Auch wer die Nachrichten sorgsam verfolgt, weiß kaum etwas über die aktuelle wirtschaftliche Lage im Irak. Die Meisten, auch die gut Informierten, werden sich vermutlich sagen: Sie wird wie die allgemeine Lage sein, also miserabel. Kurz vor dem Zusammenbruch, wie der ganze Irak.
Falsch, ganz falsch. Über die Wirtschaftslage im Irak berichtet in der vom 1. Januar 2007 datierten Ausgabe Silvia Spring in Newsweek International. Untertitel des Artikels: In what might be called the mother of all surprises, Iraq's economy is growing strong, even booming in places. Man könnte es die Mutter aller Überraschungen nennen, daß die irakische Wirtschaft stark wächst, stellenweise gar boomt.
Überraschend warum? Überall auf der Welt hat der Sturz einer Diktatur, hat die Durchsetzung einer freiheitlichen Gesellschaft und hat der Aufbau des Kapitalismus eine Freisetzung von Kräften bewirkt, die in wenigen Jahrzehnten aus der Armut führte. Man konnte und kann das in Spanien sehen, in Lateinamerika, in ganz Osteuropa.
Natürlich ist der Irak keine Ausnahme. Der Terrorismus und die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen religiösen Extremisten behindern diesen Prozeß. Aber er findet trotzdem statt, wenn auch langsamer, als ohne diese Hindernisse.
Im Irak gibt es heute 7,1 Millionen Handys; vor zwei Jahren waren es 1,4 Millionen. Laut dem Londoner Wirtschaftsinstitut Global Insight boomt das Immobiliengeschäft. Das Bauwesen, der Groß- und Einzelhandel sind ebenfalls in einer gesunden Verfassung. Nach einer Untersuchung der US Chamber of Commerce gibt es im Irak jetzt 34000 eingetragene Unternehmen. Vor drei Jahren waren es 8000. Das Bruttosozialprodukt ist laut Global Insight 2005 um 17 Prozent gewachsen. Die Wachstumsprognose für 2006 ist 13 Prozent.
Die Weltbank ist erheblich konservativer in ihrer Schätzung: 4 Prozent für 2006. Nur: Wer, der die ständigen Meldungen vom wachsenden Chaos im Irak liest, hätte gedacht, daß selbst eine äußerst konservative Schätzungen dem Land ein hohes Wirtschaftswachstum bescheinigen?
Woher kommt das Kapital für diese boomende Wirtschaft? Wesentlich aus den Öleinnahmen und aus Anleihen, die das Ausland gibt. Da die Sicherheitslage in einer Schlüsselregion, den Ölfeldern im Süden, sich günstig entwickelt, dürften diese Einnahmen weiter anwachsen.
Man darf, schreibt Silvia Spring weiter, dabei aber nicht die noch immer bestehenden Probleme des Irak übersehen. Die Arbeitslosigkeit liegt zwischen 30 und 50 Prozent. Frühere Staatsunternehmen sind praktisch zusammengebrochen. Viel zu viel Geld muß für Sicherheit ausgegeben werden; bis zu einem Drittel der Kosten.
Dennoch gibt es, wie es in dem Artikel heißt, vibrancy at the grass roots that is invisible in most international coverage of Iraq, ein Vibrieren in der Tiefe, das im größten Teil der internationalen Berichterstattung über den Irak nicht zu bemerken ist.
Der Geldkreislauf ist in Gang gekommen. Der Durchschnittsiraker hat Geld. Viele haben in der Zeit der Sanktionen große Rücklagen angesammelt, die sie jetzt ausgeben. Importwaren werden immer erschwinglicher, weil Zölle und Handelsbarrieren abgebaut wurden. Seit dem Sturz von Saddam sind die Löhne und Gehälter um 100 Prozent gestiegen. Die Einkommenssteuer wurde von 45 auf 15 Prozent gesenkt. Die USA wollten damit vor allem die mittelständische Wirtschaft ankurbeln, und es funktioniert.
Auch sonst zeigt der Irak viele Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs.
Das vielleicht offensichtlichste Anzeichen, schreibt Silvia Spring, ist das fürchterliche Verkehrschaos. Durch Straßenbomben passiert weniger als durch die Autos, die heute im Irak herumfahren - fünfmal mehr als vor dem Krieg.
Die Geschäfte werden mit billigen chinesischen Waren überschwemmt. Die Immobilienpreise sind um mehrere hundert Prozent gestiegen - was, schreibt Silvia Spring, darauf hindeutet, daß die Iraker in Bezug auf die Zukunft optimistischer sind als die meisten Amerikaner.
Das Wirtschaftsministerium funktioniert. Unglaublich, yet it's a fact - aber so ist es halt, heißt es in dem Artikel. Die Regierung ist dabei, die hochzentralisierte Wirtschaft aus Saddams Zeiten zu liberalisieren.
Die Sicherheit ist natürlich der kritische Faktor. Der Irak wird zwar immer mehr, schreibt Silvia Spring, als einer der Märkte der Zukunft gesehen - aber am Ende wird es darauf ankommen, daß man das immer noch bestehende Sicherheitsproblem in den Griff bekommt.
Gut möglich, daß Silvia Spring und ihr im Irak stationierter Mitarbeiter Michael Hastings die Lage im Irak zu positiv sehen. Wie dem auch sei - Newsweek ist ein der Objektivität verpflichtetes Nachrichtenmagazin. Und kein Bush- freundliches. Der Artikel von Silvia Spring verdient es also, ernstgenommen zu werden.
Zumindest zeigt er, wie einseitig, wie klischeehaft die meisten deutschen Medien berichten.
Und wie unprofessionell. Man bites dog, das ist bekanntlich eine Nachricht. Und nicht Dog bites man. Also müßten doch eigentlich alle TV-Sender, alle Zeitungen sich für die positiven Aspekte der Entwicklung im Irak interessieren, aus dem trivialen Grund, daß dies News sind. Interessant, unerwartet, überraschend. Also fit to print.
Falsch, ganz falsch. Über die Wirtschaftslage im Irak berichtet in der vom 1. Januar 2007 datierten Ausgabe Silvia Spring in Newsweek International. Untertitel des Artikels: In what might be called the mother of all surprises, Iraq's economy is growing strong, even booming in places. Man könnte es die Mutter aller Überraschungen nennen, daß die irakische Wirtschaft stark wächst, stellenweise gar boomt.
Überraschend warum? Überall auf der Welt hat der Sturz einer Diktatur, hat die Durchsetzung einer freiheitlichen Gesellschaft und hat der Aufbau des Kapitalismus eine Freisetzung von Kräften bewirkt, die in wenigen Jahrzehnten aus der Armut führte. Man konnte und kann das in Spanien sehen, in Lateinamerika, in ganz Osteuropa.
Natürlich ist der Irak keine Ausnahme. Der Terrorismus und die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen religiösen Extremisten behindern diesen Prozeß. Aber er findet trotzdem statt, wenn auch langsamer, als ohne diese Hindernisse.
Im Irak gibt es heute 7,1 Millionen Handys; vor zwei Jahren waren es 1,4 Millionen. Laut dem Londoner Wirtschaftsinstitut Global Insight boomt das Immobiliengeschäft. Das Bauwesen, der Groß- und Einzelhandel sind ebenfalls in einer gesunden Verfassung. Nach einer Untersuchung der US Chamber of Commerce gibt es im Irak jetzt 34000 eingetragene Unternehmen. Vor drei Jahren waren es 8000. Das Bruttosozialprodukt ist laut Global Insight 2005 um 17 Prozent gewachsen. Die Wachstumsprognose für 2006 ist 13 Prozent.
Die Weltbank ist erheblich konservativer in ihrer Schätzung: 4 Prozent für 2006. Nur: Wer, der die ständigen Meldungen vom wachsenden Chaos im Irak liest, hätte gedacht, daß selbst eine äußerst konservative Schätzungen dem Land ein hohes Wirtschaftswachstum bescheinigen?
Woher kommt das Kapital für diese boomende Wirtschaft? Wesentlich aus den Öleinnahmen und aus Anleihen, die das Ausland gibt. Da die Sicherheitslage in einer Schlüsselregion, den Ölfeldern im Süden, sich günstig entwickelt, dürften diese Einnahmen weiter anwachsen.
Man darf, schreibt Silvia Spring weiter, dabei aber nicht die noch immer bestehenden Probleme des Irak übersehen. Die Arbeitslosigkeit liegt zwischen 30 und 50 Prozent. Frühere Staatsunternehmen sind praktisch zusammengebrochen. Viel zu viel Geld muß für Sicherheit ausgegeben werden; bis zu einem Drittel der Kosten.
Dennoch gibt es, wie es in dem Artikel heißt, vibrancy at the grass roots that is invisible in most international coverage of Iraq, ein Vibrieren in der Tiefe, das im größten Teil der internationalen Berichterstattung über den Irak nicht zu bemerken ist.
Der Geldkreislauf ist in Gang gekommen. Der Durchschnittsiraker hat Geld. Viele haben in der Zeit der Sanktionen große Rücklagen angesammelt, die sie jetzt ausgeben. Importwaren werden immer erschwinglicher, weil Zölle und Handelsbarrieren abgebaut wurden. Seit dem Sturz von Saddam sind die Löhne und Gehälter um 100 Prozent gestiegen. Die Einkommenssteuer wurde von 45 auf 15 Prozent gesenkt. Die USA wollten damit vor allem die mittelständische Wirtschaft ankurbeln, und es funktioniert.
Auch sonst zeigt der Irak viele Anzeichen eines wirtschaftlichen Aufschwungs.
Das vielleicht offensichtlichste Anzeichen, schreibt Silvia Spring, ist das fürchterliche Verkehrschaos. Durch Straßenbomben passiert weniger als durch die Autos, die heute im Irak herumfahren - fünfmal mehr als vor dem Krieg.
Die Geschäfte werden mit billigen chinesischen Waren überschwemmt. Die Immobilienpreise sind um mehrere hundert Prozent gestiegen - was, schreibt Silvia Spring, darauf hindeutet, daß die Iraker in Bezug auf die Zukunft optimistischer sind als die meisten Amerikaner.
Das Wirtschaftsministerium funktioniert. Unglaublich, yet it's a fact - aber so ist es halt, heißt es in dem Artikel. Die Regierung ist dabei, die hochzentralisierte Wirtschaft aus Saddams Zeiten zu liberalisieren.
Die Sicherheit ist natürlich der kritische Faktor. Der Irak wird zwar immer mehr, schreibt Silvia Spring, als einer der Märkte der Zukunft gesehen - aber am Ende wird es darauf ankommen, daß man das immer noch bestehende Sicherheitsproblem in den Griff bekommt.
Gut möglich, daß Silvia Spring und ihr im Irak stationierter Mitarbeiter Michael Hastings die Lage im Irak zu positiv sehen. Wie dem auch sei - Newsweek ist ein der Objektivität verpflichtetes Nachrichtenmagazin. Und kein Bush- freundliches. Der Artikel von Silvia Spring verdient es also, ernstgenommen zu werden.
Zumindest zeigt er, wie einseitig, wie klischeehaft die meisten deutschen Medien berichten.
Und wie unprofessionell. Man bites dog, das ist bekanntlich eine Nachricht. Und nicht Dog bites man. Also müßten doch eigentlich alle TV-Sender, alle Zeitungen sich für die positiven Aspekte der Entwicklung im Irak interessieren, aus dem trivialen Grund, daß dies News sind. Interessant, unerwartet, überraschend. Also fit to print.