"Frankreich ermittelt im rechtsextremen Militärmilieu" lautete gestern um 17. 46 Uhr die Schlagzeile beim Nachrichtenportal "Der Westen". Wie fast überall wurde aus Agenturmeldungen zitiert, hier beispielsweise dapd:
Mohammed Merah ist 24 Jahre alt und von Beruf Arbeiter in der Autoindustrie. Während die Polizei seit heute früh sein Haus im Toulouser Wohnviertel Croix-Daurade belagert, scheint er bereitwillig Auskunft zu geben und hat sich auch gegenüber dem Nachrichtensender France24 zu den Mordtaten an Soldaten und jüdischen Kindern sowie einem Lehrer bekannt.
War es also falsch, daß die Polizei zunächst im rechtsextremen Milieu ermittelt hat? Nein, natürlich nicht. Sie hat eine Spur verfolgt, die sich als falsch erwies; das ist alles.
So, wie es im Fall der "Döner-Morde" in Deutschland passiert war. Absurderweise hat man in diesem Fall der Polizei vorgeworfen, daß sie offenbar nicht mit der Gabe des Hellsehens ausgestattet gewesen war und nicht von vornherein nur dort ermittelt hatte, wo die Täter waren; in diesem Fall im rechtsextremen Milieu (siehe Eine würdige Gedenkfeier, eine gute Rede der Kanzlerin. Aber "Verzeihung" war das falsche Wort; ZR vom 23. 2. 2012).
Wenn Mohammed Merah sich zur Kaida bekennt, dann muß das natürlich nicht stimmen; so wenig, wie die Organisation der Tempelritter, zu der Anders Behring Breivik sich zählt, existieren muß.
Auf den ersten Blick könnte es scheinen, daß Merah sogar mit dieser Angabe eher unglaubwürdig ist, denn der modus operandi der Kaida, wie man ihn seit 9/11, ihren Anschlägen in Europa und dem Krieg im Irak kennt, sieht eigentlich anders aus - keine Einzeltäter, sondern gemeinsam begangene Attentate; keine gezielten Schüsse, sondern Bomben oder andere Waffen mit einer verheerenden Wirkung.
Aber wer so argumentiert, der berücksichtigt nicht, daß die Kaida inzwischen ihre Taktik gewandelt hat.
Vor gut zwei Jahren habe ich über diese Änderungen berichtet (Die Kaida und ihr Umfeld im Jahr 2010. Neue organisatorische Strukturen, neue Taktik; ZR vom 9. 1. 2010). Damals habe ich, gestützt auf Stratfor-Informationen, beschrieben, wie die Kaida jetzt drei Kommandoebenen aufgebaut hat: Der alte Kern der Kommandeure, damals noch unter Bin Laden; sodann weitgehend autonome dschihadistische Gruppen in einzelnen Ländern und Regionen, wie die "Kaida im islamischen Maghreb"; und drittens eine Ebene, die ich damals so gekennzeichnet habe:
Ins Zentrum der Ermittlungen rückten am Dienstag drei Fallschirmjäger, die 2008 wegen Verdachts auf rechtsextreme Gesinnung aus ihrem Regiment in der Nähe von Toulouse entlassen wurden, wie aus Polizeikreisen verlautete. Der Täter war bei dem Angriff am Montag offenbar sehr erfahren mit den großkalibrigen Waffen umgegangen. Dies legte den Verdacht nahe, dass er militärisch ausgebildet wurde.Das war, wie wir inzwischen wissen, eine falsche Spur. Der Täter ist offenbar kein Rechtsextremer, sondern ein Franzose algerischer Herkunft, der sich selbst als Mitglied der Kaida bezeichnet.
Mohammed Merah ist 24 Jahre alt und von Beruf Arbeiter in der Autoindustrie. Während die Polizei seit heute früh sein Haus im Toulouser Wohnviertel Croix-Daurade belagert, scheint er bereitwillig Auskunft zu geben und hat sich auch gegenüber dem Nachrichtensender France24 zu den Mordtaten an Soldaten und jüdischen Kindern sowie einem Lehrer bekannt.
War es also falsch, daß die Polizei zunächst im rechtsextremen Milieu ermittelt hat? Nein, natürlich nicht. Sie hat eine Spur verfolgt, die sich als falsch erwies; das ist alles.
So, wie es im Fall der "Döner-Morde" in Deutschland passiert war. Absurderweise hat man in diesem Fall der Polizei vorgeworfen, daß sie offenbar nicht mit der Gabe des Hellsehens ausgestattet gewesen war und nicht von vornherein nur dort ermittelt hatte, wo die Täter waren; in diesem Fall im rechtsextremen Milieu (siehe Eine würdige Gedenkfeier, eine gute Rede der Kanzlerin. Aber "Verzeihung" war das falsche Wort; ZR vom 23. 2. 2012).
Wenn Mohammed Merah sich zur Kaida bekennt, dann muß das natürlich nicht stimmen; so wenig, wie die Organisation der Tempelritter, zu der Anders Behring Breivik sich zählt, existieren muß.
Auf den ersten Blick könnte es scheinen, daß Merah sogar mit dieser Angabe eher unglaubwürdig ist, denn der modus operandi der Kaida, wie man ihn seit 9/11, ihren Anschlägen in Europa und dem Krieg im Irak kennt, sieht eigentlich anders aus - keine Einzeltäter, sondern gemeinsam begangene Attentate; keine gezielten Schüsse, sondern Bomben oder andere Waffen mit einer verheerenden Wirkung.
Aber wer so argumentiert, der berücksichtigt nicht, daß die Kaida inzwischen ihre Taktik gewandelt hat.
Vor gut zwei Jahren habe ich über diese Änderungen berichtet (Die Kaida und ihr Umfeld im Jahr 2010. Neue organisatorische Strukturen, neue Taktik; ZR vom 9. 1. 2010). Damals habe ich, gestützt auf Stratfor-Informationen, beschrieben, wie die Kaida jetzt drei Kommandoebenen aufgebaut hat: Der alte Kern der Kommandeure, damals noch unter Bin Laden; sodann weitgehend autonome dschihadistische Gruppen in einzelnen Ländern und Regionen, wie die "Kaida im islamischen Maghreb"; und drittens eine Ebene, die ich damals so gekennzeichnet habe:
Die dritte und breiteste Ebene bildet die "bodenständige dschihadistische Bewegung" (grassroots jihadist movement). Personen, die sich an der Kern- Kaida und/oder an lokalen Kaida- Organisationen orientieren, die mit diesen aber oft kaum Kontakt haben. Ein Beispiel ist der Psychiater in der US-Armee Nidal Hasan, der ein Blutbad unter seinen Kameraden anrichtete; siehe "Nidal Hassan ist ein Mann mit Gewissen"; ZR vom 10. 11. 2009.Die Anschläge Mohammed Merahs passen exakt in dieses Bild: Laut französischen Presseberichten hat er sich 2010 und 2011 zur Ausbildung in Lagern von Dschihadisten in Pakistan aufgehalten und anschließend in Afghanistan gegen die Soldaten der NATO gekämpft. Er kehrte dann nach Frankreich zurück und hat nun, wie es die neue Kaida-Taktik vorsieht, Anschläge gegen "weiche Ziele" begangen.
Die operativen Möglichkeiten nehmen über diese drei Ebenen hinweg ab. Die Kerntruppe ist am besten ausgebildet; nur eben in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, weil sie in ihren Verstecken festgenagelt ist. Am schlechtesten ausgebildet sind, wie man sich denken kann, die bodenständigen Dschihadisten. Viele von ihnen reisen (wie einst Murat Kurnaz) nach Pakistan oder (wie jetzt Umar Farouk Abdul Mutallab) in den Jemen, um sich zunächst einmal die erforderliche Ausbildung zu holen. (...)
Auch die "bodenständigen" Dschihadisten werden nach der Prognose von Stratfor zunehmend Anschläge versuchen. Sie werden dem Aufruf des Führers der AQAP Nasir al-Wahayshi folgen, "einfache Anschläge auf eine Vielzahl von Zielen" vorzunehmen. Vor allem auch auf "weiche Ziele" wie Hotels, die nicht lückenlos bewacht werden können. (...)
Das Bild von der Kaida war lange Zeit durch die minutiös geplanten und mit großem organisatorischem Aufwand realisierten Anschläge des 11. September geprägt. Etwas derartiges ist angesichts der gegenwärtigen Organisationsstruktur der Kaida unwahrscheinlich geworden. Der Dschihadismus ist jetzt dezentral organisiert; er spezialisiert sich auf Anschläge, bei denen mit geringen Mitteln eine große psychologische Wirkung zu erzielen ist.
Zettel
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