe Etymologie. Aber das heißt noch lange nicht, daß sie auch dasselbe bedeuten; jedenfalls nicht in allen Zusammenhängen dasselbe bedeuten (siehe Denglisch aus Dummheit; ZR vom 14. 2. 2008).
Das englische officer bedeutet zum Beispiel "Offizier"; das wissen wir alle. Aber es bedeutet auch "Beamter". Ein police officer ist mitnichten ein "Polizeioffizier", sondern schlicht ein Polizist.
Da wir bei Offizieren sind: In französischen Filmen sieht man Soldaten gegenüber ihrem Offizier salutieren und zum Beispiel sagen: "Oui, mon capitaine". Das lautet dann in der deutschen Synchronisierung: "Ja, mein Kapitän". Das "mon" entspricht aber hier dem deutschen "Herr", und der capitaine ist ein Hauptmann. "Jawohl, Herr Hauptmann" ist also die richtige Übersetzung.
Oder: Boat kann ein Boot sein. Aber jedes Schiff kann im Englischen boat genannt werden. In synchronisierten Filmen kann man es erleben, daß ein Seemann von seinem "Boot" spricht und man dieses im Hintergrund sieht: Ein gewaltiger Ozeandampfer.
Im Französischen kann eine bar das sein, was wir in Deutschland eine Bar nennen. Aber jede Kneipe mit einem Tresen nennt sich bar; und wenn man dort auch essen kann, dann steht über dem Eingang "Bar-Restaurant". Wer schon mittags in die bar (le bar, also eigentlich den bar) geht, der ist deswegen noch kein Säufer; er hat vermutlich nur Hunger.
Und so fort. Das englische place muß nicht "Platz" bedeuten, sondern heißt oft Ort oder Stelle; the place where I met her ist also wahrscheinlich kein Platz, sondern der Ort, an dem ich sie traf. Ein student muß kein Student sein, sondern ist oft ein Schüler. School wiederum heißt nicht immer Schule; auch eine Fakultät oder ein Univeritätsinstitut kann sich so nennen. Faculty ist meist nicht das, was wir im Deutschen mit "Fakultät" meinen, sondern der Lehrkörper.
Das kann man alles nachschlagen, wenn man es nicht weiß. Nur muß man erst einmal wissen, daß man es nicht weiß. Und da liegt offenbar das Problem.
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