29. Juni 2008

Marginalie: Warum ist Kurt Beck eigentlich SPD-Vorsitzender? Ja, warum denn nicht?

Nils Minkmar hat in der FAZ etwas über Kurt Beck geschrieben. Das Hauptthema dieses lesenswerten (wenn auch arg umständlich gechriebenen; muß denn wirklich einer "regressiven Verschwörungstheorie schon aus medienökologischen Gründen widersprochen" werden?) Artikels ist, wie positiv die Medien anfangs, nachdem er Vorsitzender der SPD geworden war, den Kurt Beck dargestellt und beurteilt haben.

Das ist so gewesen; nur vergißt man es heute leicht und kann sich kaum noch vorstellen, daß Beck einmal als Hoffnungsträger der SPD gefeiert wurde.

Wer vom Rathaus kommt, ist klüger. Und so weiß auch Nils Minkmar jetzt, daß man Beck nie hätte zum Vorsitzenden wählen sollen: "Die endgültige Verantwortung für dieses Desaster trägt ... die Führung der SPD, die einen erfolgreichen Ministerpräsidenten nie für die kurzfristige Lösung eines Personalproblems auf Bundesebene hätte verfeuern dürfen."

Nur hat sie das immer so gemacht, die SPD. Mal mit Erfolg, mal ohne.

Willy Brandt wurde Kanzlerkandidat, weil er ein erfolgreicher Regierender Bürgermeister gewesen war. Johannes Rau, Björn Engholm, Gerhard Schröder, zuletzt Matthias Platzeck - sie alle wurden allein deshalb als Vorsitzende und/oder Kanzlerkandidaten an die Spitze der SPD geholt, weil sie kurz zuvor in ihren Ländern Wahlen gewonnen hatten und folglich als Stimmenfänger galten.

So war es auch bei Kurt Beck; er hatte, als Platzeck ausfiel, als einziger Landespolitiker der SPD eine Wahl sehr erfolgreich bestanden.



Seit dem Abgang der Generation von Willy Brandt, Helmut Schmidt und Hans-Jochen Vogel hat die SPD zu keiner stetigen Führung mehr gefunden.

Statt Vorsitzende nach gründlicher Debatte auf lange Frist zu wählen und ihnen auch dann die Treue zu halten, wenn es mal schlecht läuft, nimmt sie denjenigen, der gerade durch einen Erfolg glänzt, verschleißt ihn und greift dann halt zum nächsten, der sich gerade anbietet, weil er eine Wahl gewonnen hat.

So traf es den redlichen Kurt Beck, der in der Tat, für jeden erkennbar, mit dem Amt des Ministerpräsidenten des schönen Weinlands Rheinland- Pfalz das erreicht hat, was er, wie man heute gern sagt, maximal schultern konnte.

Er hatte mit diesem Amt den "Gipfel seiner Kompetenz erklommen". So stand es hier zu lesen, am 21. März 2007, zu einer Zeit, als viele Kollegen von der gedruckten Presse Kurt Beck noch für den Hoffnungsträger der SPD hielten.



Freilich - nicht immer war es ein erfolgreicher Wahlkämpfer, den die SPD zu ihrem Vorsitzenden erkor. Rudolf Scharping wurde es, weil das die Mitglieder so gewollt hatten. Oskar Lafontaine wurde es, weil er die Delegierten eines Parteitags mit einer demagogischen Rede besoffen gemacht hatte. Gerhard Schröder wurde es, weil Oskar Lafontaine hingeworfen hatte und keiner wagte, dem Kanzler dieses Amt streitig zu machen.

Und Franz Müntefering wurde es, weil er die Partei im Griff hatte. Andrea Nahles könnte die nächste sein, die es aus diesem Grund wird.

Dann freilich wird man sich noch sehnsüchtig des tapsigen Kurt Beck erinnern.



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