11. März 2012

Zettels Meckerecke: Ist Dummheit in Bezug auf die Intelligenz verfassungswidrig? Ein Nachklapp zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz

"Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen und keine kalten Umschläge, selbst Rizinusöl versagt", ulkten wir als Kinder; und wer schlau sein wollte, mußte das abgekürzt ganz schnell sprechen können: DBDDHKPUKKUSRV.

Doof bleibt doof, da helfen keine Pillen, und da hilft auch nicht das Grundgesetz. Jedenfalls sollte man es gegen Doofheit nicht gleich in Anschlag bringen, das Grundgesetz. Sonst sieht man selbst ziemlich doof aus.

Worum geht es? Es geht darum, daß sich doofe Leute an den Universitäten Konstanz und Freiburg überlegt haben, wie sie möglichst viele schlaue Leute als Studenten an ihre Unis bekommen könnten. Das Ergebnis war eine Regelung, deren Einzelheiten Sie in einem Artikel nachlesen können, den ich dazu vor viereinhalb Jahren geschrieben habe; ebenfalls eine Meckerecke: Zettels Meckerecke: Wie Schlaumeier die Studiengebühren sparen können; ZR vom 21. 8. 2007.

Diese Regelung besteht darin, daß Studenten, die einen IQ von 130 oder mehr nachweisen können, von den Studiengebühren befreit werden. Die Doofen, die sich das ausgedacht haben, wollten sich also Schlaumeier angeln, für ihre Unis. Der Wurm, den sie an ihrer Angel befestigten, war der hohe IQ.

Warum das doof ist, können Sie im einzelnen in dem verlinkten Artikel lesen; kurz gesagt: Erstens, weil der Studienerfolg nicht besonders hoch mit dem IQ korreliert, und zweitens, weil man für Intelligenztests trainieren kann. Wenn man dafür pro Studienjahr, sagen wir, tausend Euro sparen kann, dann lohnt sich schon ein intensives Trainieren. Was "Idiosynkrasie" ist (das wird in dem Standard-Intelligenztest HAWIE gefragt, aber sagen Sie es bitte nicht weiter), das kann man sich schließlich einbimsen.



Also, wenn die Freiburger und die Konstanzer unbedingt denjenigen Typus des Studenten haben wollen, der mit einem IQ von 132 als Kneipenwirt oder von Sozialhilfe lebender Dichter und Denker endet - sollen sie doch. Das dachte ich damals, vor mehr als vier Jahren.

Jetzt aber habe ich dank eines Hinweises in Zettels kleinem Zimmer erfahren, daß damals jemand diese Regelung nicht nur doof gefunden hat, sondern gleich verfassungswidrig. Und das paßt nun gut zu dem, was ich gestern kritisch zum AGG geschrieben habe, dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

In "Spiegel-Online" konnte man es am 24. 9. 2007 lesen:
"Hochbegabung kann man nicht erlernen. Entweder man hat sie, oder man hat sie nicht", so Christine Warlies vom Mensa-Vorstand. Intelligenz sei stark von den Genen und der Sozialisation in den ersten Lebensjahren abhängig.

"Auf Basis dieser Erkenntnisse verstößt die Verknüpfung des Studiengebührenerlasses mit der Intelligenz des Studenten eindeutig gegen das Grundgesetz und ist damit verfassungswidrig", sagt Klaus Michael Alenfelder, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anti-Diskriminierungs-Recht. Bei der IQ-Regelung hätten Studenten keine Möglichkeit, die Studiengebühren durch ein bestimmtes Verhalten erlassen zu bekommen, so der Bonner Rechtsanwalt - daher könne "von Chancengleichheit keine Rede mehr sein".
In dem Bericht wird Artikel 3 des Grundgesetzes erwähnt; es scheint, daß sich Alenfelder auf ihn bezieht. Dieser Artikel lautet:
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
Ob der Rechtsanwalt Alenfelder vielleicht eine Intelligenz unterhalb eines IQ von 130 als einen Behinderung verstanden wissen will, für welche der so Herausgeforderte mit Studiengebühren zahlen muß; in Freiburg und in Konstanz? ­
Zettel



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