20. Dezember 2006

Rückblick: Der Merkel-Aufschwung

Ein Rückblick diesmal nicht auf einen früheren Beitrag hier in "Zettels Raum", sondern auf einen Diskussionsstrang in Zettels kleinem Zimmer:

Er ist gerade mal knapp drei Wochen alt. Aber das, was sich damals abzeichnete, hat in dieser kurzen Spanne gewaltig Fahrt aufgenommen: Der Merkel- Aufschwung.

Ja, der Merkel- Aufschwung; so, wie die Rezession von 1966 manchmal als die Erhard- Rezession bezeichnet wurde. Natürlich hatte diese Rezession - damals wurde dieses Wort zum ersten Mal im Deutschen heimisch - viele Gründe; aber ein wesentlicher Faktor war doch die Person eines Bundeskanzlers, in den man kein Vertrauen mehr hatte. Der sich als genau das erwiesen hatte, was Adenauer über ihn gesagt hatte: "Der Herr Erhard ist kein Politiker".



In diesen Tagen überschlagen sich nachgerade die Jubelmeldungen über den Zustand der Wirtschaft. "Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einem außerordentlich starken Boom wie zuletzt 1990", so zitiert die FAZ den Ifo-Chef Hans-Werner Sinn. Und Holger Schmieding von der "Bank of America" sagte laut derselben Quelle: "Der Aufschwung wird bis in das Jahr 2008 robust bleiben". Von "Boom-Laune" berichtet die Tagesschau.

Ebenfalls heute haben verschiedene Experten einen kräftigen Rückgang der Arbeitslosigkeit für das kommende Jahr vorhergesagt; und der Einzelhandel ist mit dem Weihnachtsgeschäft "besonders zufrieden".



Wie vor drei Wochen geschrieben: Man reibt sich die Augen. Der Mehltau, der unter Rotgrün über Deutschland lag, ist wie weggeblasen. Die Dauer- Depression, die Zukunftsangst, die Globalisierungsfurcht, die Rotgrün mit sich gebracht hatten - was ist davon geblieben?

Jaja, ich weiß. Derartige Entwicklungen sind immer vielen Ursachen geschuldet, das ist eine Binsenweisheit. Die deutsche Wirtschaft hat in den letzten Jahren eine große Umstrukturierung hingelegt, die sich jetzt auszahlt. Der Märchensommer 2006 hat das Seine zur Aufhellung der Stimmung beigetragen. Nach der langen Stagnation war ein Aufschwung ohnehin fällig. Und so fort.

Alles, wahr, alles trivialerweise wahr. Nur sollte man den Einfluß der politischen Rahmenbedingungen nicht unterschätzen.

Schröder hatte 1998 die Wahlen mit dem Slogan "Die neue Mitte" gewonnen. Er hatte den Wählern einen leibhaftigen Liberalen, Jost Stollmann, als künftigen Minister für Wirtschaft präsentiert. Kaum war er Kanzler, galt das alles nicht mehr, und statt der neuen Mitte bestimmte die alte Linke, angeführt von dem Superminister Oskar Lafontaine, zusammen mit den Gewerkschaften, im Kabinett vertreten durch Walter Riester, die Wirtschaftspolitik.

Da hatte Schröder, kaum im Amt, zum ersten Mal das gemacht, was hinfort zum traurigen Markenzeichen rotgrüner Politik wurde. Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln. Heute hüh, morgen hott. Gesetze, mit deren "Nachbesserung" begonnen wurde, kaum daß sie im Bundesgesetzblatt standen. Unverfrorene Versprechungen wie "Halbierung der Arbeitslosigkeit". Ein Finanzminister, dessen Prognosen am Ende so ernst genommen wurden wie die Jahresprognose eines Jahrmarkts-Astrologen. Eine Regierung, die ihre Geschäfte so führte, wie der Billige Jakob seine Waren anpreist.



Investitionsentscheidungen, Standortentscheidungen verlangen eine hinreichend sichere Planungsgrundlage, also eine verläßliche Regierung. Eine derart unsolide Regierung wie die der Rotgrünen erzeugte das Gegenteil von Planungssicherheit.

Die leise, bestimmte und zuverlässige Art, in der die Kanzlerin Merkel regiert, hat das Vertrauen zurückgebracht, das die rotgrünen Hallodris in sieben Jahren ihres Regierungs- Schmierentheaters verspielt hatten.

Auf Vertrauen allein läßt sich kein Wirtschaftsaufschwung bauen, das ist wahr. Aber ohne Vertrauen ist er nicht zu bekommen.