Das erste Mal ist es mir Mitte August aufgefallen, als der staatliche cubanische TV-Sender CubaVision einen Bericht aus Castros Krankenzimmer brachte: Nicht der amtierende Präsident, Fidels Bruder Raùl, wurde als Besucher groß herausgestellt, sondern Hugo Chávez.
Ich habe das dann ein wenig verfolgt und in "Zettels kleinem Zimmer" von Zeit zu Zeit dokumentiert: Wie Chávez von der cubanischen Propaganda immer mehr als der Nachfolger Castros aufgebaut wurde. Als Nachfolger mindestens, was die Führung des lateinamerikanischen Kommunismus anging. Aber vielleicht auch, wer weiß, mit der Perspektive einer Vereinigten Bolivarischen Republik aus Cuba und Venezuela.
Parallel zu dieser propagandistischen Herausstellung von Chávez durch Cuba häuften sich die Hinweise darauf, daß die Wahlen vom 3. Dezember die letzten halbwegs freien Wahlen in Venezuela sein würden. Daß es Chávez mit Hilfe von Zehntausenden von cubanischen Geheimdienstlern, die bereits im Land waren, schaffen würde, diese Wahlen zu gewinnen, war klar. Und danach würde er freie Hand haben.
Jetzt ist Venezuela auf dem Weg in die Dikatur des Proletariats. Chávez ist offensichtlich entschlossen, die Weichen dafür sofort zu stellen. Das zeigen zwei Meldungen, die gestern zu lesen waren.
Die eine verbreitet der englischsprachige Dienst der cubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina. Sie erscheint mir so interessant, daß ich sie vollständig dokumentiere und übersetze (Hervorhebungen von mir):
Wie erinnerlich, begann die Herrschaft der Bolschewiken damit, daß es ihnen gelang, eine Verfassungsgebende Versammlung zu dominieren, obwohl sie numerisch damals noch in der Minderheit waren. Chávez ist heute in einer ungleich besseren Position; auch in einer weit besseren als die KPD, als sie 1946 vor der Aufgabe stand, die viel größere SPD zu schlucken.
Die zweite heutige Meldung aus Venezuela findet man zum Beispiel bei Bloomberg: Wie die Bloomberg-Korrespondentin Theresa Bradley aus Caracas berichtet, hat der venezolanische Kongreß einstimmig (mit 167 zu 0 Stimmen) ein Gesetz gebilligt, das eine Arbeitsdienstpflicht für alle Bürger und Bürgerinnen Venezuelas einführt. Als Ziel nennt die Regierung, "to generate a culture capable of putting the collective before the individual"; also eine Kultur zu schaffen, die in der Lage ist, das Kollektiv vor das Individuum zu stellen.
Das neue Gesetz bestimmt, daß jede Person zwischen 15 und 50 Jahren zwei Jahre lang mindestens fünf Stunden im Monat gemeinnützige Arbeit leisten muß; und zwar in Schulen, Parks, Job-Zentren und auf dem Bau. Studenten müssen nach ihrem Abschluß ein ganzes Jahr im Arbeitsdienst arbeiten.
Das Gesetz verpflichtet jedes Privatunternehmen und jede Behörde dazu, einen eigenes Sozialdienst-Netz einzurichten. Ein Komitee wird das alles überwachen. Es wird des weiteren eine neue Regierungsbehörde eingerichtet, die vom Ministerium für Volksbeteiligung (Ministry for Popular Participation) koordiniert wird.
Wer seiner Arbeitsdienstpflicht nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe oder mit zusätzlichen Arbeitsdienst-Stunden bestraft.
Ein fast perfektes Gesetz, scheint mir, um den Übergang zur Diktatur des Proletariats einen entscheidenden Schritt voranzubringen.
Denn alle Bürger unterliegen damit der Kontrolle einer Arbeitsbehörde. Und wer sich weigert, in Parks oder auf dem Bau zu arbeiten - auch wenn er Unternehmer, Künstler oder Professor ist, oder wenn eine alleinerziehende Mutter sich weigert, ihre Kinder im Stich zu lassen -, der ist automatisch ein Gesetzesbrecher.
Meine Vermutung war und ist zugegebenermaßen spekulativ: Daß es zwischen Cuba und Venezuela auf eine Kooperation, wenn nicht einen staatlichen Zusammenschluß hinausläuft. Mit Chávez als dem Nachfolger Castros. Mit dem venezolanischen Öl und dem Repressionsapparat Cubas, die, vereint, das Überleben dieser bolivarischen Variante des Kommunismus vermutlich für einige Zeit sichern könnten.
Noch eine Bemerkung: Ich wundere mich immer wieder darüber, wie gutgläubig viele Demokraten es den Kommunisten der PDS abnehmen, daß sie in der "Demokratie angekommen" seien, daß sie auf das Ziel der erneuten Errichtung einer Diktatur des Proletariats verzichtet hätten. Hier habe ich dieses Staunen zu formulieren versucht.
Manche, die Kleingläubigen unter den Kommunisten, mögen ja resigniert haben. Aber die wirklich von ihrem Glauben durchdrungenen Marxisten müssen doch aus dem, was sich im Augenblick in Lateinamerika zuträgt, größte Hoffnung schöpfen.
Gut, der erste Anlauf ist gescheitert. Aber es ist aus ihrer Sicht doch mit Händen zu greifen, daß der nächste Versuch, die Diktatur des Proletariats zu realisieren, bereits sehr erfolgversprechend im Gang ist.
Und da sollten sie jetzt die Flinte ins Korn werfen und ihre kommunistische Überzeugung aufgeben? Dat kannse deine Omma erzählen, sagt man im Ruhrgebiet.
Ich habe das dann ein wenig verfolgt und in "Zettels kleinem Zimmer" von Zeit zu Zeit dokumentiert: Wie Chávez von der cubanischen Propaganda immer mehr als der Nachfolger Castros aufgebaut wurde. Als Nachfolger mindestens, was die Führung des lateinamerikanischen Kommunismus anging. Aber vielleicht auch, wer weiß, mit der Perspektive einer Vereinigten Bolivarischen Republik aus Cuba und Venezuela.
Parallel zu dieser propagandistischen Herausstellung von Chávez durch Cuba häuften sich die Hinweise darauf, daß die Wahlen vom 3. Dezember die letzten halbwegs freien Wahlen in Venezuela sein würden. Daß es Chávez mit Hilfe von Zehntausenden von cubanischen Geheimdienstlern, die bereits im Land waren, schaffen würde, diese Wahlen zu gewinnen, war klar. Und danach würde er freie Hand haben.
Jetzt ist Venezuela auf dem Weg in die Dikatur des Proletariats. Chávez ist offensichtlich entschlossen, die Weichen dafür sofort zu stellen. Das zeigen zwei Meldungen, die gestern zu lesen waren.
Die eine verbreitet der englischsprachige Dienst der cubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina. Sie erscheint mir so interessant, daß ich sie vollständig dokumentiere und übersetze (Hervorhebungen von mir):
Chavez for United Socialist Party
Caracas, Dec 16 (Prensa Latina) The creation of a united organization of the revolution, the construction of socialism and constitutional changes stand as key points of the Venezuelan political agenda from 2007. In his most recent speech on those issues, President of the Republic Hugo Chavez announced the creation of the Venezuelan United Socialist Party "because that is what the revolution requires" and called on his followers to support that idea.
"Socialism constitutes the central axis within such a wide spectrum of challenges," the dignitary said. Chavez called for those organizations supporting him to give up individual colors and acronyms because what the revolution really needs is a united party instead of an alphabet soup, he stressed.
Similarly, he called to maintain the battalions and squad structures of the Miranda Command created in the context of December 3 elections as the base of the Socialist United Party. In relation to the constitutional changes, the president stated that the reforms should entail the call for a Constituent Assembly.
Chávez für eine Sozialistische Einheitspartei
Caracas, 16. Dezember (Prensa Latina). Die Schaffung einer vereinigten Organisation der Revolution, der Aufbau des Sozialismus und Verfassungsänderungen bilden die entscheidenden Punkte der venezolanischen politischen Agenda für 2007. In seiner neuesten Ansprache zu diesen Themen verkündete der Präsident der Republik, Hugo Chávez, die Schaffung der Venezolanischen Sozialistischen Einheitspartei, "weil das die Revolution verlangt", und rief seine Anhänger dazu auf, diese Absicht zu unterstützen.
"Der Sozialismus bildet die Hauptachse innerhalb eines solchen weiten Spektrums von Herausforderungen", sagte der Würdenträger. Chávez forderte diejenigen Organisationen, die ihn unterstützen, dazu auf, die einzelnen Farben und Abkürzungen aufzugeben, denn das, was die Revolution wirklich braucht, ist eine Einheitspartei, statt einer Buchstabensuppe, betonte er.
Zugleich rief er dazu auf, die Strukturen der Bataillone und Schwadrone des Miranda- Kommandos, die im Zusammenhang mit den Wahlen vom 3. Dezember geschaffen wurden, als Basis der Sozialistischen Einheitspartei zu nutzen. Hinsichtlich der Verfassungsänderungen stellte der Präsident fest, daß die Reformen zur Einberufung einer Verfassungsgebenden Versammlung führen sollten.
Wie erinnerlich, begann die Herrschaft der Bolschewiken damit, daß es ihnen gelang, eine Verfassungsgebende Versammlung zu dominieren, obwohl sie numerisch damals noch in der Minderheit waren. Chávez ist heute in einer ungleich besseren Position; auch in einer weit besseren als die KPD, als sie 1946 vor der Aufgabe stand, die viel größere SPD zu schlucken.
Die zweite heutige Meldung aus Venezuela findet man zum Beispiel bei Bloomberg: Wie die Bloomberg-Korrespondentin Theresa Bradley aus Caracas berichtet, hat der venezolanische Kongreß einstimmig (mit 167 zu 0 Stimmen) ein Gesetz gebilligt, das eine Arbeitsdienstpflicht für alle Bürger und Bürgerinnen Venezuelas einführt. Als Ziel nennt die Regierung, "to generate a culture capable of putting the collective before the individual"; also eine Kultur zu schaffen, die in der Lage ist, das Kollektiv vor das Individuum zu stellen.
Das neue Gesetz bestimmt, daß jede Person zwischen 15 und 50 Jahren zwei Jahre lang mindestens fünf Stunden im Monat gemeinnützige Arbeit leisten muß; und zwar in Schulen, Parks, Job-Zentren und auf dem Bau. Studenten müssen nach ihrem Abschluß ein ganzes Jahr im Arbeitsdienst arbeiten.
Das Gesetz verpflichtet jedes Privatunternehmen und jede Behörde dazu, einen eigenes Sozialdienst-Netz einzurichten. Ein Komitee wird das alles überwachen. Es wird des weiteren eine neue Regierungsbehörde eingerichtet, die vom Ministerium für Volksbeteiligung (Ministry for Popular Participation) koordiniert wird.
Wer seiner Arbeitsdienstpflicht nicht nachkommt, wird mit Geldstrafe oder mit zusätzlichen Arbeitsdienst-Stunden bestraft.
Ein fast perfektes Gesetz, scheint mir, um den Übergang zur Diktatur des Proletariats einen entscheidenden Schritt voranzubringen.
Denn alle Bürger unterliegen damit der Kontrolle einer Arbeitsbehörde. Und wer sich weigert, in Parks oder auf dem Bau zu arbeiten - auch wenn er Unternehmer, Künstler oder Professor ist, oder wenn eine alleinerziehende Mutter sich weigert, ihre Kinder im Stich zu lassen -, der ist automatisch ein Gesetzesbrecher.
Meine Vermutung war und ist zugegebenermaßen spekulativ: Daß es zwischen Cuba und Venezuela auf eine Kooperation, wenn nicht einen staatlichen Zusammenschluß hinausläuft. Mit Chávez als dem Nachfolger Castros. Mit dem venezolanischen Öl und dem Repressionsapparat Cubas, die, vereint, das Überleben dieser bolivarischen Variante des Kommunismus vermutlich für einige Zeit sichern könnten.
Noch eine Bemerkung: Ich wundere mich immer wieder darüber, wie gutgläubig viele Demokraten es den Kommunisten der PDS abnehmen, daß sie in der "Demokratie angekommen" seien, daß sie auf das Ziel der erneuten Errichtung einer Diktatur des Proletariats verzichtet hätten. Hier habe ich dieses Staunen zu formulieren versucht.
Manche, die Kleingläubigen unter den Kommunisten, mögen ja resigniert haben. Aber die wirklich von ihrem Glauben durchdrungenen Marxisten müssen doch aus dem, was sich im Augenblick in Lateinamerika zuträgt, größte Hoffnung schöpfen.
Gut, der erste Anlauf ist gescheitert. Aber es ist aus ihrer Sicht doch mit Händen zu greifen, daß der nächste Versuch, die Diktatur des Proletariats zu realisieren, bereits sehr erfolgversprechend im Gang ist.
Und da sollten sie jetzt die Flinte ins Korn werfen und ihre kommunistische Überzeugung aufgeben? Dat kannse deine Omma erzählen, sagt man im Ruhrgebiet.